Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber ist gegenüber dem Arbeitnehmer, der ein betriebseigenes Kraftfahrzeug zu führen hat, nicht verpflichtet, eine Kraftfahrzeugkaskoversicherung abzuschließen, wenn sich dies nicht aus dem Arbeitsvertrag oder den das Arbeitsverhältnis gestaltenden normativen Bestimmungen ergibt (wie BGH vom 10.1.1955, III ZR 153/53 = BGHZ 16, 111 = AP Nr 1 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; BAG vom 22.3.1968, 1 AZR 392/67 = BAGE 20, 352 = AP Nr 2 zu § 67 VVG).
2. Haftet der Arbeitnehmer, der als Fahrer eines Kraftfahrzeugs seines Arbeitgebers einen Unfall verschuldet hat, nach den Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich für den an dem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers entstandenen Schaden anteilig (vgl BAG vom 24.11.1987, 8 AZR 524/82, zur Veröffentlichung bestimmt), so kann bei Abwägung aller für den Haftungsumfang maßgebenden Umstände zu Lasten des Arbeitgebers ins Gewicht fallen, daß dieser für das Unfallfahrzeug keine Kaskoversicherung abgeschlossen hatte. Dies kann dazu führen, daß der Arbeitnehmer nur in Höhe einer Selbstbeteiligung haftet, die bei Abschluß einer Kaskoversicherung zu vereinbaren gewesen wäre.
3. Ob der innerbetriebliche Schadensausgleich zu einer summenmäßigen Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers führt, bleibt unentschieden (vgl BAG vom 12.2.1985, 3 AZR 487/80 = BAGE 49, 1 = AP Nr 86 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, Vorlagefrage 2 c).
Orientierungssatz
Auslegung des § 5 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7.4.1986.
Normenkette
TVG § 1; AKB § 15; VVG § 67; BGB §§ 286, 611, 823, 254, 276-277, 280
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 07.10.1981; Aktenzeichen 10 Sa 222/81) |
ArbG Kassel (Entscheidung vom 16.01.1981; Aktenzeichen 5 Ca 396/80) |
Tatbestand
Der Kläger ist Großhandelskaufmann. Von März bis Juli 1980 verdiente er 1.200,-- DM netto monatlich. Während dieser Zeit war er außerdem stundenweise im Bewachungsunternehmen der Beklagten als Aushilfswachmann beschäftigt. Dort verdiente er durchschnittlich 300,-- DM im Monat; seine Aufgabe bestand darin, mit einem betriebseigenen Kraftfahrzeug die einzelnen Sicherungsobjekte aufzusuchen.
Am 26. April 1980 war der Kläger ab 21.00 Uhr mit einem VW Golf Diesel der Beklagten, Baujahr 1978, auf Wachdiensteinsatz unterwegs. Gegen 21.35 Uhr mußte er das Fahrzeug bei regnerischem Wetter wenden. Beim Rückwärtsfahren stieß er gegen eine beleuchtete Straßenlaterne. Dadurch entstand an dem Fahrzeug ein Schaden in Höhe von 1.619,63 DM. In den Monaten Juni und Juli 1980 behielt die Beklagte vom monatlichen Verdienst des Klägers jeweils 100,-- DM ein. Außerdem verlangte sie vom Kläger Ersatz des restlichen Schadens.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung des einbehaltenen Betrags und wendet sich gegen die weitere Forderung der Beklagten. Er hat vorgetragen, das Führen des Kraftfahrzeugs sei eine gefahrgeneigte Arbeit gewesen; er habe nur leicht fahrlässig gehandelt und die Beklagte habe pflichtwidrig unterlassen, eine Kaskoversicherung für das Fahrzeug abzuschließen. Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn
200,-- DM netto zu zahlen;
2. festzustellen, daß der Beklagten gegen
ihn ein weiterer Schadenersatzanspruch
in Höhe von 1.419,63 DM aus dem Vorfall
vom 26. April 1980 nicht zusteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt; zum Abschluß einer Kaskoversicherung sei sie nicht verpflichtet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie auf Feststellung gerichtet ist, in Höhe von 969,63 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, die Arbeit des Klägers sei gefahrgeneigt gewesen. Außerdem habe der Kläger fahrlässig gehandelt. Er müsse daher die Hälfte des Schadens tragen. Seine Haftung sei aber auf 650,-- DM begrenzt, weil die Beklagte verpflichtet gewesen sei, eine Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung in dieser Höhe abzuschließen. Der Zahlungsantrag sei somit in vollem Umfang und der Antrag auf negative Feststellung in Höhe von 450,-- DM unbegründet. Die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht als unbegründet zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren auf vollständige Klageabweisung gerichteten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Haftung des Klägers übersteigt nicht den vom Berufungsgericht angenommenen Betrag von 650,-- DM. Soweit der Kläger sich gegen die angekündigte Forderung der Beklagten in Höhe weiterer 969,63 DM wendet, ist die Klage begründet.
I. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Kläger aus positiver Forderungsverletzung (§§ 280, 286 BGB analog) und unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) zum Ersatz des an dem Fahrzeug der Beklagten entstandenen Schadens verpflichtet.
II. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Kläger für den Schaden nur eingeschränkt haftet, weil dieser in Ausübung einer gefahrgeneigten Arbeit entstanden ist und der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt hat.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß das Führen des Kraftfahrzeugs im Unfallzeitpunkt als gefahrgeneigte Arbeit anzusehen war. Das Berufungsgericht ist damit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt, nach der die Arbeit eines Kraftfahrers in der Regel gefahrgeneigt ist, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen können (vgl. BAG Urteile vom 3. März 1960 - 2 AZR 377/58 - AP Nr. 22 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 13. März 1968 - 1 AZR 362/67 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 7. Juli 1970 - 1 AZR 507/69 - AP Nr. 59 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 23. März 1983 - 7 AZR 391/79 - BAGE 42, 130 = AP Nr. 82 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers und vom 21. Oktober 1983 - 7 AZR 488/80 - BAGE 44, 170 = AP Nr. 84 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Insoweit erhebt die Revision gegen das angefochtene Urteil keine Einwände.
2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Unfall fahrlässig (§ 276 Abs. 1 BGB), aber nicht grob fahrlässig (§ 277 BGB), verursacht.
Der Begriff des Verschuldens und der der einzelnen Arten des Verschuldens, wie einfache oder grobe Fahrlässigkeit, sind Rechtsbegriffe (vgl. BGHZ 10, 14, 16 und 10, 69, 74). Die Feststellung ihrer Voraussetzungen liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet, wobei dem Tatrichter ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum zusteht. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter von den richtigen rechtlichen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG Urteile vom 13. März 1968 - 1 AZR 362/67 - und vom 7. Juli 1970 - 1 AZR 505/69 - AP Nr. 42 und 58 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers und BAGE 23, 151 = AP Nr. 63 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Dieser eingeschränkten Nachprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichts stand. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht zugunsten des Klägers auf die besonderen Sachverhaltsumstände abgestellt, insbesondere auf die Dunkelheit und das regnerische Wetter, die im Unfallzeitpunkt herrschten, und somit grobe Fahrlässigkeit, also einen das in § 276 BGB bestimmte Maß erheblich übersteigenden Pflichtverstoß (vgl. BAG Urteil vom 20. März 1973 - 1 AZR 337/72 - AP Nr. 72 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers), rechtsfehlerfrei abgelehnt. Die Beklagte hat diese Würdigung durch das Landesarbeitsgericht nicht beanstandet und die Feststellungen, die den Ausführungen des Berufungsgerichts zugrunde liegen, nicht mit Revisionsrügen angegriffen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß der Kläger bei diesem Verschuldensmaß für den an dem Fahrzeug der Beklagten entstandenen Schaden nur anteilig einzustehen hat. Es ist damit der Auffassung gefolgt, die das Bundesarbeitsgericht im Anschluß an den Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 1957 (BAGE 5, 1 ff. = AP Nr. 4 zu §§ 898, 899 RVO) in ständiger Rechtsprechung vertreten hat. Nach ihr sind Schäden, die ein Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Arbeit grob fahrlässig verursacht, in aller Regel von ihm allein zu tragen. Schäden, die ein Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Arbeit nicht grob fahrlässig verursacht hat, sind bei normaler Schuld in aller Regel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer quotal zu verteilen; dabei sind die Gesamtumstände von Schadensanlaß und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen. Bei geringer Schuld des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber solche Schäden allein zu tragen (vgl. BAG Urteile vom 19. März 1959 - 2 AZR 402/55 - BAGE 7, 290 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 21. November 1959 - 2 AZR 547/58 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 29. Juni 1964 - 1 AZR 434/63 - AP Nr. 33 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 28. April 1970 - 1 AZR 146/69 - AP Nr. 55 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 7. Juli 1970 - 1 AZR 505/69 - AP Nr. 58 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 3. November 1970 - 1 AZR 228/70 - AP Nr. 61 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; vom 11. September 1975 - 3 AZR 561/74 - AP Nr. 78 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers und vom 11. November 1976 - 3 AZR 266/75 - AP Nr. 80 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Dieser Auffassung folgt auch der erkennende Senat. Der Meinung des Siebten Senats, der Arbeitnehmer hafte für Schäden, die er in Ausübung gefahrgeneigter Arbeit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt hat, überhaupt nicht (vgl. Urteile vom 23. März 1983 - 7 AZR 391/79 - BAGE 42, 130 = AP Nr. 82 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, und vom 21. Oktober 1983 - 7 AZR 488/80 - BAGE 44, 170 = AP Nr. 84 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine ausführliche Begründung im zugleich ergangenen Urteil - 8 AZR 524/82 - (zu B III der Gründe, zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug.
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Anspruchshöhe ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Unfallschaden sei von den Parteien grundsätzlich je zur Hälfte zu tragen, die Beklagte sei aber verpflichtet gewesen, für das erst zwei Jahre alte Fahrzeug, das einen Zeitwert von 8.000,-- DM gehabt habe, eine Kaskoversicherung mit einer vereinbarten Selbstbeteiligung von 650,-- DM abzuschließen. In Höhe dieses Betrags müsse der Kläger Schadenersatz leisten. Eine höhere Belastung des Klägers sei wegen des Mißverhältnisses zwischen dem Verdienst des Klägers und dem ihm von der Beklagten übertragenen Haftungsrisiko nicht sachgerecht.
2. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Parteien seien für den entstandenen Schaden grundsätzlich jeweils in Höhe der Hälfte verantwortlich, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Verteilung der Verantwortlichkeit für einen entstandenen Schaden im Rahmen des § 254 BGB ist in erster Linie Sache tatrichterlicher Würdigung. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob die Tatsachengerichte alle Unterlagen ordnungsgemäß festgestellt, bei der Abwägung verwertet und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben (BGH LM Nr. 1 und 2 zu § 254 (G) BGB; BAG Urteil vom 14. April 1967 - 5 AZR 535/65 - AP Nr. 12 zu § 565 ZPO). Dies gilt auch, wenn im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs dem Verschulden des Arbeitnehmers gegenüber das Betriebsrisiko des Arbeitgebers entsprechend § 254 BGB zu berücksichtigen ist.
Bei Beachtung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der Kläger hafte grundsätzlich für die Hälfte des Schadens. Dagegen erhebt die Revision auch im einzelnen keine Beanstandungen.
b) Dem Berufungsgericht ist aber auch insoweit zuzustimmen, wie es die Haftung des Klägers darüber hinaus auf den Betrag von 650,-- DM beschränkt hat, der der Beklagten als Schaden verblieben wäre, wenn sie für das Unfallfahrzeug eine Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung in dieser Höhe abgeschlossen hätte.
aa) Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß die Beklagte dem Kläger gegenüber nicht verpflichtet war, das Unfallfahrzeug gegen Kaskoschäden zu versichern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 16, 111 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) und des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 20, 352 = AP Nr. 2 zu § 67 VVG) besteht eine Rechtspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem angestellten Fahrer zum Abschluß einer Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung nicht. Daran ist festzuhalten.
bb) Die gegenteilige Auffassung (vgl. Wichmann, ArbuR 1973, 105; LAG Bremen, Urteil vom 31. Januar 1979 - 2 Sa 194/78 - DB 1979, 1235; ArbG Münster, Urteil vom 23. August 1973 - 2 Ca 366/73 - DB 1973, 2200; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Dezember 1979 - 1 U 88/79 - EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 26; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Oktober 1980 - 6 Sa 452/80 - DB 1981, 223; ArbG Kassel, Urteil vom 12. August 1981 - 2 Ca 272/81 - DB 1982, 442; Gamillscheg/Hanau, Die Haftung des Arbeitnehmers, 2. Aufl., 1974, S. 109 ff.) beruft sich auf die seit dem 1. Januar 1971 geltende Neufassung des § 15 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), nach der Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers, die nach § 67 VVG auf den Versicherer übergegangen sind, gegen den berechtigten Fahrer nur geltend gemacht werden können, wenn von ihm der Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden ist. Durch diese Rückgriffsbeschränkung, so wird geltend gemacht, sei die Kfz-Kaskoversicherung zu einem Instrument für die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung geworden; sie sei jetzt geeignet, dem angestellten Kraftfahrer, der nur leicht fahrlässig gehandelt habe und daher schutzwürdig sei, einen wirksamen Schutz gegen die Inanspruchnahme bei Schäden am Fahrzeug des Arbeitgebers zukommen zu lassen; dieser Schutz sei auch im Hinblick auf die heutigen Gefahren des Straßenverkehrs erforderlich; der Abschluß einer solchen Versicherung sei dem Arbeitgeber zuzumuten. Dem ist nicht zu folgen.
cc) Allein dadurch, daß die Versicherer in § 15 Abs. 2 AKB ihre Rückgriffsansprüche zurückgenommen haben, wurden die Arbeitgeber nicht ihren als Kraftfahrzeugführer tätigen Arbeitnehmern gegenüber zum Abschluß von Kaskoversicherungen verpflichtet. Daß eine bestimmte Versicherung geeignet ist, die Haftung des Arbeitnehmers zu beschränken, besagt noch nicht, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber gehalten ist, sie abzuschließen. Jedenfalls gilt dies für die Kaskoversicherung, eine Sachversicherung, die nicht dem Schutz gegen eine Inanspruchnahme durch Dritte dient (zur Verpflichtung des Arbeitgebers in diesem Fall vgl. BAGE 19, 51 = AP Nr. 39 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers), sondern durch die der Eigentümer sich gegen Beschädigung oder Zerstörung seiner eigenen Sache schützt. Ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber zum Abschluß einer Kaskoversicherung verpflichtet ist, ergibt sich im Einzelfall aus dem Arbeitsvertrag oder den das Arbeitsverhältnis gestaltenden normativen Bestimmungen. Fehlt es insoweit an Regelungen, so besteht eine Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auf Abschluß einer Kaskoversicherung nicht. Der Arbeitnehmer hat dann auch keinen Anspruch darauf, ohne weiteres so gestellt zu werden, als ob eine Kaskoversicherung bestünde, es sei denn, dies wiederum sei besonders vereinbart (so z.B. § 5 Abs. 3 des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes Nordrhein-Westfalen vom 7. April 1986). Der Arbeitnehmer ist vielmehr durch die Haftungserleichterungen, die ihm nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zugute kommen, angemessen geschützt (vgl. BAGE 20, 352, 358 = AP Nr. 2 zu § 67 VVG, zu 4 der Gründe).
dd) Allerdings kann die Anwendung dieser Grundsätze dazu führen, daß der Arbeitgeber sich im Schadensfall entgegenhalten lassen muß, er habe sein Eigentum an dem Fahrzeug nicht durch den Abschluß einer Kaskoversicherung geschützt. Das ist dann anzunehmen, wenn die Abwägung aller für die Schadensteilung in Betracht kommenden Umstände ergibt, daß dem Arbeitnehmer auch die quotale Schadensbeteiligung nicht in voller Höhe zuzumuten ist, sondern weiterer Ermäßigung auf den Betrag bedarf, der bei Abschluß einer Kaskoversicherung als Selbstbeteiligung zu vereinbaren gewesen wäre.
Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Arbeitnehmer an der Wiedergutmachung des Schadens zu beteiligen ist, richtet sich nach der Größe der in der Arbeit liegenden Gefahr, nach dem vom Arbeitgeber einkalkulierten oder durch Versicherung deckbaren Risiko, nach der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, nach der Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie für den Arbeitnehmer enthalten sein kann, nach der Höhe des Schadens, weiter besonders nach dem Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens und überhaupt nach den persönlichen Umständen des Arbeitnehmers, wie der Dauer der Betriebszugehörigkeit in der vergangenen Zeit, seinem Lebensalter, den Familienverhältnissen, seinem bisherigen Verhalten (ständige Rechtsprechung seit BAGE 5, 1 ff. = AP Nr. 4 zu §§ 898, 899 RV0; vgl. auch Klimke, DB 1986, 114, 117), nicht aber nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schlechthin (BGHZ 16, 111 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers).
Die Abwägung des Berufungsgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, daß einerseits das Unfallfahrzeug noch einen Zeitwert von 8.000,-- DM hatte, andererseits der Kläger aber zu den Arbeitnehmern der Beklagten gehörte, die nur nebenberuflich bzw. stundenweise tätig waren und entsprechend wenig verdienten. Es hat daraus hergeleitet, bei einer derartigen "Mitarbeiterstruktur" der Beklagten sei eine weitere Schadensbeteiligung des Klägers als in Höhe der mittleren Kaskoselbstbeteiligung von 650,-- DM wegen des Mißverhältnisses zwischen Verdienst und Haftungsrisiko nicht sachgerecht. Diese Ausführungen, die ebenfalls der eingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegen (vgl. oben III 2 a), sind rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat das Landesarbeitsgericht auf die "Mitarbeiterstruktur" abgestellt, auf die es dann nicht ankommen kann, wenn bei dem betreffenden Arbeitnehmer besondere Umstände gegeben sind. Das Berufungsgericht hat aber keinen Zweifel daran gelassen, daß es den Kläger als typischen Repräsentanten der im Betrieb der Beklagten herrschenden personellen Verhältnisse angesehen hat. Seine Abwägung ist somit auch in bezug auf den Kläger nicht zu beanstanden.
IV. Da sich die Beschränkung der Haftung des Klägers bereits aus der beim innerbetrieblichen Schadensausgleich gebotenen Abwägung aller Umstände ergibt, hatte der Senat nicht über die Frage zu entscheiden, ob nach geltendem Recht eine summenmäßige Begrenzung der Haftung des Arbeitnehmers in Betracht kommt (vgl. Beschluß des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Februar 1985 - 3 AZR 487/80 - BAGE 49, 1 ff. = AP Nr. 86 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, Vorlagefrage 2 c).
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Pradel Sperl
Fundstellen
BAGE 57, 47-55 (LT1-3) |
BAGE, 47 |
BB 1987, 2370 |
BB 1988, 1604-1606 (LT1-3) |
DB 1988, 1606-1607 (LT1-3) |
NJW 1988, 2820 |
NJW 1988, 2820-2822 (LT1-3) |
SteuerBriefe 1988, 278 (T) |
SteuerBriefe 1988, 348-348 (S) |
AiB 1988, 318-318 (LT1-3) |
BG 1989, 530-533 (ST1-2) |
BetrR 1989, 111-112 (LT1-3) |
ARST 1988, 137-138 (LT1-2) |
JR 1988, 484 |
JR 1988, 484 (K) |
NZA 1988, 584-586 (LT1-3) |
RdA 1988, 315 |
SAE 1989, 248-250 (LT1-3) |
AP § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers (LT1-3), Nr 92 |
AR-Blattei, ES 870 Nr 114 (LT1-3) |
AR-Blattei, Haftung des Arbeitnehmers Entsch 114 (LT1-3) |
ArbuR 1988, 348-350 (LT1-3) |
DAR 1988, 354-355 (ST1-2) |
EzA § 611 Gefahrgeneigte Arbeit, Nr 16 (LT1-3) |
EzBAT § 14, Nr 15 (LT1-3) |
HV-INFO 1988, 1507-1514 |
JuS 1988, 914-915 (LT1-3) |
MDR 1988, 888 (LT1-3) |
NZV 1989, 21 (L) |
RuS 1988, 246-247 (LT) |
VersR 1988, 1278-1280 (LT1-3) |
ZfSch 1988, 236-238 (ST) |