Entscheidungsstichwort (Thema)

Ballungsraumzulage. Widerruf

 

Leitsatz (amtlich)

Ist den Mitarbeitern einer Gemeinde eine höhere Grundvergütung als sog. „Ballungsraumzulage” unter Bezugnahme auf die Tarifbestimmung des § 27 Abschn. C BAT zugesagt, so wird sie gemäß dem Tarifwortlaut „im Rahmen der dafür verfügbaren Mittel” gewährt. Sind die Mittel aufgrund einer Entscheidung des zuständigen Gemeindeorgans nicht mehr verfügbar, kann die Zahlung eingestellt werden. Die vollständige Zahlungseinstellung gegenüber allen bisher begünstigten Mitarbeitern unterliegt nicht der betrieblichen Mitbestimmung.

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur teilweisen Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf die Ballungsraumzulage vgl. heutiges Urteil des Senats in der Sache – 6 AZR 179/95 – (zur Veröffentlichung bestimmt).

 

Normenkette

BAT § 27 Abschn. C; HGO § 94 Abs. 1, § 96 Abs. 2, §§ 97, 98 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 13.06.1995; Aktenzeichen 9 Sa 485/94)

ArbG Frankfurt am Main (Teilurteil vom 01.12.1993; Aktenzeichen 17 Ca 6270/93)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Schlußurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juni 1995 – 9 Sa 485/94 – aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 1993 – 17 Ca 6270/93 – wird in dem das vorgenannte Schlußurteil betreffenden Teil des Klageanspruchs zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 1/3 und der Kläger 2/3.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Weiterzahlung einer Zulage.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14. April 1975 als Angestellter beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Durch § 1 Nr. 1 des 65. Änderungstarifvertrags zum BAT vom 30. Oktober 1990 wurde dem § 27 BAT ein Abschnitt C angefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„C. Vorweggewährung von Lebensaltersstufen/Stufen

Soweit es zur Deckung des Personalbedarfs erforderlich ist, kann dem Angestellten im Rahmen der dafür verfügbaren Mittel bis zum 31. Dezember 1995 anstelle der ihm nach Abschnitt A oder B zustehenden Lebensaltersstufe/Stufe der Grundvergütung eine um bis zu höchstens vier – in der Regel nicht mehr als zwei – Lebensaltersstufen/Stufen höhere Grundvergütung vorweg gewährt werden; die Endgrundvergütung darf nicht überschritten werden. … Grundsätze für die Vorweggewährung werden durch die für das Tarifrecht zuständige Stelle des Arbeitgebers festgelegt.”

Der Magistrat der Beklagten entschied durch Beschluß vom 7. Dezember 1990, den Mitarbeitern zeitlich befristet eine „Ballungsraumzulage” zu gewähren. Die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten stimmte dem am 24. Januar 1991 zu. Der Beschluß des Magistrats wurde in den „Nachrichten für die Stadtverwaltung” Nummer 4 vom 15. Januar 1991 veröffentlicht und in die „Allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung” – AGA – der Beklagten in Teil III Nr. 503 als „Richtlinien über die Gewährung einer Zulage zur Sicherung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit der Stadt Frankfurt am Main auf dem Arbeitsmarkt (Ballungsraumzulage)” (fortan: Richtlinien 91) aufgenommen. In diesen Richtlinien heißt es:

„1. Allgemeines

(1) Durch Beschluß Nr. 3362 vom 07.12.1990 hat der Magistrat entschieden, grundsätzlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Beamten-, Arbeits- und in einem Ausbildungsverhältnis ab 01.01.1991 bis 31.12.1995 einheitlich eine monatliche Zulage (Ballungsraumzulage) in Höhe von 100,00 DM brutto zu gewähren.

Hierdurch soll den besonderen finanziellen Belastungen, denen die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ballungsraum Rhein-Main ausgesetzt sind, sowie den zunehmenden Schwierigkeiten, in hinreichendem Umfang qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden, soweit möglich begegnet werden.

(2) Mit der Regelung wird von den Gestaltungsmöglichkeiten des § 72 BBesG i.V.m. der Sonderzuschlagsverordnung (SZsV) sowie der zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen über Zulagen zur Deckung des Personalbedarfs abschließend Gebrauch gemacht.

Die Ballungsraumzulage wird zusätzlich zu bestehenden über- oder außertariflichen Leistungen (z.B. übertarifliche Eingruppierung und Prämiensystem der Schreibkräfte) gewährt.

(3) Der gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Ausgangslage entsprechend soll die Ballungsraumzulage bis zum 31.12.1995 gezahlt werden.

2. Ausgestaltung der Regelung

2.1. Begünstigter Personenkreis

(1) Die Zulage erhalten

1. alle Angestellten in den VergGr. IX bis III BAT und Kr. I bis Kr. XII BAT einschließlich derjenigen, die gem. § 3 Buchst. n BAT dem Geltungsbereich des BAT nicht unterliegen,

2.2. Zulagenhöhe

1. Die Zulage beträgt für Vollbeschäftigte 100,00 DM/Monat.

4. Die Zulage nimmt an allgemeinen Besoldungs- und Tariferhöhungen nicht teil.

2.3. Rechtsnatur der Zulage

(1) Die Zulage zählt zum steuer- und sozialversicherungspflichtigen Entgelt. Sie ist umlagepflichtig nach dem Zusatzversorgungsrecht.

Sie gehört nicht zu den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen. Versorgungsempfängerinnen und – empfängern wird sie nicht gewährt.

(2) Die Zulage fließt in Krankenbezüge, Urlaubsvergütungen/-lohn, die Zuwendung oder Sonderzuwendung und das Übergangsgeld ein.

Sie wird auf Besitzstände und Ausgleichszulagen nicht angerechnet und neben über- oder außertariflichen Leistungen gewährt.

(3) Beginnt oder endet ein Arbeits-, Beamten- oder Ausbildungsverhältnis im Laufe eines Kalendermonats oder kommt es dann zum Ruhen oder enden dann Krankenbezugsfristen, wird die Zulage anteilig gewährt …

…”

Der Kläger erhielt die Zulage in Höhe von 100,– DM ab dem 1. Januar 1991.

Nachdem das Hessische Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten als Aufsichtsbehörde das Defizit im Haushalt der Beklagten beanstandet hatte, beschloß die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag des Magistrats am 24. Juni 1993, die Gewährung der Ballungsraumzulage neu zu regeln. Die in den „Nachrichten für die Stadtverwaltung” Nummer 19 vom 21. Juni 1993 veröffentlichten „Richtlinien über die Weitergewährung der Ballungsraumzulage ab 01.07.1993” (fortan: Richtlinien 93) lauten:

„1 Allgemeines

Ab 01.07.1993 wird die Ballungsraumzulage (AGA III, 503) einkommensabhängig und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gewährt.

2 Einkommensgrenze

(1) Bedienstete, deren regelmäßiges monatliches Einkommen am Tag des Inkrafttretens der jeweils geltenden Lohn-, Vergütungs-, Ausbildungsvergütungs- und Entgelttarifverträge, vergleichbarer allgemeiner Regelungen sowie des jeweiligen Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes (Stichtag) 3.000,00 DM brutto nicht übersteigt, erhalten die Ballungsraumzulage nach den zur Zeit geltenden Regelungen längstens bis zum 31.12.1995 weiter.

Erster Stichtag für Arbeitnehmer/innen ist damit der 01.01.1993.

Übersteigt das regelmäßige monatliche Einkommen 3.000,00 DM, wird die Ballungsraumzulage gemindert.

3 Zu berücksichtigendes Einkommen

(1) Als regelmäßiges monatliches Einkommen sind anzusetzen

2. bei Angestellten die Grundvergütung, der Ortszuschlag sowie alle ständig zu gewährenden Zulagen,

4 Ermittlung des weiterzuzahlenden Betrages

(1) Übersteigt das regelmäßige monatliche Einkommen i.S.d. Abschn. 3 am Stichtag die Einkommensgrenze, wird die Ballungsraumzulage um die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen dem regelmäßigen monatlichen Einkommen, das am Stichtag ohne Berücksichtigung der allgemeinen Bezügeerhöhung zustehen würde, einerseits und demjenigen, das am Stichtag zusteht, andererseits gemindert.

Ergibt sich eine Ballungsraumzulage von weniger als 5,00 DM, wird diese nicht ausgezahlt.

(2) Der sich ergebende Betrag der Ballungsraumzulage wird im Zuge der nächstfolgenden allgemeinen Bezügeerhöhung in derselben Weise vermindert. Die Zahlung dann noch verbleibender Restbeträge wird spätestens zum 31.12.1994 eingestellt.

(5) Eine Anrechnung allgemeiner Tariferhöhungen unterbleibt insoweit, als bereits anderweitig eine Anrechnung erfolgt.

…”

Die Beklagte hatte zuvor mit Schreiben ihres Dezernenten für Personal, Organisation und Öffentliche Ordnung vom 19. April 1993 dem Gesamtpersonalrat „im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit” von der beabsichtigten Änderung Kenntnis gegeben. Der Gesamtpersonalrat äußerte sich in der Folgezeit nicht.

Auf Grund der geänderten Richtlinien erhielt der Kläger seit dem 1. Juli 1993 eine monatliche Ballungsraumzulage von nur noch 7,71 DM brutto. Durch Beschluß des Magistrats vom 29. April 1994 strich die Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 1994 allen Bediensteten, auch dem Kläger, die verbliebene Ballungsraumzulage. Die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten hatte dem zugestimmt.

Der Kläger hat Weitergewährung der Zulage für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1995 verlangt und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Ballungsraumzulage ab dem 1. Juli 1993 zu kürzen und ab dem 1. Juli 1994 ganz zu streichen. Die Richtlinien 91 seien durch ihre Veröffentlichung Bestandteil seines Arbeitsvertrages geworden. Bei der Einführung der Ballungsraumzulage habe sich die Beklagte einen Widerruf nicht vorbehalten. Außerdem sei der Widerruf schon wegen fehlender Zustimmung des Personalrats rechtsunwirksam.

Der Kläger hat unter Zusammenrechnung der unstreitigen Beträge von 1.107,48 DM brutto (für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 30. Juni 1994) und von 1.800,00 DM brutto (für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 1995) beantragt,

die beklagte Stadt zu verurteilen, an ihn 2.907,48 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Ballungsraumzulage sei nicht unwiderruflich. In Ziff. 1 Abs. 3 der Richtlinien 91 sei darauf hingewiesen worden, daß die Ballungsraumzulage entsprechend „der gesetzlichen bzw. tariflichen Ausgangslage” gewährt werde. § 27 Abschnitt C BAT mache ausdrücklich zur Voraussetzung, daß Mittel verfügbar seien. Daraus habe sich für die Beklagte die Möglichkeit ergeben, die Zulage unter den Vorbehalt des Widerrufs zu stellen. Hiervon habe sie durch die Richtlinien 93 Gebrauch gemacht. Außerdem sei die Geschäftsgrundlage für die Gewährung der Zulage weggefallen. Die Beklagte habe die Grenze ihrer wirtschaftlichen Belastbarkeit überschritten. Ais Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes sei sie an die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gebunden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht durch Teilurteil das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage in Höhe des den Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis zum 30. Juni 1994 betreffenden Betrags von 1.107,48 DM brutto stattgegeben. Die Revision der Beklagten gegen dieses Teilurteil ist Gegenstand des Revisionsverfahrens 6 AZR 179/95. Durch Schlußurteil hat das Landesarbeitsgericht auch dem weiteren Klagebegehren entsprochen und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.100,– DM brutto und monatlich je 100,– DM brutto für die Zeit von Juni 1995 bis Dezember 1995, fällig am 15. eines jeden Monats, zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegen das Schlußurteil zugelassenen Revision wendet die Beklagte sich weiterhin gegen den Klageanspruch.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Schlußurteils des Landesarbeitsgerichts zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts im Umfang des das Schlußurteil betreffenden Teils des Klageanspruchs.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klage sei im Umfang des Schlußurteils begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Weitergewährung der Ballungsraumzulage. Der von der Beklagten mit Wirkung zum 1. Juli 1994 ausgesprochene vollständige Widerruf der Ballungsraumzulage sei unwirksam, weil dieser vertraglich zwischen den Parteien nicht vereinbart worden sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Personalsituation der Beklagten seien nicht Geschäftsgrundlage für die Gewährung der Ballungsraumzulage gewesen. Auch sei die Geschäftsgrundlage nicht weggefallen.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

II. Die Klage ist, soweit sie Gegenstand dieses Revisionsverfahrens ist, unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung der Ballungsraumzulage über den 1. Juli 1994 hinaus.

1. Dem Kläger war die Zulage durch Gesamtzusage versprochen worden. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein heutiges Urteil gleichen Rubrums in der Sache – 6 AZR 179/95 – (zur Veröffentlichung vorgesehen, zu I 1 der Gründe) Bezug.

2. Die Beklagte durfte die Zahlung der Ballungsraumzulage mit Wirkung zum 1. Juli 1994 einstellen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte dazu berechtigt, weil von diesem Zeitpunkt an keine Haushaltsmittel für diesen Zweck mehr verfügbar waren und den Mitarbeitern die Zulage nur im Rahmen der verfügbaren Mittel zugesagt war.

a) Zwar ist dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen, daß die Beklagte sich einen „Widerruf” in den Richtlinien 91 nicht vorbehalten hatte und der in den Richtlinien 93 nachträglich ausdrücklich erklärte Widerrufsvorbehalt dem Kläger gegenüber nicht wirkte.

Die Beklagte hat aber in den Richtlinien 91 (Ziff. 1 Abs. 2) zum Ausdruck gebracht, daß „… von den Gestaltungsmöglichkeiten … der zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen über Zulagen zur Deckung des Personalbedarfs abschließend Gebrauch gemacht” wird und „der … tarifvertraglichen Ausgangslage entsprechend” die Ballungsraumzulage bis zum 31. Dezember 1995 gezahlt werden soll. Daraus folgt, daß die Beklagte den Mitarbeitern keine günstigere Rechtsstellung verschaffen wollte, als sie in § 27 Abschnitt C BAT vorgesehen ist. Dort ist aber bestimmt, daß die Vorweggewährung der höheren, an Stelle der zustehenden Grundvergütung nur „im Rahmen der verfügbaren Mittel” zulässig ist. Dieser im Tariftext enthaltene Vorbehalt ist durch die Bezugnahme in den Richtlinien 91 Inhalt der Gesamtzusage geworden.

b) Zwar weist das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hin, daß es unerheblich ist, ob der Haushaltsplan einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die ihren Arbeitnehmern Leistungen zugesagt hat, die zur Erfüllung dieser Ansprüche erforderlichen Mittel vorsieht (§ 96 Abs. 2 HGO). Hier liegt der Fall jedoch anders. Die Beklagte hat durch die ausdrücklichen Hinweise auf die tariflichen Regelungen in den Richtlinien 91 die Verfügbarkeit von Finanzmitteln zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht, ob überhaupt und, wenn ja, in welchem Umfang und für welche Dauer des vorgesehenen Zeitraums bis längstens zum 31. Dezember 1995 den Mitarbeitern die Ballungsraumzulage gewährt wird. Die Gewährung der Ballungsraumzulage stand damit unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln.

c) Ab dem 1. Juli 1994 standen für die Zahlung von Ballungsraumzulagen keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung. Dem Kläger stand der Anspruch somit von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zu.

Die Streichung der Zulage ab dem 1. Juli 1994 war mit Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung erfolgt. Damit hatte das für die Ausübung der Haushaltshoheit der Beklagten zuständige Gemeindeorgan (vgl. § 97 HGO) entschieden, daß für die Zahlung der Ballungsraumzulage keine Mittel mehr zur Verfügung standen. Dadurch war die zum Inhalt der Gesamtzusage gewordene tarifliche Voraussetzung für den Anspruch entfallen. Die Wirksamkeit des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung scheitert nicht daran, daß nach § 94 Abs. 1 HGO die Haushaltssatzung für das gesamte laufende Haushaltsjahr gilt und nach § 98 Abs. 1 HGO nur durch bis zum Ablauf des Haushaltsjahrs zu beschließende Nachtragssatzung geändert werden kann. Diese das Verfahren bei zusätzlichem Finanzbedarf regelnden Bestimmungen (vgl. § 98 Abs. 2 HGO) hindern die für die Ausübung der Haushaltshoheit zuständige Gemeindevertretung nicht, auf gesetzlich oder tariflich nicht gebotene Ausgaben im laufenden Haushaltsjahr zu verzichten und sie durch Beschluß der Verfügung des für die Ausführung des Gemeindehaushalts zuständigen Gemeindeorgans zu entziehen, wenn, wie hier, in der Verpflichtungserklärung gegenüber dem Leistungsempfänger die Zahlung unter den Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln gestellt wurde.

3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Zahlungseinstellung ab dem 1. Juli 1994 nicht der Zustimmung des Gesamtpersonalrats bedurfte.

Nach der durch den Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 1991 (BAGE 69, 134 = AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung) begründeten ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt der Widerruf von Leistungen nur dann der betrieblichen Mitbestimmung, wenn sich dadurch die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Kürzung ein Regelungsspielraum verbleibt. Der Widerruf ist dann mitbestimmungsfrei, wenn durch ihn das Leistungsvolumen völlig aufgezehrt wird. So verhält es sich vorliegend. Für die Beklagte bestand kein Regelungsspielraum mehr, da nach der Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung über den 1. Juli 1994 hinaus kein Zulagenvolumen mehr vorhanden war, das verteilt werden konnte.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Zu den danach verhältnismäßig zu teilenden Kosten des Rechtsstreits gehören nicht die Kosten der Revision in dem Verfahren – 6 AZR 179/95 –, über die dort gesondert entschieden wurde.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Lenßen, Kapitza

 

Fundstellen

Haufe-Index 1093116

BAGE, 348

NZA 1997, 619

AP, 0

PersR 1997, 264

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