Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagefrist. Rubrum. Kündigung durch Insolvenzverwalter. Wahrung der Klagefrist des § 113 Abs. 2 InsO. Erhebung der Klage gegen “Gemeinschuldnerin vertreten durch den Insolvenzverwalter”. Auslegung des Beklagtenrubrums in Klageschrift. zulässige Berichtigung des Rubrums oder Parteiwechsel?. Verstoß der Kündigung gegen § 9 MuSchG, § 18 BErzGG. Prozeßrecht. Kündigung
Orientierungssatz
- Wird eine Kündigung des Insolvenzverwalters (hier: wegen Verstoßes gegen die besonderen Kündigungsschutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes oder des Bundeserziehungsgeldgesetzes) angegriffen, so ist der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes zu verklagen.
- Ist im Rubrum der Klageschrift irrtümlich als Beklagter nicht der Insolvenzverwalter, sondern die Schuldnerin genannt, so ist das Klagerubrum entsprechend zu berichtigen, wenn sich aus der Klageschrift oder aus dem dieser beigefügten Kündigungsschreiben ergibt, daß sich die Klage gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes richten soll.
Normenkette
InsO § 113 Abs. 2; MuSchG § 9; BErzGG § 18
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2001 – 5 Sa 1079/01 – wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung des Beklagten.
Die am 25. Dezember 1967 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Mai 1990 bei der Ingenieurbüro K.… KG zu einem Monatsgehalt von zuletzt 4.500,00 DM brutto beschäftigt. Am 17. September 2000 wurde sie von ihrem zweiten Kind entbunden. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich im Erziehungsurlaub gem. § 15 BErzGG aF nach der Geburt ihres ersten Kindes am 24. Oktober 1998. Mit Beschluß vom 29. September 2000 hat das Amtsgericht M.… über das Vermögen der K.… KG das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. Januar 2001. Am 17. November 2000 hat die Klägerin gegen die Schuldnerin, vertreten durch den Beklagten, Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung erhoben. Der Klageschrift war das Kündigungsschreiben des Beklagten beigefügt. Die Klagebegründung beginnt mit dem Satz: “Die Klägerin macht gem. § 118 (gemeint ist § 113) Abs. 2 InsO geltend, dass die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter unwirksam ist.”
Die Klägerin hat gemeint, die Kündigung sei gemäß § 9 MuSchG und § 18 BErzGG aF rechtsunwirksam. Sie habe mit ihrer Klage auch die 3-Wochenfrist gem. § 113 Abs. 2 InsO gewahrt, da der Beklagte im Rubrum genannt sei. Für den Fall, daß das Gericht den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes ansehe, sei das Passivrubrum entsprechend zu berichtigen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
das Passivrubrum von Amts wegen wie folgt zu berichtigen:
den Herrn Rechtsanwalt Dr. B.…, handelnd in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma Ingenieurbüro K.… KG.
- festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten vom 27. Oktober 2001, zugegangen am 31. Oktober 2000, rechtsunwirksam ist.
Der Beklagte hat zur Stützung seines Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die Kündigung sei nicht innerhalb der 3-Wochenfrist des § 113 Abs. 3 InsO angegriffen worden, da sich die erhobene Klage nicht gegen den Kündigenden, sondern die Schuldnerin richte.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr nach Berichtigung des Beklagtenrubrums stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
- Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG und ebenso nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BErzGG aF rechtsunwirksam. Die Klägerin habe die Unwirksamkeit auch rechtzeitig innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung (§ 113 Abs. 2 Satz 1 InsO) geltend gemacht. Die Klage habe sich von Anfang an gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter gerichtet. Dies ergebe die Auslegung der Klageschrift, insbesondere das der Klage beigefügte Kündigungsschreiben der Beklagten.
Dem ist zu folgen (vgl. zuletzt Senat 17. Januar 2002 – 2 AZR 57/01 – EzA KSchG § 4 nF Nr. 62).
1. Bei einer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Insolvenzverwalters ist dieser in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu verklagen (Senat 17. Januar 2002 – 2 AZR 57/01 – aaO). Eine Klage gegen die Schuldnerin macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei (BGH 5. Oktober 1994 – XII ZR 53/93 – BGHZ 127, 156). Sie wahrt deshalb auch nicht die Klagefrist nach § 4 KSchG bzw. § 113 Abs. 2 InsO (Zwanziger Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung 2. Aufl. § 113 InsO Rn. 43). Ist ausweislich des Rubrums der Klageschrift anstatt des Insolvenzverwalters die Schuldnerin verklagt, so ist jedoch stets zu prüfen, ob der Fehler durch eine Rubrumsberichtigung beseitigt werden kann. Für die Parteistellung im Prozeß ist nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgeblich. Ergibt sich in einem Kündigungsrechtsstreit etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist, so ist eine Berichtigung des Rubrums möglich, auch wenn der Kläger im Rubrum der Klageschrift irrtümlich zB nicht seinen Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benannt hat (ständige Rechtsprechung, zB BAG 15. März 2001 – 2 AZR 141/00 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 46 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 61 mwN). Läßt sich der Klageschrift entnehmen, daß der Insolvenzverwalter die Kündigung ausgesprochen hat, so wird regelmäßig eine Ergänzung des Beklagtenrubrums möglich sein. Dies gilt erst recht, wenn der Klageschrift das Kündigungsschreiben beigefügt ist, aus dem sich ergibt, daß es sich um eine Kündigung des Insolvenzverwalters handelt, der demgemäß nach dem Gesamtzusammenhang der Klageschrift verklagt werden soll (vgl. BAG 15. März 2001 – 2 AZR 141/00 – aaO; Zwanziger aaO).
2. Danach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sich die Klage vorliegend gegen den Beklagten und nicht gegen die Schuldnerin richtete. Das Landesarbeitsgericht hat das Rubrum zu Recht berichtigt. Der Beklagte ist zwar nicht als Partei kraft Amtes, aber immerhin als Vertreter der Schuldnerin im Rubrum der Klageschrift aufgeführt. In der Klagebegründung heißt es schon eingangs, es werde eine Kündigung “durch den Insolvenzverwalter” angegriffen. Außerdem war der Klageschrift das Kündigungsschreiben des Beklagten beigefügt und auch der Klageantrag richtete sich gegen eine Kündigung “der Beklagten, handelnd durch den Insolvenzverwalter”. In der Klageschrift findet sich kein Anhaltspunkt für die Auslegung, daß anstatt des kündigenden Insolvenzverwalters die Schuldnerin persönlich klageweise in Anspruch genommen werden sollte. Die Klage ist schließlich auch dem Beklagten ordnungsgemäß unter seiner in der Klageschrift angegebenen Büroanschrift zugestellt worden.
3. Da sich die Klage von Anfang an gegen den Beklagten richtete, hat sie auch die dreiwöchige Klagefrist gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO gewahrt. Es ist allerdings ergänzend darauf hinzuweisen, daß vieles dafür spricht, daß bei Klagezustellung der Lauf der Klagefrist noch nicht einmal begonnen hatte, weil sowohl nach dem Mutterschutzgesetz als auch nach dem BErzGG die Wirksamkeit der Kündigung von der Zustimmung einer Behörde abhing und die Klagefrist nach § 113 Abs. 2 Satz 2 InsO, § 4 Satz 4 KSchG in derartigen Fällen erst ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer zu laufen beginnt.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Baerbaum, Heise
Fundstellen
NZA 2003, 1391 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 18 |
EzA |
ZInsO 2003, 1060 |
BAGReport 2003, 328 |