Leitsatz (amtlich)
- Wie im allgemeinen Zivilprozeß ist auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren die Anschlußberufung durch Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes beim Berufungsgericht einzulegen. Ihre Einlegung zu gerichtlichem Protokoll ist nicht formgerecht.
- Die Zulässigkeit einer Anschlußberufung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Dies gilt auch für die Revisionsinstanz.
- Versäumnisurteile des Bundesarbeitsgerichts sind nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. § 62 ArbGG gilt für sie nicht.
Normenkette
ZPO §§ 522a, 518, 708 Nr. 2; ArbGG §§ 62, 72 Abs. 5-6
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 14.11.1978; Aktenzeichen 3 Sa 1008/77) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 1978 – 3 Sa 1008/77 – wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Anschlußberufung der Beklagten als unzulässig verworfen wird.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen!
Gründe
Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagte nach Maßgabe der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1975 auf Auskunftserteilung über die Zahl der bei ihr beschäftigten Arbeiter, deren Bruttolohnsumme und die sich daraus ergebende Höhe der abzuführenden Beiträge und für den Fall der Nichterfüllung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 4.320,– DM in Anspruch genommen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 4.320,– DM festgesetzt. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu gerichtlichem Protokoll Anschlußberufung eingelegt und mit dieser widerklagend die Feststellung begehrt, daß der Klägerin auch für den weiteren Zeitraum bis 31. Oktober 1978 keine Ansprüche im Sinne des Klagebegehrens zustünden. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils nach dem Klagebegehren erkannt, die Widerklage abgewiesen und den Streitwert neu auf 12.320,– DM festgesetzt.
Gegen das ihr am 7. Februar 1979 zugestellte berufungsgerichtliche Urteil hat die Beklagte mit am 5. März 1979 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Revision eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 7. Mai 1979 mit an diesem Tage eingegangenem Schriftsatz begründet. Obwohl sie dazu am 9. April 1981 geladen worden war, erschien für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28. Oktober 1981 niemand. Demgemäß beantragt die Klägerin,
durch Versäumnisurteil die Revision der Beklagten gegen das berufungsgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
Da die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, insbesondere die Beklagte nach Maßgabe des Gesetzes zum Termin geladen worden ist, ist nach dem Antrag der Klägerin zu erkennen (§ 557 ZPO, § 542 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung, § 72 Abs. 5 ArbGG).
Die von der Beklagten in der Berufungsinstanz eingelegte Anschlußberufung entbehrt der gesetzlichen Form und ist daher als unzulässig zu verwerfen. Während die Beklagte ihre Anschlußberufung zu gerichtlichem Protokoll erklärt hat, verlangen § 522a Abs. 1 und Abs. 2 ZPO sowie die nach § 522a Abs. 3 ZPO in Bezug genommenen Bestimmungen des § 518 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO, daß die Anschlußberufung wie die allgemeine Berufung durch Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes beim Berufungsgericht eingelegt wird. Damit ist jede andere Form der Anschlußberufung gesetzwidrig und verfahrensrechtlich unwirksam. Dies entspricht auch der allgemeinen Auffassung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Prozeßrechtslehre (vgl. RGZ 171, 129 [131] sowie RG JW 1936, 2544 [2545]; Baumbach-Lauterbach, Albers-Hartmann, ZPO, 39. Aufl., § 522a Anm. 1; Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 19. Aufl., § 522a I – II; Thomas-Putzo, ZPO, 11. Aufl., § 522a Anm. 1 und § 518 Anm. 1a). Da das ArbGG hierzu keine abweichenden Bestimmungen enthält, sondern auf die ZPO verweist (§ 64 Abs. 2 ArbGG a. F. und Abs. 6 n. F.), gelten die aufgezeigten Grundsätze uneingeschränkt auch für die Anschlußberufung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO, Vorbemerkung; Grunsky, ArbGG, 3. Aufl., § 64 Rdnr. 28; Stein-Jonas-Grunsky, aaO, § 522a VI). Da für die Zulässigkeit der Anschlußberufung die Vorschriften für die allgemeine Berufung gelten (§ 522a Abs. 3 ZPO) und die Zulässigkeit von Rechtsmitteln in jeder Lage des Rechtsstreits von Amtswegen zu prüfen ist (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO, § 554 Anm. 4 F), obliegt die entsprechende Prüfung vorliegend dem erkennenden Senat ohne Rücksicht auf die Säumnis der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 2 ZPO, § 72 Abs. 5-6 ArbGG).
Unterschriften
Dr. Feller, Schneider, Dr. Etzel, Schaible, Rudolf
Fundstellen