Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung bei Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit. Tarifliche Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei unbefristeter Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente – Abfindungsanspruch im Aufhebungsvertrag – Abgrenzung des befristeten Arbeitsvertrages vom Aufhebungsvertrag – Auslegung eines nicht typischen Vertrages in der Revisionsinstanz – Abfindungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt
Orientierungssatz
1. Gegen die Wirksamkeit einer tariflichen Regelung, nach der das Arbeitsverhältnis bei unbefristeter Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente endet, bestehen keine Bedenken (zB BAG 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – AP BAT § 59 Nr. 8 = EzA BAT § 59 Nr. 5; NZA 2000, 776).
2. Bestimmt eine Tarifnorm für mehrere Tatbestände, daß das Arbeitsverhältnis jeweils bei deren Vorliegen endet, „sofern nicht etwas anderes vereinbart ist” – hier § 11 Abs. 5 MTV –, muß die andere Vereinbarung deutlich erkennen lassen, welcher der tariflichen Beendigungstatbestände abbedungen werden soll.
3. Ein Aufhebungsvertrag, in dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu einem mehr als sieben Monate nach dem Vertragsabschluß liegenden Zeitpunkt vereinbart ist, kann regelmäßig nicht dahin ausgelegt werden, damit sei die tariflich bestimmte Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen einer vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt erfolgten Bewilligung unbefristeter Erwerbsunfähigkeitsrente abbedungen worden.
4. Ist in einem Aufhebungsvertrag das Entstehen des Anspruchs auf eine Abfindung zu dem vereinbarten Beendigungstermin vereinbart, entsteht der Abfindungsanspruch nicht bei der auf einem anderen Grund beruhenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt (BAG 5. April 2001 – 2 AZR 217/00 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10).
Normenkette
BGB §§ 153, 157, 620; MTV für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 20. September 1996 § 11 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Mai 2000 – 7 Sa 1178/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin fordert von der Beklagten die Zahlung einer Abfindung aus einem Aufhebungsvertrag der Parteien.
Die am 4. Dezember 1942 geborene, schwerbehinderte Klägerin war bei der Beklagten seit dem 15. Februar 1977 als Kassiererin in der Filiale 021 Bonn beschäftigt. Sie war zuletzt Mitglied des dort bestehenden Betriebsrats. Für das Arbeitsverhältnis galt der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 20. September 1996 (künftig: MTV), dessen Anwendung zudem zwischen den Parteien vereinbart war.
Die Parteien hatten mehrjährigen Streit über die behindertengerechte Beschäftigung der Klägerin, die erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufzuweisen hatte. Verhandlungen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung blieben zunächst ebenso erfolglos wie die Anregung der Beklagten an die Klägerin, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beantragen.
Auf Antrag der Beklagten vom 4. August 1998 erteilte die Hauptfürsorgestelle durch Bescheid vom 14. August 1998 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin. Nachdem auch der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte der Klägerin am 21. August 1998 und traf mit ihr am selben Tage folgende „Vereinbarung”:
„1. Frau M. und die Geschäftsleitung sind sich darüber einig, daß das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der fristgerechten Kündigung vom 21. August 1998 zum 31. März 1999 endet.
2. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und zur Wahrung des sozialen Besitzstandes wird Frau M. eine Abfindung gemäß § 10 KSchG, § 3 EStG in Höhe von DM 55.000,– mit der letzten Gehaltszahlung ausgezahlt. Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung entsteht erst mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vorgenannten Austrittstermin und wird auch erst zu diesem Zeitpunkt fällig.
…”
Auf Antrag der Klägerin vom 28. September 1998 wurde ihr durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 11. Januar 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit – beginnend am 1. Oktober 1998 und längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres – bewilligt. Die Klägerin teilte der Beklagten unter dem 18. Januar 1999 diesen Sachverhalt mit. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 1999 Zahlung der Abfindung aus der Vereinbarung vom 21. August 1998 mit der Begründung ab, das Beschäftigungsverhältnis sei infolge der dauerhaften und unbefristeten Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente bereits zum 31. Januar 1999 beendet. Dies folge sowohl aus § 11 Abs. 5 MTV als auch aus Ziff. 10 ihrer Betriebsordnung.
Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Abfindung.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Aufhebungsvereinbarung vom 21. August 1998 sei eine anderweitige Vereinbarung iSv. § 11 Abs. 5 MTV, so daß der tarifliche Beendigungstatbestand – Zugang des Rentenbescheides über die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente – nicht eingreife. Damit sei das Arbeitsverhältnis einvernehmlich erst zum 31. März 1999 beendet worden. Dies sei auch deshalb der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weil die von der Beklagten zum 31. März 1999 ausgesprochene Kündigung mangels einer Klage auf Feststellung ihrer Unwirksamkeit als von Anfang an rechtswirksam gelte. Es sei auch nicht Geschäftsgrundlage der Aufhebungsvereinbarung gewesen, daß sie – die Klägerin – nicht vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses durch die Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente ausscheide. Die Möglichkeit eines Rentenantrags habe stets im Raum gestanden und sei auch von der Beklagten gesehen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 55.000,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 6. April 1999 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich auf § 11 Abs. 5 MTV sowie Ziff. 10 der Betriebsordnung berufen, wonach das Arbeitsverhältnis durch die Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente zum 31. Januar 1999 und nicht zum 31. März 1999 beendet worden sei. Dadurch sei der Aufhebungsvertrag überholt. Dessen Geschäftsgrundlage sei durch die vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses weggefallen. Sie – die Beklagte – habe erst im Januar 1999 davon Kenntnis erlangt, daß die Klägerin einen Rentenantrag gestellt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der im Aufhebungsvertrag der Parteien vereinbarten Abfindung.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, nach der Vereinbarung der Parteien vom 21. August 1998 habe der Anspruch auf die Abfindung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vereinbarten Austrittstermin am 31. März 1999 entstehen sollen. Das Arbeitsverhältnis habe aber wegen des im Januar 1999 erfolgten Zugangs des Rentenbescheides über die Gewährung einer Rente wegen zeitlich nicht befristeter Erwerbsunfähigkeit der Klägerin gem. § 11 Abs. 5 MTV bereits am 31. Januar 1999 geendet. Diesbezüglich enthalte die Aufhebungsvereinbarung keine anderweitige Regelung.
2. Die dagegen vorgebrachten Rügen der Revision greifen nicht durch.
a) Die Vereinbarung der Parteien vom 21. August 1998 über das vorzeitige Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis ist ein Aufhebungsvertrag. Für den Aufhebungsvertrag bestehen keine gesetzlichen Vorgaben. Welche Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, um den Abfindungsanspruch entstehen zu lassen, richtet sich deshalb allein nach dem Parteiwillen(BAG 26. August 1997 – 9 AZR 227/96 – AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 8 = EzA BGB § 111 Aufhebungsvertrag Nr. 29).
b) Nach Ziff. 1 des Aufhebungsvertrages der Parteien sind sich diese „darüber einig, daß das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der fristgerechten Kündigung vom 21. August 1998 zum 31. März 1999 endet”. Im Anschluß daran ist in Ziff. 2 des Aufhebungsvertrages bestimmt, daß der Klägerin „als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und zur Wahrung des sozialen Besitzstandes … eine Abfindung … mit der letzten Gehaltszahlung ausgezahlt” wird. Bezüglich dieses Anspruchs ist dort weiter vereinbart: Er „entsteht erst mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vorgenannten Austrittstermin”. Bei einer solchen Vertragsgestaltung soll die Abfindung eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein. Ein Anspruch auf die Abfindung entsteht daher nicht, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt aus einem anderen Grunde beendet wird(BAG 5. April 2001 – 2 AZR 217/00 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10).
c) Dies ist hier der Fall. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat, wie das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, gem. § 11 Abs. 5 MTV, der streitlos für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, am 31. Januar 1999 geendet. Diese Vorschrift lautet:
„§ 11
Einstellung und Entlassung
…
(5) Unbefristete Arbeitsverhältnisse enden, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, mit dem Ende des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet hat oder in welchem dem Arbeitnehmer der Rentenbescheid über die Gewährung einer Rente wegen zeitlich nicht befristeter Erwerbsunfähigkeit oder vorgezogenem Altersruhegeld zugegangen ist.
…”
d) Gegen die Wirksamkeit einer tariflichen Regelung, nach der das Arbeitsverhältnis bei unbefristeter Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente endet, bestehen keine Bedenken(zB BAG 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – AP BAT § 59 Nr. 8 = EzA BAT § 59 Nr. 5; 23. Februar 2000 – 7 AZR 126/99 – BAGE 94, 1 = NZA 2000, 776). Dies ist auch der ausdrücklich erklärte Standpunkt der Klägerin.
e) Danach endete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit der im Januar 1999 erfolgten – verkürzt gesagt – Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente zugunsten der Klägerin. Denn die tariflichen Voraussetzungen dieses Beendigungstatbestandes liegen sämtlich vor.
aa) Die Klägerin stand im Zeitpunkt der Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente – Januar 1999 – in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis iSv. § 11 Abs. 5 MTV zur Beklagten. Dies zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel. Der Umstand, daß die Parteien am 21. August 1998 das Ausscheiden der Klägerin zum 31. März 1999 vereinbart haben, hat am Tatbestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses der Parteien nichts geändert. Diese Vereinbarung ist keine Befristungsabrede, sondern eine Regelung über die Modalitäten der Abwicklung des unbefristeten gekündigten Arbeitsverhältnisses(zur Abgrenzung einer nachvertraglichen Befristungsabrede von einem Aufhebungsvertrag vgl. BAG 12. Januar 2000 – 7 AZR 48/99 – AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 16 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 33).
bb) Der Klägerin wurde durch den ihr im Januar 1999 zugegangenen Rentenbescheid die Zahlung von Erwerbsunfähigkeitsrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und damit „wegen zeitlich nicht befristeter Erwerbsunfähigkeit” iSv. § 11 Abs. 5 MTV bewilligt.
cc) Eine diesen Beendigungstatbestand abbedingende Vereinbarung iSv. § 11 Abs. 5 MTV haben die Parteien nicht getroffen, wie das Landesarbeitsgericht – mit sehr knapper Begründung – zutreffend angenommen hat.
Bei der Aufhebungsvereinbarung vom 21. August 1998 handelt es sich um einen nicht typischen Vertrag. Die Auslegung eines solchen Vertrages durch das Landesarbeitsgericht ist in der Revisionsinstanz nur darauf zu prüfen, ob es bei der Auslegung des Vertrages die Rechtsvorschriften über die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) richtig angewendet, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder den Tatsachenstoff nur unvollständig verwertet hat(ständige Rechtsprechung des BAG, zB 25. Februar 1998 – 2 AZR 279/97 – BAGE 88, 131).
Einen derartigen Auslegungsfehler wirft die Revision dem Landesarbeitsgericht nicht vor. Ein solcher ist auch nicht zu erkennen.
Da die tarifliche Regelung des § 11 Ziff. 5 MTV für drei unterschiedliche Sachverhalte – Vollendung des 65. Lebensjahres, Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente, Bewilligung von vorgezogenem Altersruhegeld – jeweils bestimmt, daß das Arbeitsverhältnis bei deren Vorliegen endet, kann arbeitsvertraglich sowohl hinsichtlich aller als auch nur hinsichtlich einzelner Beendigungstatbestände eine andere Vereinbarung getroffen werden. Eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem zukünftigen Zeitpunkt kann daher nicht ohne weiteres dahin verstanden werden, damit sei für alle drei Beendigungstatbestände des § 11 Abs. 5 MTV eine andere Vereinbarung im Sinne dieser Tarifnorm getroffen worden. Vereinbaren die Parteien etwa im Zeitpunkt der Vollendung des 55. Lebensjahres des Arbeitnehmers dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei Vollendung des 63. Lebensjahres, dann ist damit eindeutig nur hinsichtlich des Beendigungstatbestandes der 1. Alternative des § 11 Abs. 5 MTV – Vollendung des 65. Lebensjahres – etwas anderes vereinbart. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß mit einer solchen Vereinbarung im Einzelfall auch die tariflichen Beendigungstatbestände der beiden anderen Alternativen des § 11 Abs. 5 MTV – Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente, Bewilligung von vorgezogenem Altersruhegeld – abbedungen werden sollten; näherliegend ist im allgemeinen jedoch das Gegenteil. Entsprechendes gilt für eine Vereinbarung, das Arbeitsverhältnis solle – abweichend von der tariflichen Lebensaltersgrenze – erst bei Vollendung des 68. Lebensjahres des Arbeitnehmers enden. Damit auch die Beendigungstatbestände der Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente oder von vorgezogenem Altersruhegeld abzubedingen, wird nur im Ausnahmefall gewollt sein. Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis – wie hier – erst zu einem mehrere Monate nach dem Abschluß des Vertrages liegenden Zeitpunkt enden soll. Eine andere Vereinbarung iSd. Restriktivsatzes in § 11 Abs. 5 MTV – „sofern nicht etwas anderes vereinbart ist” – muß daher erkennen lassen, von welchem tariflichen Beendigungstatbestand oder von welchen tariflichen Beendigungstatbeständen abgewichen werden soll. Das heißt nicht, daß der Beendigungstatbestand ausdrücklich abbedungen werden muß. Es reicht aus, wenn die für die Auslegung der Vereinbarung heranzuziehenden Umstände diesen Vertragswillen der Parteien erkennen lassen.
Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, daß der tarifliche Beendigungstatbestand der 2. Alternative des § 11 Abs. 5 MTV – Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente – durch die Vereinbarung vom 21. August 1998 nicht abbedungen worden ist. Dafür sprechen zum einen die Umstände des Zustandekommens dieser Vereinbarung. Sie wurde nach Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung vom selben Tage abgeschlossen und regelt die im Zusammenhang mit der Kündigung stehenden Abwicklungsgegenstände. Der vereinbarte Kündigungszeitpunkt entspricht dem Ablauf der Kündigungsfrist. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erwerbsunfähigkeit der Klägerin war nicht Anlaß der Abwicklungsverhandlungen. Zum anderen haben die Parteien in Ziff. 2 der Vereinbarung – neben der dort geregelten Fälligkeit des Abfindungsanspruchs – ausdrücklich bestimmt, daß dieser Anspruch „erst mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vorgenannten Austrittstermin”, also zum 31. März 1999, „entsteht”. Diese Bestimmung setzt gerade die Möglichkeit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt – aufgrund welchen Tatbestandes auch immer – voraus. Diesbezüglich ist eine Einschränkung in dem Aufhebungsvertrag nicht vereinbart. In einem solchen Fall soll nach dem erklärten Willen der Vertragsparteien an die Klägerin keine Abfindung auszuzahlen sein, da dieser Anspruch „erst” mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 1999 „entsteht”, wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt „tatsächlich” iSv. „wirklich” endet. Der tarifliche Beendigungstatbestand der Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente ist damit durch die Vereinbarung der Parteien nicht abbedungen worden.
Sonstige auslegungserhebliche Umstände, insbesondere über den schriftlichen Vertragstext hinausgehende Erklärungen der Parteien während der Vertragsverhandlungen, die geeignet sein könnten, zu einer anderen Auslegung der Aufhebungsvereinbarung zu gelangen, sind vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Diesbezüglich hat die Klägerin auch keine Verfahrensrüge erhoben.
f) Die Auffassung der Klägerin, wegen § 7 KSchG, nach dem eine nicht fristgerecht gerichtlich angegriffene Kündigung als von Anfang an rechtswirksam gilt, sei das Arbeitsverhältnis erst zum Kündigungstermin am 31. März 1999 und schon nicht am 31. Januar 1999 beendet worden, ist unzutreffend. Die Vorschrift schließt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem vor dem Kündigungstermin der nicht rechtzeitig gerichtlich angegriffenen sozial ungerechtfertigten Kündigung liegenden Zeitpunkt durch einen anderen Beendigungstatbestand – Vereinbarung der Parteien, wirksame außerordentliche Kündigung einer der Parteien, Tod des Arbeitnehmers oder demjenigen der 2. Alternative des § 11 Abs. 5 MTV – nicht aus.
3. Auf die Rechtsausführungen der Beklagten zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 1999 nach Ziff. 10 der Betriebsordnung und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage der Aufhebungsvereinbarung kommt es nach alledem nicht an.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bott, Friedrich, Wolter, Wehner, v. Dassel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.09.2001 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NZA 2002, 584 |
ZTR 2002, 341 |
EzA |
NJOZ 2002, 1242 |