Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Lehrerin nach Beamtenbesoldung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Wirksamkeit der in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrags zum BAT-O für die Eingruppierung angestellter Lehrer enthaltenen Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften bestehen keine Bedenken.
2. Für die Eingruppierung von Diplom-Lehrern, die an allgemeinbildenden Schulen im Bereich der Klassen 5 bis 10 unterrichten, enthält § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrags zum BAT-O i.V.m. der Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 der 2. BesÜV eine abschließende Regelung. Diese läßt für eine zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichende Festlegung der Eingruppierung durch TdL-Richtlinien keinen Raum.
Normenkette
Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 6. November 1992 – 4 Sa 358/92 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1991 in VergGr. IV a oder III BAT-O eingruppiert war.
Die Klägerin hat 1969 das Staatsexamen für das Lehramt der zwöfklassigen Oberschule im Fach Staatsbürgerkunde sowie der zehnklassigen Oberschule im Fach Geschichte abgelegt und den Grad „Diplom-Fachlehrer für Staatsbürgerkunde und Geschichte” erworben. Nach ihrer Übernahme als angestellte Lehrerin in die Dienste des beklagten Landes unterrichtet sie – zumindest seit dem 1. Juli 1991 – Geschichte in der Sekundarstufe I sowie Deutsch in der Jahrgangsstufe 5. Das Fach Staatsbürgerkunde ist in der Stundentafel des beklagten Landes nicht mehr enthalten.
Die Parteien haben die Anwendung des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 einschließlich der ihn ändernden und ergänzenden Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Für die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ist in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 bestimmt:
3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 1 I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde …
In den auf diese Tarifbestimmung gestützten Richtlinien der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (TdL-Richtlinien), die am 1. Juli 1991 in Kraft getreten sind, hieß es:
E. Eingrruppierunng der Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis
Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren.
…
1. Allgemeinbildende Schulen
…
Vergütungsgruppe IV a
…
1. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit Lehrbefähigung für ein Fach, die Unterricht in den Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen
Vergütungsgruppe III
1. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit Lehrbefähigung für mindestens zwei Fächer, die Unterricht in den Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen
…
Im Arbeitsvertrag vom 28. Januar 1992 haben die Parteien ebenfalls auf Abschn. E der TdL-Richtlinien Bezug genommen. Hierzu hat die Klägerin aber den Vorbehalt erklärt, daß sie mit der Anwendung dieser Richtlinien nur einverstanden sei, soweit sie mit den tariflichen Regelungen übereinstimmten.
In der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1991 wurde die Klägerin vom beklagten Land unter Berufung auf die TdL-Richtlinien nach VergGr. IV a BAT-O vergütet. Seit dem 1. Januar 1992 erhält sie, nachdem die TdL-Richtlinien entsprechend geändert worden sind, Vergütung nach VergGr. III BAT-O.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, nach dem BAT-O habe sie Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III. Diese Vergütungsgruppe entspreche nämlich der Besoldungsgruppe A 12, die in der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung – 2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345) für die Besoldung entsprechender beamteter Lehrer vorgeschrieben sei. Wegen dieser im BAT-O enthaltenen abschließenden Regelung komme eine Anwendung der hiervon abweichenden TdL-Richtlinien nicht in Betracht. Im übrigen sei eine Vereinbarung über deren Anwendung insoweit, wie sie vom BAT-O abweichen, auch nicht zustandegekommen. Hilfsweise hat die Klägerin geltend gemacht, daß sie auch nach den TdL-Richtlinien bereits seit dem 1. Juli 1991 die Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. III BAT-O erfüllt habe. Sie habe nämlich eine Hochschulausbildung als Diplom-Lehrerin in zwei Fächern. Daß eines davon nicht mehr unterrichtet werde, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 1991 eine Vergütung nach Maßgabe der VergGr. III BAT-O zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Meinung war die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum in VergGr. IV a BAT-O zutreffend eingruppiert. Für die Eingruppierung seien die TdL-Richtlinien maßgeblich. Der BAT-O enthalte insoweit keine abschließende Regelung, sondern überlasse diese den Richtlinien. Nach diesen Richtlinien erfülle die Klägerin nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in VergGr. III, denn wegen des Wegfalls des Unterrichtsfaches Staatsbürgerkunde weise sie eine Lehrbefähigung nur für ein Fach, nämlich Geschichte, auf. Da die TdL-Richtlinien kraft der im BAT-O enthaltenen Verweisung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar seien, komme es insoweit auf den zur arbeitsvertraglichen Vereinbarung geäußerten Vorbehalt der Klägerin nicht an.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung unbedenklich zu bejahen ist. Dies gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall der Feststellungsantrag auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beschränkt ist. Mit dem begehrten Feststellungsurteil wird nämlich für die Vergangenheit der Status der Klägerin bestimmt, der über die für den streitbefangenen Zeitraum zu leistende Vergütung hinaus auch für die Zukunft Bedeutung haben kann, etwa bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten (Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 10. März 1993 – 4 AZR 204/92 –, n.v., zu II 1 der Gründe).
II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat für den streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT-O. Dies ergibt sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, aus der insoweit abschließenden Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O, dem das Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Vereinbarung unterliegt. Die in dieser Bestimmung durch Verweisung auf die 2. BesÜV getroffene Regelung läßt im vorliegenden Fall für eine Anwendung der TdL-Richtlinien keinen Raum.
1. Zwar ergibt sich die Eingruppierung der Klägerin nicht unmittelbar aus dem BAT, denn nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O ist Anlage 1 a zum BAT, die die Vergütungsordnung enthält, auf Lehrkräfte nicht anzuwenden.
2. Die in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O enthaltene Verweisung auf die für beamtete Lehrer geltenden Besoldungsvorschriften begründet aber bereits für den streitbefangenen Zeitraum den Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. III BAT-O.
a) Stünde die Klägerin im Beamtenverhältnis, so wäre sie nach Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV in Besoldungsgruppe A 12 eingereiht, da sie Diplom-Lehrerin und im Bereich der Klassen 5 bis 10 (Sekundarstufe I) an einer allgemeinbildenden Schule eingesetzt ist. Der Besoldungsgruppe A 12 entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O die VergGr. III BAT-O.
b) Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der im Ersten Änderungstarifvertrag zum BAT-O enthaltenen Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften. Durch diese Verweisung wird nämlich erreicht, daß Lehrkräfte, die nach ihren fachlichen Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, eine annähernd gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit ohne Rücksicht darauf erhalten, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Eine solche Regelung ist auch angesichts des Umstandes, daß angestellte und beamtete Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und außerdem unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind, sachgerecht. Dies rechtfertigt die in der Tarifnorm enthaltene Blankettverweisung (vgl. BAGE 39, 138, 143 f. = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Durchführungspflicht; BAGE 41, 47, 51 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT; Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 619/89 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 394/92 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 1 c bb der Gründe).
3. Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land gegen die Heranziehung der für die Besoldung beamteter Lehrer geltenden Vorschriften auf die TdL-Richtlinien. Dabei kann es dahinstehen, ob die Lehrbefähigung der Klägerin für das inzwischen weggefallene Fach Staatsbürgerkunde nach den TdL-Richtlinien für die Eingruppierung zu berücksichtigen wäre oder nicht. Die TdL-Richtlinien sind nämlich für die Eingruppierung der Klägerin ohne Bedeutung.
a) Eine Anwendung der TdL-Richtlinien kommt nicht etwa deshalb in Betracht, weil ihnen Rechtsnormcharakter beizumessen wäre. Sie sind nicht von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt und daher auch nicht nach Maßgabe des TVG zustandegekommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats entbehren sie jeden normativen Charakters und stellen einseitig erlassene Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder dar, so daß ihnen schon deswegen für sich allein keine arbeitsrechtliche Bedeutung zukommen kann (BAGE 58, 283, 291 f. = AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Beschluß vom 12. November 1991 – 4 AZN 464/91 – AP Nr. 42 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz). Ihre Anwendung auf das Arbeitsverhältnis setzt daher eine entsprechende Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien voraus. Darüber hinaus kann sie auch in Betracht kommen, wenn die Tarifvertragsparteien insoweit dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zuerkannt haben. An beidem fehlt es hier jedoch.
b) Die Parteien haben für den streitbefangenen Zeitraum eine Anwendung der TdL-Richtlinien jedenfalls insoweit, wie sich aus ihnen eine geringere Vergütung ergibt als aus § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O, nicht vereinbart.
aa) Zum einen ist nichts dafür vorgetragen und aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Akteninhalt auch nichts dafür ersichtlich, daß die im Arbeitsvertrag vom 28. Januar 1992 enthaltene Vereinbarung über die Anwendung von TdL-Richtlinien auf den vor Abschluß dieses Vertrages liegenden streitbefangenen Zeitraum zurückwirken sollte.
bb) Selbst wenn man aber zugunsten des beklagten Landes unterstellt, daß die Parteien die rückwirkende Anwendung der TdL-Richtlinien vereinbart haben, können sie im vorliegenden Fall wegen des von der Klägerin erklärten Vorbehalts nicht zu einer niedrigeren als der Vergütung führen, die sich aus den im Tarifvertrag in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften ergibt. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Wertung, daß insoweit wegen dieses Vorbehalts eine Vereinbarung nicht zustandegekommen sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich im Rahmen des den Tatsacheninstanzen zustehenden Beurteilungsspielraums.
Gegen diese Wertung greift auch der Einwand nicht durch, mit der tatsächlichen Fortsetzung ihrer Tätigkeit für das beklagte Land habe die Klägerin diesen Vorbehalt fallengelassen, weil ihr habe bewußt sein müssen, daß ein Arbeitsverhältnis nur bei uneingeschränkter Annahme des Vertragsangebots des beklagten Landes Zustandekommen werde. Das beklagte Land hat nichts dafür vorgetragen, daß es sich der Klägerin gegenüber in diesem Sinne geäußert hätte, nachdem diese schriftlich ihren Vorbehalt erklärt hatte. Überdies fehlt es an Anhaltspunkten dafür, daß die Klägerin durch Fortsetzung ihrer Tätigkeit nach dem Abschluß des Arbeitsvertrages am 28. Januar 1992 auch für den vor diesem Zeitpunkt liegenden Abschnitt ihres Arbeitsverhältnisses rückwirkend eine mit ihrem Vorbehalt nicht zu vereinbarende Vertragsgrundlage hätte schaffen wollen.
c) Auch die in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O enthaltene Verweisung auf die TdL-Richtlinien führt nicht dazu, daß diese für die Eingruppierung der Klägerin maßgeblich wären. Diese Tarifnorm enthält nämlich durch die Verweisung auf die 2. BesÜV eine materielle Eingruppierungsregelung, die zwingend und in den von der 2. BesÜV unmittelbar erfaßten Fällen auch abschließend ist.
aa) Für Diplom-Lehrer im Unterricht der Klassen 5 bis 10 an allgemeinbildenden Schulen enthält die Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV eine abschließende Regelung. Wenn in dieser Vorschrift für die Einreihung in Besoldungsgruppe A 12 keine weiteren Voraussetzungen genannt sind, ist hieraus nicht zu schließen, daß die Regelung insoweit lückenhaft und damit der Ergänzung durch TdL-Richtlinien zugänglich wäre. Vielmehr ist diese Vorschrift nach ihrem klaren Wortlaut, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, dahin zu verstehen, daß das Vorliegen der dort angeführten Voraussetzungen zur Einreihung in die Besoldungsgruppe A 12 genügen soll.
bb) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O eine materielle Eingruppierungsregelung enthält, die für eine vom oben (aa) dargelegten Inhalt zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichende Festlegung durch TdL-Richtlinien keinen Raum läßt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und aus dem Regelungszusammenhang der Tarifbestimmung, auf die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei der Auslegung in erster Linie abzustellen ist (z.B. Senatsurteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2 a der Gründe, m.w.N.).
Der Regelungsinhalt der Tarifnorm – Eingruppierung der angestellten Lehrer entsprechend der Einstufung der Beamten – ist zwar durch den Zusatz eingeschränkt, daß dies „gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien” zu erfolgen habe. Damit wird aber nicht die Möglichkeit eröffnet, den oben (2 a) dargestellten Regelungsinhalt der Tarifnorm zu modifizieren. Zwar mag das Wort gegebenenfalls in der Bedeutung von „möglicherweise, eventuell, wenn sich ein bestimmter Fall ergibt” (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Dritter Band, 1981), für sich allein verschiedene Auslegungen zulassen. So kann es den Fall erfassen, daß es überhaupt einschlägige Richtlinien gibt, wie auch den Fall, daß wegen der Unvollständigkeit der für Beamte geltenden Regelung eine Ergänzung durch Richtlinien vorgenommen wird. Aus dem Zusatz „nach näherer Maßgabe” ergibt sich aber, daß hier nur der zweite Fall gemeint ist. Damit läßt die Tarifbestimmung nämlich nur eine spezifizierende Regelung durch Richtlinien im Rahmen der aus der Heranziehung beamtenrechtlicher Besoldungsvorschriften gewonnenen Regelung zu. Ist diese Regelung aber, wie im vorliegenden Fall, abschließend, so ist für eine solche Spezifizierung kein Raum.
In dieser Auslegung hat die Tarifnorm auch ein vernünftiges Ergebnis, denn die in ihr in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften decken, was von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der ehemaligen DDR vorhandene Vielzahl von Lehrerausbildungsabschlüssen nicht ab. Die Tarifvertragsparteien mußten daher davon ausgehen, daß für eine Reihe von Fällen die Eingruppierung nicht unmittelbar durch Rückgriff auf Vorschriften des Besoldungsrechts möglich sein, sondern – im Rahmen der im Besoldungsrecht zum Ausdruck kommenden Wertungen – noch ergänzende und präzisierende Vorgaben durch Richtlinien voraussetzen werde. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht.
Schließlich steht der von dem beklagten Land für richtig gehaltenen Auslegung, wonach für die Eingruppierung immer dann die Richtlinien maßgeblich sein sollen, wenn sie nur vorhanden sind, auch entgegen, daß der Tarifvertrag für ein derartiges generelles Zurücktreten der Tarifnorm gegenüber der von einer Tarifvertragspartei einseitig vorgenommenen Festlegung keine Grundlage bietet. Sollten die Tarifvertragsparteien wirklich eine solche ungewöhnliche Regelung gewollt haben, die einer Seite ein beliebiges und für die Tarifunterworfenen verbindliches Abweichen vom Tarifvertrag ermöglichen würde, dann hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung im Tarifvertrag – z.B. „sofern nicht in Richtlinien der Arbeitgeber etwas anderes bestimmt ist” – klar zum Ausdruck bringen müssen. Dabei kann hier dahinstehen, inwieweit eine solche Verweisung überhaupt wirksam wäre.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Dr. Wißmann, Kiefer, Schwarz
Fundstellen
Haufe-Index 1076686 |
BB 1993, 2450 |
BB 1994, 148 |
NZA 1994, 951 |