Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsauslegung
Leitsatz (amtlich)
- Ein in ausländischer Währung ausgedrückter Geldbetrag kann vor dem deutschen Gericht eingeklagt werden (vgl. § 244 BGB).
- Ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für den Umzug vom Ausland in die Bundesrepublik Deutschland kann genehmungsfrei in ausländischer Währung geltend gemacht werden (§ 3 WährungsG).
Ein Vertrag, der die jederzeit widerrufliche Versetzung eines Arbeitnehmers in das entfernte Ausland (hier Hong Kong) und die Erstattung der Umzugskosten vorsieht, enthält im Zweifel auch die Zusage, die Kosten des Rückumzugs zu erstatten.
Das gilt auch dann, wenn für die Erstattung die Feststellung einer dienstlichen Notwendigkeit vorausgesetzt wird, diese Feststellung aber nicht getroffen wird, weil der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit Rücksicht auf die bevorstehende Schließung der ausländischen Niederlassung zum Schließungstermin gekündigt hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; EGBGB Art. 27; WährungsG § 3
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 08.12.1993; Aktenzeichen 1 Sa 298/93) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.10.1992; Aktenzeichen 6 Ca 167/91) |
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 1993 – 1 Sa 298/93 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Umzugskosten.
Der Kläger wurde auf der Grundlage zweier Schreiben der Beklagten vom 18. November 1983 eingestellt. Danach war ab 1. Juli 1984 “zunächst eine informatorische Tätigkeit” in der Zentrale der beklagten Bank vorgesehen, die ihm ermöglichen sollte, “sich auf die zu übernehmende Funktion als Leiter der B… : Hong Kong vorzubereiten”, wohin er entsandt werden sollte.
Mit Schreiben vom 14. August 1984 bestätigte die Beklagte sodann, daß der Kläger “mit Wirkung vom 1. September 1984 für einen zunächst unbestimmten Zeitraum” zur Filiale Hong Kong versetzt werde. Er sollte dort sowohl als Filialleiter der Beklagten als auch als Direktor einer Schwestergesellschaft der Beklagten, der “B… : F… Ltd.” arbeiten. Das Schreiben sah “für die Dauer der Auslandsentsendung” u.a. folgende Regelungen vor:
“Wohnsitzverlegung
Es besteht Einvernehmen, daß Sie Ihren Wohnsitz mit Wirkung vom 1. September 1984 nach Hong Kong verlegen. Die Bank wird Ihnen die Umzugskosten im Rahmen der geltenden Richtlinien erstatten, wobei als abgesprochen gilt, daß nur ein begrenzter Transport von Möbelstücken nach Hong Kong durchgeführt wird und sich der Umzug nach Hong Kong auf wesentliches persönliches Mobiliar beschränken wird. Die Kosten für den Transport der Möbel in ein Speditionslager, die anfallenden Einlagerungskosten sowie die Gebühren für eine Lagerversicherung werden – gegen Nachweis – von der Bank übernommen.
…
Die Vereinbarung tritt ab dem Zeitpunkt Ihrer Versetzung nach Hong Kong in Kraft. Sie endet – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit dem Tag der Beendigung Ihrer Auslandsversetzung. Den genauen Termin Ihrer Rückkehr werden wir zu gegebener Zeit mit Ihnen abstimmen. Allerdings müssen wir uns vorbehalten, Sie jederzeit zurückzurufen, wenn dies im Interesse der Bank erforderlich sein sollte.”
Die in Bezug genommene Richtlinie der Beklagten sieht unter Nr. 56.1 vor:
“Umzugskosten werden nur erstattet, wenn eine dienstliche Notwendigkeit für den Umzug vorliegt. Diese muß durch die Zentrale Personalabteilung festgestellt werden.”
Der Kläger nahm ab 1. September 1984 seine Tätigkeit in der Filiale Hong Kong auf. Die Kosten seines Umzugs von Europa nach Hong Kong wurden von der Beklagten erstattet.
Die Beklagte beschloß spätestens Anfang 1990, ihre Filiale in Hong Kong zum 30. September 1990 zu schließen. Das teilte sie dem Kläger Anfang 1990 mit. Mit Schreiben vom 11. Juni 1990 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1990. Mit Schreiben vom 3. September 1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß weder sie noch die “B… : F… Ltd.” die anläßlich der jetzigen Wohnsitzverlegung anstehenden Umzugskosten erstatten würden.
Für den Rücktransport seiner Möbel von Hong Kong im Oktober 1990 zahlte der Kläger Transportkosten in Höhe von 145.500,00 HK $ und eine Prämie für die Transportversicherung in Höhe von 14.812,50 HK $. Den Rückflug des Klägers und seiner Familie von Hong Kong nach Luxemburg bezahlte die Beklagte.
Der Kläger begehrt Erstattung der Kosten für den Rückumzug in rechnerisch unstreitiger Höhe. Er hat diesen Anspruch aus dem Schreiben vom 14. August 1984 hergeleitet und vorgetragen, für den Rückumzug habe wegen der Schließung der Filiale Hong Kong eine “dienstliche Notwendigkeit” im Sinne der Nr. 56.1 der Richtlinie vorgelegen. Die Zusage zur Erstattung der Umzugskosten habe auch die Kosten für den Rückumzug erfaßt. Im übrigen folge der Anspruch auch aus der Fürsorgepflicht der Beklagten; denn diese habe ihm anläßlich der Schließung der Filiale keine adäquate Weiterbeschäftigung angeboten, sondern bedeutet, der Kläger möge Angeboten anderer Arbeitgeber nähertreten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 160.312,50 HK $ nebst 12,5 % Zinsen aus 145.500,00 HK $ seit dem 1. Februar 1991 sowie 12,5 % Zinsen aus weiteren 14.812,50 HK $ seit dem 16. März 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen: Aus der Vereinbarung vom 14. August 1984 lasse sich keine stillschweigende Verpflichtung zur Finanzierung des Rückumzuges herleiten. Der Hinumzug nach Hong Kong und der Rückumzug ließen sich nicht als Einheit auffassen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist zulässig.
Der Umstand, daß der Kläger mit seinem Leistungsantrag die Zahlung eines Geldbetrages in ausländiger Währung begehrt, führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Wie sich aus § 244 BGB ergibt, kann eine im Inland zahlbare Geldschuld auch in ausländischer Währung ausgedrückt sein. Das deutsche Zivilrecht und Zivilprozeßrecht lassen Klagen und Urteile, die auf Zahlung in fremder Währung lauten, zu.
II. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarung vom 14. August 1984 zur Zahlung des geltend gemachten Betrages verpflichtet.
1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Die Parteien haben deutsches Recht gewählt. Die Rechtswahl ergibt sich “mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages” (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Denn in den Einstellungsschreiben vom 18. November 1983 werden die gesetzlichen Kündigungsfristen, die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge und die “Betriebliche Ordnung” der Beklagten für anwendbar erklärt. Mit dem Schreiben vom 14. August 1984 wurde der Arbeitsvertrag nur im Hinblick auf die Entsendung des Klägers nach Hong Kong ergänzt, wie dies bereits in einem der beiden Schreiben vom 18. November 1983 vorgesehen war. Eine Vereinbarung, daß der Vertrag nunmehr einem anderen Recht unterliegen sollte (Art. 27 Abs. 2 EGBGB), haben die Parteien nicht getroffen.
2. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus der Vereinbarung vom 14. August 1984.
a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, daraus ergebe sich die rechtliche Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die Rückkehr zu ermöglichen, wenn diese durch Maßnahmen der Beklagten, hier der Schließung der Filiale, verursacht werde. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn die Beklagte den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, für die Kosten der Rückkehr nach Deutschland nicht aufkommen zu wollen.
b) Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen, wie der vom 14. August 1984, ist nach ständiger Rechtsprechung in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt und ob sie rechtlich möglich ist. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts ist nicht nur möglich, sondern naheliegend.
c) Die Beklagte hatte den Kläger nach Hong Kong “versetzt”. Sie hatte sich in dem Schreiben vom 14. August 1984 ausdrücklich vorbehalten, ihn “jederzeit zurückzurufen, wenn dies im Interesse der Bank erforderlich sein sollte”. Der Kläger sollte seinen Wohnsitz nur vorübergehend nach Hong Kong verlegen. Denn es war abgesprochen, “daß nur ein begrenzter Transport von Möbelstücken nach Hong Kong durchgeführt wird und sich der Umzug … auf wesentliches persönliches Mobiliar” beschränkt. Nach Beendigung seiner Auslandstätigkeit sollte der Kläger nach Deutschland zurückkehren. Die Zusage der Beklagten, “die Umzugskosten” zu erstatten und die Kosten für die Einlagerung der übrigen Möbel des Klägers zu tragen, konnte der Kläger nach “Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte” (§§ 133, 157 BGB) nur dahin verstehen, daß sie auch die Kosten für den Rückumzug umfaßt, wenn dieser durch Rückruf der Beklagten oder durch Wegfall des Arbeitsplatzes in Hong Kong verursacht wird, und zwar auch dann, wenn er das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund kündigt.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Formulierung, die Kosten würden “im Rahmen der geltenden Richtlinien” erstattet, nichts anderes. Vom Empfängerhorizont war dies dahin zu verstehen, daß dort nur nähere Einzelheiten der Umzugskostenerstattung geregelt waren. Der Kläger brauchte nicht damit zu rechnen, daß die Richtlinien auch Bestimmungen über das Ob der Umzugskostenerstattung enthielten. Zudem waren die Richtlinien auf Auslandsumzüge wie des Klägers nicht zugeschnitten. Auf die Frage, ob für den Rückumzug eine – “durch die Zentrale Personalabteilung festgestellte” – “dienstliche Notwendigkeit” im Sinne von Nr. 56.1 der Richtlinien vorgelegen hat, was das Landesarbeitsgericht bejaht hat, kommt es danach nicht an.
Die Beklagte hätte ausdrücklich klarstellen müssen, daß sie die Kosten für den Rückumzug (auch) im Falle der Schließung der Filiale in Hong Kong und einer daraufhin ausgesprochenen Kündigung des Klägers nicht übernehmen wollte. Es ist schwer vorstellbar, daß der Kläger eine derartige Vertragsbestimmung akzeptiert hätte.
Die Kündigung des Klägers gerade zu diesem Zeitpunkt lag im Interesse der Beklagten. Sie hatte dem Kläger keine konkreten Vorschläge für eine angemessene Weiterbeschäftigung gemacht und konnte dies wohl auch nicht tun. Die Beklagte konnte auch kein Interesse daran haben, daß der Kläger eine beabsichtigte Kündigung erst nach dem Wiederbeginn seiner Tätigkeit in Deutschland aussprach, wie dies offenbar andere nach Hong Kong entsandte Mitarbeiter getan haben.
3. § 3 WährungsG steht dem Anspruch nicht entgegen. Nach dessen Satz 1 dürfen Geldschulden nur mit Genehmigung der für die Erteilung von Divisengenehmigungen zuständigen Stelle in einer anderen Währung als Deutsche Mark eingegangen werden.
Es handelt sich hier um einen Anspruch auf Aufwendungsersatz und damit um eine einfache Fremdwährungsschuld, auf die § 3 WährungsG nicht anwendbar ist.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke, Hansen, Anthes
Fundstellen
Haufe-Index 871635 |
NJW 1996, 741 |
JR 1996, 132 |
NZA 1996, 30 |
IPRspr. 1995, 59 |