Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer leitenden Krankengymnastin
Leitsatz (amtlich)
- Die Überwachung der Arbeitsausführung von mindestens 16 ständig unterstellten Krankengymnasten, die nach der Protokollnotiz Nr. 1 unter anderem die Tätigkeit des “leitenden Krankengymnasten” ausmacht, setzt dessen Anwesenheit an den Arbeitsplätzen der unterstellten Krankengymnasten voraus.
- Ein Krankengymnast, dem an 14 verschiedenen über einen ganzen Stadtbezirk verteilten Einsatzorten arbeitende Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, vermag diese Leitungsaufgabe nicht zu leisten.
Normenkette
BAT 1975 § 22 VergGr. IVb Fallgr. 7 des Teils II Abschn. D der Anlage 1a zum BAT/BL, § 23 VergGr. IVb Fallgr. 7 des Teils II Abschn. D der Anlage 1a zum BAT/BL; BAT Protokollnotiz Nr. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 08.04.1994; Aktenzeichen 10 Sa 153/93) |
ArbG Berlin (Urteil vom 13.09.1993; Aktenzeichen 17 Ca 14598/92) |
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 8. April 1994 – 10 Sa 153/93 – wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Streit der Parteien geht um die tarifgerechte Vergütung der Klägerin.
Die am 6. März 1941 geborene Klägerin ist Krankengymnastin. Sie trat am 1. November 1975 in die Dienste des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der für die Bereiche Bund/Länder geltenden Fassung Anwendung.
Die Klägerin ist seit 1985 im Bezirksamt R… in der Abteilung “Gesundheit und Umweltschutz” tätig. Seit dem 27. März 1986 wird sie als leitende Krankengymnastin beschäftigt. Nachdem sie seit diesem Zeitpunkt Gehalt nach der VergGr. Vb BAT erhielt, wird sie seit dem 27. März 1988 infolge Bewährungsaufstiegs nach der VergGr. IVb BAT vergütet.
Die Klägerin, die der Amtsärztin und Medizinaldirektorin Dr. N… unterstellt ist, übt ihre Tätigkeit überwiegend in dem Beratungszentrum des Gesundheitsamtes aus, das über einen Turnsaal und zwei physiotherapeutische Behandlungsräume verfügt, in denen nach der sog. Bobath-Methode Krankengymnastik durchgeführt wird. Dort nimmt die Klägerin neben zwei weiteren Krankengymnastinnen selbst krankengymnastische Behandlungen vor. Für ihre Leitungstätigkeit steht ihr in diesem Beratungszentrum ein Büro zur Verfügung. Ihr sind insgesamt seit dem 1. Januar 1990 25 Krankengymnastinnen auf 18 Planstellen (davon 1/2 und eine 3/4 Stelle) ständig unterstellt. Diese sind, von dem Beratungszentrum abgesehen, in elf Behandlungsstellen beschäftigt, die in neun verschiedenen über den gesamten Bezirk des Gesundheitsamtes verteilten Gebäuden eingerichtet sind, und zwar in der Schule am P…, der T… Schule, der Sonderkindertagesstätte N… straße sowie den Jugendgesundheitsdiensten T…, H…, He…, W…, R…/T…straße und R…/A…straße. Die bei den beiden Schulen eingerichteten Behandlungsstellen unterstehen der Fachaufsicht des Arztes Dr. H…, die bei der Sonderkindertagesstätte derjenigen des Arztes Dr. He… und die bei den Jugendgesundheitsdiensten derjenigen der Ärztin Dr. W…. In den Beratungsstellen werden verschiedene krankengymnastische Therapien praktiziert, z. B. Behandlungen nach der Bobath- oder Vojta-Methode, therapeutisches Reiten (im Reitstall L…), Bewegungsübungen mit Schwangeren im Wasser (H…-Krankenhaus), Schwangeren- und Rückbildungsgymnastik, Schwimmtherapie nach der Halliwick-Methode, psychomotorisches Training und orthopädisches Gruppenturnen.
Bezüglich der ihr unterstellten Krankengymnastinnen gehört es nach der Dienstanweisung des Amtsarztes vom 29. April 1986 zu den Aufgaben der Klägerin:
- die Tätigkeit der übrigen Krankengymnastinnen in organisatorischer und fachlicher Hinsicht, auch hinsichtlich der Behandlungen nach der Bobathmethode, zu überwachen, neu eingestellte Krankengymnastinnen einzuweisen und anzuleiten,
- Fragen der Urlaubs- und Krankheitsvertretungen für die Krankengymnastinnen zu regeln,
- die einzelnen Behandlungsstellen regelmäßig zu überwachen,
- den Bedarf der Behandlungsstellen zu ermitteln und den ordnungsgemäßen Gebrauch der Gebrauchsgegenstände zu überwachen,
- den Arzt der Beratungsstelle für Behinderte im Hinblick auf Einsatz und Beurteilung der Leistungen der übrigen Krankengymnastinnen zu unterstützen.
Für Behandlungen auf neurophysiologischer Grundlage und für psychomotorisches Training werden die Kinder von den Ärzten der einzelnen Beratungsstellen über die Klägerin den Krankengymnastinnen zugewiesen.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihre Tätigkeit entspreche seit dem 1. Januar 1990 den Merkmalen der VergGr. IVb Fallgr. 7 der Anlage 1a Teil II D zum BAT, so daß sie nach zweijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit ab 1. Januar 1992 in die VergGr. IVa Fallgr. 4 BAT höherzugruppieren sei. Diesen Anspruch hat sie mit Schreiben vom 21. Februar 1990 und 14. Mai 1990 gegenüber der Beklagten erfolglos geltend gemacht. Mit ihrer im Laufe des Rechtsstreits geänderten Klage verfolgt sie diesen Anspruch weiter.
Sie hat behauptet, ihre Tätigkeit beinhalte die regelmäßige Überwachung und Kontrolle der Krankengymnastinnen in den elf Außenstellen sowie den anderen Einsatzorten, die fachliche Überwachung der Krankengymnastinnen mit Zusatzqualifikation, die Überwachung des Arbeitsablaufs und die Arbeitseinteilung sowie die Dienst-, Urlaubs- und Vertretungsplanung. Sie habe die Mitarbeiter zu motivieren, zu beraten und zu fördern sowie neue Mitarbeiter einzuweisen und anzuleiten. Regelmäßig führe sie Dienstbesprechungen mit den Mitarbeitern durch.
Ihre Tätigkeit gehöre zum Arbeitsbereich “pysikalische Therapie”, der gemäß einer internen Stellenausschreibung in die IV. Innere Abteilung des Krankenhauses M… eingegliedert sei. Zwar stelle ihr Arbeitsbereich keine physiotherapeutische Abteilung im engeren Sinne dar; das Beratungszentrum sei jedoch mit den Einrichtungen einer physiotherapeutischen Abteilung ausgestattet, so daß im Wege der Tarifvertragsauslegung bzw. -ergänzung angenommen werden müsse, die Tarifvertragsparteien wollten einen solchen Arbeitsbereich in gleicher Weise behandeln wie denjenigen der physiotherapeutischen Abteilung eines Krankenhauses. Von der Sache her sei eine Differenzierung nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, sie ab 1. Januar 1992 in VergGr. IVa der Anlage 1a zum BAT II D zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen, die Klägerin habe nicht hinreichend dargetan, daß sie als “leitende” Krankengymnastin im Tarifsinne in einer physiotherapeutischen Abteilung tätig sei. Sie sei lediglich für die Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung im Beratungszentrum zuständig, nicht aber für alle anfallenden Tätigkeiten der Arbeitseinteilung sowie der Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung aller Krankengymnastinnen. Die Arbeitseinteilung werde von diesen vielmehr selbst vorgenommen; die Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung in den Außenstellen sei wegen der räumlichen Entfernung allenfalls sporadisch möglich. Insbesondere aber werde die Klägerin nicht in einer physiotherapeutischen Abteilung im Tarifsinne tätig. Zwar müsse es sich bei der Abteilung im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 nicht unbedingt um eine solche in einem Krankenhausbetrieb handeln. Daß die Tarifvertragsparteien jedoch auch für die Leitung des Beratungszentrums in der Zentralen Krankengymnastik-Behandlungsstelle einen Vergütungsanspruch nach der VergGr. IVb/IVa BAT hätten vorsehen wollen, sei nicht ersichtlich. Auch führe die Klägerin ihre Tätigkeit nicht “unter der Verantwortung eines Arztes” aus. Schließlich sei fraglich, ob sie in erforderlichem Umfang “Leitungstätigkeiten” ausführe. Für eine Reihe von ihr genannter Aufgaben sei nicht ohne weiteres ersichtlich, daß es sich dabei um Leitungstätigkeiten handele.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, die Klägerin ab 1. Januar 1992 nach der VergGr. IVa BAT zu vergüten.
I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, die nach der Senatsrechtsprechung im öffentlichen Dienst unbedenklich zulässig ist (Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
II. Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVa BAT. Sie erfüllt nicht das Eingruppierungsmerkmal der Vergütungsgruppe IVb Fallgr. 7 des Teils II D “Angestellte in medizinischen Hilfsberufen und medizinisch-technischen Berufen” der Anlage 1a zum BAT/BL und kann daher nicht kraft Bewährungsaufstiegs ab 1. Januar 1992 Vergütung nach der VergGr. IVa BAT verlangen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die Anlage 1a hierzu in der für die Bereiche Bund/Länder (BL) geltenden Fassung Anwendung.
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. IVa BAT entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).
a) Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Darunter versteht der Senat eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Es ist zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Von diesem Begriff ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht die Leitungstätigkeit der Klägerin als “einen großen Arbeitsvorgang” angesehen, der mehr als die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit ausfülle. Es hat dazu weiter ausgeführt, zwar sei dem beklagten Land zuzugestehen, daß die Klägerin in ihren Tätigkeitsbeschreibungen auch Arbeitstätigkeiten angeführt habe, die nicht als “Leitungstätigkeiten” anzusehen seien; dies gelte etwa für die Entgegennahme von Krankmeldungen u. ä. Jedoch ergebe sich – insbesondere unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten –, daß die Klägerin wesentlich und zu mehr als der Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit damit befaßt sei, die Arbeitseinteilung im Behandlungszentrum sowie die Überwachung der Arbeitseinteilung und des Arbeitsablaufs in den Nebenstellen vorzunehmen.
c) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Nach ständiger Senatsrechtsprechung sind Leitungstätigkeiten eines Angestellten regelmäßig als ein Arbeitsvorgang anzusehen (Urteil vom 29. April 1992 – 4 AZR 458/91 – AP Nr. 162 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.; Urteil vom 23. Januar 1985 – 4 AZR 14/84 – BAGE 48, 17, 21 = AP Nr. 99 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Die krankengymnastische Arbeit der Klägerin hingegen rechnet nicht zu dem Arbeitsvorgang Leitungstätigkeit, sondern bildet selbst einen oder mehrere Arbeitsvorgänge.
d) Soweit das beklagte Land beanstandet, die gesamte Tätigkeit der Klägerin könne nicht als einheitlicher großer Arbeitsvorgang angesehen werden, da ihre eigene krankengymnastische Arbeit und die krankengymnastische Beratung eines “Arztes für Behinderte” selbständige Arbeitsvorgänge seien, hat es die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts mißverstanden. Das Landesarbeitsgericht geht nicht davon aus, die gesamte Tätigkeit der Klägerin bilde einen großen Arbeitsvorgang. Vielmehr nimmt es einen einheitlichen Arbeitsvorgang lediglich für die Leitungstätigkeit der Klägerin an und stellt dazu fest, daß diese mehr als die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit ausfülle.
e) Auf der Grundlage seiner Feststellung, der Arbeitsvorgang “Leitungstätigkeiten” fülle “mehr als die Hälfte ihrer gesamten Arbeitszeit” aus, brauchte sich das Landesarbeitsgericht mit der tariflichen Bewertung der übrigen Tätigkeiten der Klägerin nicht mehr zu befassen.
3. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte in medizinischen Hilfsberufen und in medizinisch-technischen Berufen des Teils II Abschn. D der Anl. 1a zum BAT/BL maßgebend. Diese haben, soweit sie für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
“Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 7
Leitende Krankengymnasten, denen mindestens 16 Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)
Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 4
Leitende Krankengymnasten in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 7 nach zweijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)
Protokollnotiz Nr. 1
- Leitende Krankengymnasten sind Krankengymnasten, denen unter der Verantwortung eines Arztes für eine physiotherapeutische Abteilung insbesondere die Arbeitseinteilung, die Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung durch ausdrückliche Anordnung übertragen sind.
4. Da die Eingruppierungsmerkmale der VergGr. IVa Fallgr. 4 BAT und VergGr. IVb Fallgr. 7 BAT aufeinander aufbauen, ist zunächst das Eingruppierungsmerkmal der Ausgangsfallgruppe IVb Fallgr. 7 BAT und erst danach dasjenige der VergGr. IVa Fallgr. 4 BAT zu prüfen (BAGE 51, 282, 292 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Klägerin seien zwar mindestens 16 Krankengymnastinnen durch ausdrückliche Anordnung unterstellt. Sie sei aber keine leitende Krankengymnastin im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1, da sie nicht “unter Verantwortung eines Arztes für eine physiotherapeutische Abteilung” leitend tätig sei. Das Beratungszentrum und die elf in anderen Gebäuden untergebrachten Behandlungsstellen bildeten keine “Abteilung”. Von einer “physiotherapeutischen Abteilung” könne dann gesprochen werden, wenn es sich um eine – auch verwaltungsmäßige – Organisationseinheit handele, die in einem inneren und organisatorischen Zusammenhang zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen gebildet und nach allgemeinen verwaltungsmäßigen Grundsätzen hierarchisch entsprechend aufgegliedert sei. Eine “Abteilung” in diesem Sinne sei nicht erkennbar. Zunächst weise bereits das Organisationsschema des Gesundheitsamtes eine solche “Abteilung” nicht aus. Darüber hinaus zielten die Behandlungsstellen auf unterschiedliche Personenkreise und seien verschiedenen Ärzten verantwortlich unterstellt. Nur die Leitung “für eine physiotherapeutische Abteilung” könne mit der Eingruppierung in die herausgehobenen Vergütungs- und Fallgruppen bewertet werden.
5. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Tätigkeit der Klägerin nicht dem Tatbestandsmerkmal “leitende” Krankengymnasten entspricht. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, daß sie eine leitende Tätigkeit im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 ausübt.
a) Zu Recht verweist das beklagte Land darauf, daß ein leitender Krankengymnast im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 nicht bereits derjenige Krankengymnast ist, dem mindestens 16 Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Dies zeigt der Vergleich des Wortlauts der VergGr. Vb Fallgr. 14 BAT mit demjenigen der VergGr. IVb Fallgr. 7 BAT. Das Eingruppierungsmerkmal der VergGr. Vb Fallgr. 14 BAT ist erfüllt, wenn dem Krankengymnasten mit entsprechender Tätigkeit mindestens zwei Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, ohne daß für seine Tätigkeit eine weitere Voraussetzung aufgestellt wird. Davon unterscheidet sich das Eingruppierungsmerkmal der VergGr. IVb Fallgr. 7 BAT in zweifacher Weise: Einmal müssen dem Krankengymnasten 16 Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sein, zum anderen wird er als “leitender” Krankengymnast bezeichnet. Mit diesem Attribut stellen die Tarifvertragsparteien ein weiteres Tatbestandsmerkmal für die Fallgr. 7 der VergGr. IVb BAT auf. Ein Krankengymnast, dem mindestens 16 Krankengymnasten oder Angestellte in der Tätigkeit von Krankengymnasten ständig unterstellt sind, erfüllt daher das Eingruppierungsmerkmal der Fallgr. 7 nur dann, wenn er “leitender” Krankengymnast ist.
b) Was die Tarifvertragsparteien unter diesem Tatbestandsmerkmal verstehen, haben sie in der Protokollnotiz Nr. 1 erläutert. Danach sind leitende Krankengymnasten solche Krankengymnasten, denen unter der Verantwortung eines Arztes für eine physiotherapeutische Abteilung insbesondere die Arbeitseinteilung, die Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung durch ausdrückliche Anordnung übertragen sind. Aus dem der Aufzählung übertragener Aufgaben vorangestellten Wort “insbesondere” folgt, daß vor allem die genannten Aufgaben – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – die Bewertung des Krankengymnasten als “leitender” Krankengymnast begründen, die Aufzählung aber nicht abschließend ist. Auch andere Aufgaben als die der Arbeitseinteilung und der näher beschriebenen Überwachung kommen daher zur Begründung der Leitungstätigkeit des Krankengymnasten in Betracht.
6. Der Vortrag der Klägerin rechtfertigt nicht die Bewertung, daß sie die Tätigkeit einer “leitenden” Krankengymnastin i.S. der Protokollnotiz Nr. 1 ausübt. Die Ausführung der Arbeitseinteilung in den Außenstellen und sonstigen Einsatzorten hat sie nicht substantiiert dargelegt. Dies gilt auch für die Überwachung des Arbeitsablaufs. Die Überwachung der Arbeitsausführung im Tarifsinne ist ihr bei der Tätigkeit der ihr unterstellten Krankengymnastinnen an mindestens 14 über einen ganzen Stadtbezirk verteilten Einsatzorten nicht möglich. Daß andere ihr übertragene Aufgaben die Bewertung ihrer Tätigkeit als die einer “leitenden” Krankengymnastin rechtfertigen, hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan.
a) Der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den rechtlichen Schluß zulassen, daß er die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt (z. B. Senatsurteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 – AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu B II 3b der Gründe).
b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin zum Tatbestandsmerkmal der “Arbeitseinteilung” nicht.
Ihre Ausführungen, wie die Arbeitseinteilung für die unterstellten auf 18 Planstellen beschäftigten Krankengymnastinnen erfolgt, ist zum Teil ohne jede sachliche Substanz, zum Teil unklar und unzureichend. Ihr Vortrag, zu ihren Aufgaben gehöre die “die Arbeitsauf- bzw. einteilung” ist nicht mehr als die Wiederholung des Tarifwortlauts, ergänzt durch einen Alternativbegriff. Nach welchen Kriterien die Arbeit eingeteilt wird und in welcher Weise dies tatsächlich geschieht, legt die Klägerin nicht dar. Diese Darlegung war deshalb geboten, weil die Beklagte in Abrede gestellt hat, daß die Klägerin für die ihr unterstellten in den Außenstellen tätigen Krankengymnastinnen die Arbeit einteile, und dazu behauptet hat, die Arbeitseinteilung werde von den Krankengymnastinnen selbst vorgenommen. Konkreter Sachvortrag zur Arbeitseinteilung der Krankengymnastinnen war auch deshalb geboten, weil die tatsächlichen Verhältnisse im Zuständigkeitsbereich der Klägerin Fragen nach der Notwendigkeit und Möglichkeit der Arbeitseinteilung durch die Klägerin aufwerfen. Die ihr unterstellten Krankengymnastinnen besetzen 18 Planstellen, die sich auf das Beratungszentrum und elf Außenstellen verteilen; hinzu kommen noch mindestens zwei weitere Einsatzorte, nämlich der Reitstall L… für das therapeutische Reiten und das H…-Krankenhaus für die Bewegungsübungen mit Schwangeren im Wasser. Da im Beratungszentrum selbst neben der Klägerin zwei weitere Krankengymnastinnen arbeiten, verbleiben – in Planstellen gerechnet – 16 Krankengymnastinnen für die elf Außenstellen. Daraus folgt, daß die Außenstellen überwiegend jeweils mit einer Krankengymnastin besetzt sind. Ist aber eine Außenstelle mit nur einer Krankengymnastin besetzt, ist diese für alle dort anfallenden krankengymnastischen Arbeiten zuständig. Eine Arbeitseinteilung im Sinne von Verteilung der Arbeit ist dort nicht notwendig. Allenfalls können Entscheidungen über die zeitliche Abfolge der Erledigung verschiedener Aufgaben getroffen werden. In Betracht kommt auch die Abgabe von Arbeit an eine andere Außenstelle in Überlastungsfällen. Ob solche auftreten und Entscheidungen erfordern, ist nicht vorgetragen.
Erläuterungsbedürftig ist bei dieser Verteilung der ihr unterstellten Krankengymnastinnen auf das Beratungszentrum und die elf Außenstellen auch, inwiefern die Klägerin zur Arbeitseinteilung für die Außenstellen überhaupt imstande ist. Im Normalfall wird die Klägerin die in den Außenstellen behandelten Patienten nicht zu Gesicht bekommen. Zwar behandelt der Krankengymnast aufgrund ärztlicher Verordnung. Seine Behandlung beginnt jedoch damit, daß er entsprechend der ärztlichen Diagnose den Patienten mit den Mitteln der optischen, taktilen und akustischen Beobachtung, mit speziellen Meß- oder Schätzverfahren und Stimulus-Reaktions-Proben untersucht, wobei diese Untersuchung durch die Befragung des Patienten ergänzt wird (Blätter zur Berufskunde, Physiotherapeut/Physiotherapeutin, 2-II A 24, 1. Aufl. 1995, S. 4 ≪Der Beruf des Physiotherapeuten löst nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz vom 26. Mai 1994 den Beruf des Krankengymnasten ab≫). Da die Klägerin nicht die Untersuchung der in den Außenstellen behandelten Patienten vornimmt, kann sie auch keine Arbeitseinteilung aufgrund eines Behandlungsplans vornehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, welchen Sinn es machen würde, die Klägerin bei Verordnung einer Behandlung durch einen in einer Außenstelle tätigen Arzt und der Ausführung der Verordnung durch die dort tätige Krankengymnastin mit Fragen der Einteilung dieser Arbeit zu befassen.
Die Klägerin räumt selbst ein, bezüglich der Bobath-Räume, welche im Jugendgesundheitsamt He…, R…/T…straße und R…/A…straße sowie im Beratungszentrum selbst vorhanden seien, sei es richtig, daß die dortigen Krankengymnasten die jeweilige Verordnung direkt vom Arzt erhielten. Diesen Vortrag schränkt sie dann dahin ein, sie werde jedoch in jeglichem Problemfall eingeschaltet, es würden entsprechende Wartelisten geführt. Diese Führung von Wartelisten versteht sie offenbar als “Arbeitseinteilung”. So betont sie auch bezüglich der Bereiche Psychomotorik und therapeutisches Reiten, dafür sei sie ausschließlich zuständig. Mit der Führung von Wartelisten wird aber lediglich über die zeitliche Reihenfolge der Annahme von Fällen entschieden, nicht hingegen darüber, welche Krankengymnastin welchen Fall zu welcher Zeit und in welcher Weise zu erledigen hat.
Auch bezüglich der Arbeitsanweisung des Amtsarztes vom 11. Juni 1989, bei Behandlungen auf neurophysiologischer Grundlage und bei psychomotorischem Training seien die Kinder von den Ärzten der einzelnen Beratungsstellen über die Klägerin den Krankengymnastinnen zuzuweisen, läßt die Klägerin erläuternden Vortrag dazu vermissen, welche Tätigkeit sie zur Arbeitseinteilung in diesen Fällen entfaltet.
c) Die Klägerin hat auch nicht ausreichend dargelegt, in welcher Weise sie den Arbeitsablauf in den außerhalb des Beratungszentrums befindlichen Außenstellen und Einsatzorten überwacht. Der Begriff “Arbeitsablauf” als Gegenstand der der leitenden Krankengymnastin übertragenen Überwachung hat die Beobachtung der Aufeinanderfolge einzelner Arbeiten einer Person oder einer Gruppe von Personen zum Inhalt. Zwar läßt sich der Arbeitsablauf bei krankengymnastischer Arbeit in einer Außenstelle durch die Klägerin anhand von Aufzeichnungen, denen sie Gegenstand, Lage, Zahl und Dauer von Behandlungen entnehmen kann, hinsichtlich dieser Umstände auch dann überwachen, wenn sie sich dort nicht aufhält. Welche Überwachungstätigkeiten aber die Klägerin bezüglich des Arbeitsablaufs in den Außenstellen entfaltet, hat sie nicht ausreichend dargelegt. Sie nennt als einziges Beispiel die Kontrolle der Stundenpläne auf die Behandlungshäufigkeit der Kinder. Dies allein ist keine Überwachung des Arbeitsablaufs, sondern lediglich der Zahl der Behandlungsfälle. Davon abgesehen handelt es sich bei den Außenstellen, für die die Klägerin zuständig ist, weitaus überwiegend nicht um solche, die in Schulen eingegliedert sind. In welcher Weise die Klägerin dort den Arbeitsablauf von ihrem Büro aus überwacht, ist von ihr überhaupt nicht vorgetragen. Auch zu Zahl, Dauer und Gegenstand von Besuchen der Außenstellen zur Erledigung dieser Überwachungsaufgabe fehlt jeder Vortrag der Klägerin.
d) Die Arbeitsausführung der in den mindestens 13 Außenstellen und Einsatzorten außerhalb des Beratungszentrums tätigen Krankengymnastinnen im tariflichen Sinne zu überwachen, vermag die Klägerin nicht zu leisten. Eine Überwachung der Arbeitsausführung im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 ist bei krankengymnastischer Tätigkeit nur möglich, wenn die Arbeitsplätze der unterstellten Krankengymnasten in räumlicher Nähe des Arbeitsplatzes des mit der Überwachung beauftragten Krankengymnasten liegen.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (Urteil des Senats vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, m.w.N., unter I 2a der Gründe). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (Urteil des Senats vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP, aaO).
bb) Überwachen bedeutet: Jemanden oder etwas beaufsichtigen; kontrollieren, ob etwas ordnungsgemäß geschieht, ob jemand etwas ordnungsgemäß erledigt (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Bd., 1984, S. 353); kontrollierend für den richtigen Ablauf einer Sache sorgen (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., S. 1584).
Der Begriff “überwachen” ist danach gleichbedeutend mit “beaufsichtigen” oder auch “Aufsicht führen”. Mit der Auslegung des letztgenannten Begriffs hat sich der Senat in zwei Entscheidungen vom 18. Mai 1994 (– 4 AZR 468/93 – ZTR 1994, 464 und – 4 AZR 770/93 –, n.v.) befaßt. Das maßgebliche Eingruppierungsmerkmal lautete in jenen Fällen: “Angestellte, …, die die Aufsicht über neun weitere Angestellte … führen.” Die Klägerinnen jener Rechtsstreite hatten verschiedene Kontroll- und Führungsaufgaben betreffend ihnen unterstellter Angestellter, die in zwei Schichten arbeiteten. Der Senat hat entschieden, die Aufsicht führen könnten sie jeweils nur über die in ihrer Schicht arbeitenden Angestellten. Der Begriff “Aufsicht führen” setze die gleichzeitige Anwesenheit von Beaufsichtigendem und der zu Beaufsichtigenden voraus.
cc) Nach dem in der Protokollnotiz Nr. 1 zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien macht es – unter anderem – die Leitungsfunktion des leitenden Krankengymnasten aus, daß ihm die Überwachung der Arbeitsausführung der ihm unterstellten Krankengymnasten übertragen ist. Dies bedeutet, daß die Arbeit der unterstellten Krankengymnasten in qualitativer Hinsicht beobachtet, kontrolliert werden soll. Damit werden an den Inhalt der Überwachung weitergehende Anforderungen gestellt, als sie bereits aus dem Erfordernis der ständigen Unterstellung folgen. Dieses erfordert nach der Rechtsprechung des Senats eine auf Dauer ausgerichtete Weisungs- und Aufsichtsbefugnis gegenüber den anderen Angestellten (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 15. Februar 1984 – 4 AZR 264/82 – AP Nr. 86 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Wäre es der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, für den Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVb BAT lediglich die ständige Unterstellung von mindestens 16 Krankengymnasten zu fordern, wäre die Protokollnotiz Nr. 1 entbehrlich gewesen. Nach dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen der Tarifvertragsparteien ist aber leitender Krankengymnast nur derjenige, dessen Tätigkeit die dort genannten zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehört auch die – beispielhaft genannte – Überwachung der “Arbeitsausführung” der ständig unterstellten Krankengymnasten.
dd) Die Arbeitsausführung ist bei krankengymnastischer Tätigkeit anders als der Arbeitsablauf durch Aufzeichnungen so gut wie nicht zu überwachen. Anders als ein technischer Zeichner oder ein Buchhalter produziert der Krankengymnast in der Hauptsache keine gegenständlichen Arbeitsergebnisse. Da manuelle Techniken der Bewegungstherapie im Mittelpunkt krankengymnastischer Tätigkeit stehen (Blätter zur Berufskunde, aaO, S. 5), setzt die Überwachung der Arbeitsausführung bei krankengymnastischer Tätigkeit die Beobachtung des Krankengymnasten bei der Arbeit voraus, kann also nur bei Besuchen der Klägerin in den Außenstellen und an den sonstigen Einsatzorten geleistet werden. Effektiv ist eine Überwachung der Arbeitsausführung, wie sie die Tarifvertragsparteien als Aufgabe eines leitenden Krankengymnasten beispielhaft nennen, bei krankengymnastischer Tätigkeit nur möglich, wenn die Arbeitsplätze der unterstellten Krankengymnasten in räumlicher Nähe des Arbeitsplatzes des mit der Überwachung beauftragten Krankengymnasten liegen. Auch dann kann der leitende Krankengymnast nicht die Arbeitsausführung bei jeder Behandlung jedes der mindestens 16 ihm unterstellten Krankengymnasten überwachen. Er hat dann aber den Überblick über das Geschehen in seinem Umfeld, macht dabei auch ohne gezielte Beobachtung Wahrnehmungen bezüglich der Arbeitsausführung der in diesem Bereich arbeitenden Krankengymnasten, kann solche Wahrnehmungen zum Anlaß für eine spontane gezielte Beobachtung der Arbeitsausführung eines einzelnen Krankengymnasten nehmen und diese sogleich durchführen. Damit ist nicht zwingend gefordert, daß diese sich alle in einem Gebäude befinden müssen. Sind jedoch die unterstellten Krankengymnasten wie im vorliegenden Fall an mindestens 14 verschiedenen über einen ganzen Bezirk der Stadt B… verteilten Einsatzorten tätig, kann von einer Überwachung ihrer Arbeitsausführung durch die Klägerin keine Rede sein.
e) Dieses Auslegungsergebnis wird gestützt durch den Vergleich des Inhalts der Protokollnotiz Nr. 1 mit dem der Protokollnotiz Nr. 6, der die Fallgr. 13 der VergGr. IVb BAT betrifft. Diese Fallgruppe regelt die Eingruppierung der “leitenden medizinischtechnischen Assistentinnen” mit ständiger Unterstellung von mindestens 16 medizinisch-technischen Assistentinnen usw. Die Protokollnotiz Nr. 6, auf die in dieser Fallgruppe verwiesen wird, hat folgenden Wortlaut:
“Leitende medizinisch-technische Assistentinnen im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind Assistentinnen, denen unter der Verantwortung eines Arztes für eine Laboratoriumsabteilung oder für eine radiologische Abteilung insbesondere die Arbeitseinteilung, die Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung durch ausdrückliche Anordnung übertragen sind.”
Die in dieser Protokollnotiz beispielhaft aufgezählten Leitungsaufgaben, identisch mit den in der Protokollnotiz Nr. 1 genannten, betreffen unterstellte Angestellte, die in einer “Laboratoriumsabteilung” oder einer “radiologischen Abteilung” arbeiten, also sämtlich ihren Dienstort in den genannten Untergliederungen eines Krankenhauses haben, in denen auch die leitende medizinisch-technische Assistentin tätig ist. Gerade diese Präsenz der unterstellten Angestellten gestattet erst der dort arbeitenden “leitenden medizinisch-technischen Assistentin” die in der Protokollnotiz beispielhaft genannte Überwachung ihrer Arbeitsausführung. Bei der deutlichen Parallelität des Inhaltes der Protokollnotizen Nr. 1 und 6 muß angenommen werden, daß die Tarifvertragsparteien von solchen Verhältnissen auch bei dem Eingruppierungsmerkmal für den “leitenden Krankengymnasten” der Fallgr. 7 der VergGr. IVb BAT ausgegangen sind.
f) Der Senat verkennt nicht, daß die Verteilung der der Klägerin unterstellten Krankengymnastinnen auf mindestens 14 Einsatzorte an ihre Leitungstätigkeit möglicherweise Ansprüche stellt, die – trotz inhaltlicher Unterschiede – denen gleichwertig sein könnten, die an den leitenden Krankengymnasten gestellt werden, welcher die Leitung über die geforderte Anzahl von an einer Dienststelle arbeitenden Krankengymnasten hat. Dies durch entsprechenden wertenden Tatsachenvortrag zu begründen, oblag aber der Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 –, aaO). Dafür, daß sie durch die Übertragung anderer Aufgaben als derjenigen der Arbeitseinteilung, der Überwachung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsausführung das Merkmal eines “leitenden” Krankengymnasten erfüllt, hat sie jedoch jeden wertenden Sachvortrag vermissen lassen.
7. Da die Tätigkeit der Klägerin nach alledem nicht dem Eingruppierungsmerkmal der VergGr. IVb Fallgr. 7 BAT entspricht, kann sie nicht zum 1. Januar 1992 kraft Bewährungsaufstiegs in die VergGr. IVa Fallgr. 4 BAT aufgestiegen sein.
III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Bott, Kiefer, Pfeil
Fundstellen
Haufe-Index 871627 |
NZA 1996, 662 |