Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachbezug bei alliierten Streitkräften

 

Orientierungssatz

Parallelsache zu BAG Urteil vom 27.5.1987, 4 AZR 275/86 (nicht amtlich veröffentlicht).

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 19.12.1985; Aktenzeichen 4 (10) Sa 1747/82)

ArbG Münster (Entscheidung vom 07.09.1982; Aktenzeichen 3 Ca 354/82)

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei den Britischen Stationierungsstreitkräften im Bereich der Zivilen Arbeitsgruppen/Dienstgruppen als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung.

Dem Kläger wurde von den Stationierungsstreitkräften an seinem Beschäftigungsort in einer Kaserne eine Unterkunft zur Verfügung gestellt. Die Unterbringung in der Kaserne erfolgte zu Bereitschaftsdienstzwecken. Dem Kläger stand je nach der Zuweisung durch den militärischen Dienstvorgesetzten ein Ein- oder Mehrbettzimmer zur Verfügung. Es bestand eine Gemeinschaftswasch- und Toilettenanlage. Die Benutzung des Zimmers unterlag zahlreichen Einschränkungen, z. B. hinsichtlich des Empfangs von Besuchern, des Anschlusses elektrischer Geräte und der Aufbewahrung von Lebensmitteln. War dem Kläger ein Mehrbettzimmer zugewiesen, konnte dieses jederzeit mit weiteren Arbeitnehmern belegt werden.

Dem Kläger wurde im streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 1978 bis zum 28. Februar 1982 von seinem Bruttolohn der jeweils tariflich in Ziffer 13 der Sonderbestimmungen Z für Arbeitnehmer in Zivilen Arbeitsgruppen/Dienstgruppen (Anhang Z zum TVAL II) festgelegte Nettobetrag, der sich von zunächst 20,-- DM auf zuletzt 45,-- DM steigerte, für die von ihm in Anspruch genommene Unterkunft in Abzug gebracht. Seit dem 1. Januar 1978 berechnete die Beklagte zusätzlich den Wert der dem Kläger zur Verfügung gestellten Unterkunft nach der Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung (SachBezVO) in ihrer jeweiligen Fassung. Um den von ihr so ermittelten Betrag erhöhte sie fiktiv den Bruttolohn des Klägers und führte dementsprechend Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab. Nachdem die Beklagte erstmalig im Mai 1978 rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 1978 die höheren Lohnabzüge vorgenommen hatte, wehrte sich der Kläger dagegen mit Schreiben vom 5. Juni 1978. Mit Schreiben vom 25. November 1981 teilte die Beklagte dem Kläger u. a. mit:

"..., daß gemäß Erlaß des Finanzministers

Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 1981 die

Sachbezugsverordnung für Sie keine Anwendung

mehr findet, es sei denn, die ortsübliche Miete

würde sich ändern oder es träte eine Änderung

bezüglich der Wohnfläche ein.

Die von Ihnen zuviel gezahlten Beträge an Lohn-,

Kirchensteuer und Sozialversicherung werden von

mir bei der nächsten Lohn/Gehaltsabrechnung

erstattet."

Mit seiner am 3. März 1982 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, daß die Beklagte ihm in der Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 28. Februar 1982 insgesamt einen um 3.424,21 DM zu geringen Nettolohn gezahlt habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, ihn wegen der zur Verfügung gestellten Unterkunft über den jeweils tariflich vorgesehenen Betrag hinaus zu belasten. Die Anwendung der Sachbezugsverordnung und der dadurch erhöhte Lohnabzug seien nicht gerechtfertigt. Im übrigen habe die Beklagte bei der Bewertung der Unterkunft nach der Sachbezugsverordnung nicht hinreichend berücksichtigt, daß es sich um ein Zimmer in einer Kaserne mit allen damit verbundenen Einschränkungen gehandelt habe. Auch habe er keinen Einfluß auf die Größe des zugewiesenen Raums gehabt. Im übrigen habe die Beklagte ihre Verpflichtung zur Rückzahlung mit dem Schreiben vom 25. November 1981 anerkannt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn

3.424,21 DM netto nebst 18 % Zinsen

seit dem 11. März 1982 zu zahlen,

2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

ist, in Zukunft die Sachbezugsverordnung

nicht mehr anzuwenden.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben sei. Der Kläger verlange die Erstattung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Es handele sich demgemäß um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Im übrigen sei sie nicht passiv legitimiert, da sie die Lohnabzüge bereits abgeführt habe. Die Bewertung der Unterkunft nach der Sachbezugsverordnung sei zwingend notwendig und zutreffend durchgeführt worden. Der tariflich vorgesehene Eigenanteil des Klägers sei zu niedrig. Er entspreche nicht dem wirklichen Wert der Unterkunft, auch wenn die Besonderheiten des Kasernenbetriebes berücksichtigt würden. Das Schreiben vom 25. November 1981 sei weder ein konstitutives noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Ihm habe außerdem die irrige Vorstellung zugrunde gelegen, daß der Kläger ein Zimmer mit der in den einschlägigen Richtlinien der Stationierungsstreitkräfte vorgesehenen Mindestgröße von 6,5 qm bewohne. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Außerdem sei der Angestellte, der das Schreiben unterzeichnet habe, zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung nicht bevollmächtigt gewesen.

Die Beklagte hat ferner hinsichtlich der vom Kläger für die Jahre 1978 und 1979 geltend gemachten Beträge die Einrede der Verjährung erhoben und außerdem die Auffassung vertreten, daß die Ansprüche des Klägers verwirkt und wegen Ablaufs der tariflichen Ausschlußfrist verfallen seien. Im übrigen stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu und sei der Kläger verpflichtet, eventuelle Erstattungsansprüche an sie abzutreten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der vom Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 31. Dezember 1981 geltend gemachten Beträge in Höhe von 3.266,15 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. März 1982 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat Anschlußberufung eingelegt, soweit die Klage hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 148,93 DM für die Monate Januar und Februar 1982 abgewiesen worden war. Obwohl ihm von der Beklagten zwischenzeitlich für das Jahr 1981 ein Betrag in Höhe von 416,13 DM und für das Jahr 1982 ein Betrag in Höhe von 78,28 DM erstattet worden waren, hat der Kläger seine Klageforderung insoweit nicht ermäßigt. In der Berufungsinstanz hat er ferner hilfsweise den Antrag gestellt

festzustellen, daß bei der Ermittlung des

Wertes der Sachbezüge die Werte der Sachbezugsverordnungen,

die in den Jahren 1978

bis Februar 1982 gegolten haben, nicht anzuwenden

sind, sondern die ortsübliche Inklusivmiete

heranzuziehen ist, wobei die

für den Kläger in den standing-orders für

eine Schlafstelle vorgesehenen 6 qm, ab

1. August 1979 6,5 qm, zugrunde zu legen

sind.

Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt,

an den Kläger denjenigen Nettobetrag zu

zahlen, der sich ergibt, wenn für 1980

Sachbezüge in Höhe von 768,-- DM, für

1981 Sachbezüge in Höhe von 816,-- DM

und für Januar und Februar 1982 Sachbezüge

in Höhe von 176,-- DM zugrunde

gelegt werden.

Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und die Verurteilung der Beklagten entsprechend seiner Anschlußberufung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision des Klägers und verfolgt mit ihrer Revision ihren Antrag auf Klagabweisung in vollem Umfange weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nur zum Teil begründet. Zwar ist die Beklagte vom Landesarbeitsgericht zu Unrecht verurteilt worden, an den Kläger für die Jahre 1980, 1981 und 1982 einen unbezifferten Nettobetrag zu zahlen, jedoch steht dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1981 ein Betrag in Höhe von 1.333,67 DM netto und für die Monate Januar und Februar 1982 ein Betrag in Höhe von 70,65 DM netto zu. Insoweit ist die Revision der Beklagten unbegründet, war ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen und auf die Anschlußberufung des Klägers zu erkennen. Die Revision des Klägers, die sich nach der von Amts wegen gebotenen Korrektur des Tenors des landesarbeitsgerichtlichen Urteils mithin nur auf die Klageabweisung hinsichtlich der für die Jahre 1978 und 1979 geltend gemachten Beträge bezieht, ist unbegründet.

Die Revisionen sind zulässig. Zwar hatten die Parteien zunächst vor Zustellung des berufungsgerichtlichen Urteils Revision eingelegt. Sie hatten jedoch nach Zustellung des Urteils erneut form- und fristgerecht Revision eingelegt und diese begründet, so daß die erste Revisionsschrift gegenstandslos wurde und über das Rechtsmittel einheitlich zu entscheiden war (BAG Urteil vom 26. September 1980 - 7 AZR 338/80 - AP Nr. 1 zu § 321 ZPO 1977).

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß für das Klagebegehren der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG. Die Parteien streiten nicht über die Höhe der abzuführenden Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge (BAG Urteil vom 11. Juli 1975 - 5 AZR 546/74 - AP Nr. 1 zu § 55 SGG) oder die Frage, ob für bestimmte Lohnbestandteile Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind (BAGE 40, 307 = AP Nr. 44 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Der Kläger macht vielmehr geltend, daß die Beklagte ihn im streitbefangenen Zeitraum nicht tarifgemäß vergütet habe, indem sie ihn für die Unterkunft mit einem höheren als dem tariflich vorgesehenen Betrag belastet habe. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Kläger seinen Anspruch herleitet, ist damit kein öffentlich-rechtliches, sondern ein bürgerlich-rechtliches. Daraus folgt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG gegeben ist (vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 - GmS-OGB 2/73 - AP Nr. 3 zu § 405 RVO; BAG Urteil vom 12. Oktober 1977 - 5 AZR 443/76 - AP Nr. 3 zu §§ 394, 395 RVO; Urteil vom 8. Dezember 1981 - 3 AZR 71/79 - AP Nr. 5 zu §§ 394, 395 RVO; BAGE 45, 228 = AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979).

Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf den absoluten Revisionsgrund des § 551 Nr. 7 ZPO. Zwar liegt zwischen der Verkündung und der Zustellung des angefochtenen Urteils ein Zeitraum von mehr als 11 Monaten. Der Senat hat jedoch in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend mit der entsprechenden Rechtsauffassung anderer oberster Bundesgerichte die Auffassung vertreten, daß nur ein Urteil, das den Parteien erst später als zwölf Monate nach seiner Verkündung zugestellt wird, grundsätzlich als ein Urteil ohne Gründe angesehen werden muß (BAGE 44, 323 = AP Nr. 82 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieser Zeitraum, an dem im Interesse der Rechtssicherheit festzuhalten ist, war vorliegend zum Zeitpunkt der Zustellung des Urteils am 9. Dezember 1986 noch nicht verstrichen. Besondere Umstände, die gleichwohl die Annahme eines Verstoßes gegen § 551 Nr. 7 ZPO rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Beklagte weist hingegen zu Recht darauf hin, daß das angefochtene Urteil gegen § 308 ZPO verstößt. Dies führt zu seiner Aufhebung.

Der Kläger hat einen bestimmten Zahlungsantrag gestellt, dem das Arbeitsgericht entsprochen hat. Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht, soweit es die Klage nicht wegen Verjährung der Ansprüche aus den Jahren 1978 und 1979 abgewiesen hat, die Beklagte verurteilt, an den Kläger denjenigen Nettobetrag zu zahlen, der sich ergibt, wenn für 1980 Sachbezüge in Höhe von 684,-- DM, für 1981 Sachbezüge in Höhe von 861,-- DM und für Januar und Februar 1982 Sachbezüge in Höhe von 176,-- DM zugrunde zu legen sind. Dieser Urteilsausspruch des Landesarbeitsgerichts stellt sich als ein aliud gegenüber der vom Kläger beantragten Leistung und nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, als minus dar. Der Kläger erhält ein Urteil, mit dem die Verurteilung der Beklagten zu einer unbestimmten Leistung ausgesprochen wird. Dieses Urteil kann jedoch nicht in ein Feststellungsurteil als minus im Vergleich zu einem Leistungsurteil umgedeutet werden, weil nur ein die Lohnhöhe bestimmendes Element festgestellt wird und im übrigen die endgültige Bestimmung der Lohnhöhe der Beklagten auferlegt wird. Dabei bleibt außerdem völlig ungewiß, in welcher Weise sich die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen auf die von der Beklagten konkret zu erbringende Leistung auswirkt. Durch diesen Urteilsausspruch wird die Beklagte damit einerseits in einem unbestimmten Umfang und andererseits in einem größeren Maße beschwert, als dies mit der Klage begehrt wurde. Das Landesarbeitsgericht legt der Beklagten nämlich, wie seine begründenden Ausführungen deutlich machen, mit dem Urteilsausspruch besondere, über die Zahlungsverpflichtung hinausgehende Pflichten hinsichtlich der noch erforderlichen Ermittlung der Lohnhöhe auf. Diese Verpflichtungen wurden vom Klagebegehren nicht mitumfaßt. Damit verstößt das Urteil zum Nachteil der Beklagten gegen § 308 ZPO. Es verstößt auch zum Nachteil des Klägers gegen § 308 ZPO, da dieser keinen vollstreckbaren Titel, wie mit dem erstinstanzlichen Urteil, dessen Wiederherstellung er deshalb begehrt, erhält. Dieser Verstoß führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Einer Zurückverweisung bedarf es jedoch nicht, da der Senat selbst abschließend entscheiden kann.

Die Revision der Beklagten ist nämlich insoweit unbegründet, als sie die Abweisung der Klage für die vom Kläger für die Jahre 1980, 1981 und 1982 geltend gemachten Beträge begehrt. Dem Kläger steht für das Jahr 1980 ein Betrag in Höhe von 832,51 DM netto und für das Jahr 1981 ein Betrag in Höhe von 917,28 DM netto, abzüglich des für dieses Jahr erstatteten Betrages in Höhe von 416,12 DM netto, mithin für das Jahr 1981 ein Betrag in Höhe von 501,16 DM netto zu. Für das Jahr 1982 ergibt sich ein Betrag in Höhe von 148,83 DM netto abzüglich des erstatteten Betrages in Höhe von 78,28 DM netto, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von 70,65 DM. Die Gesamtsumme beträgt somit 1.404,32 DM netto.

Die Beklagte hat von dem dem Kläger zustehenden Nettolohn für die zur Verfügung gestellte Unterkunft höhere Beträge in Abzug gebracht als nach den tariflichen Bestimmungen gerechtfertigt war. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung.

Zu § 23 TVAL II (Sachleistung) war unter Ziffer 13 des Anhangs Z (Sonderbestimmungen für die Arbeitnehmer in Zivilen Arbeitsgruppen/Dienstgruppen) in der Fassung der Änderungsvereinbarung Nr. 8 vom 26. Mai 1976 bestimmt:

Der § 23 wird wie folgt ergänzt:

a) Bei Inanspruchnahme von Unterkunft und/oder

Verpflegung, die die Stationierungsstreitkräfte

zur Verfügung stellen, werden vom Bruttoarbeitslohn

(Bruttogehalt) einbehalten:

(1) für Unterkunft monatlich 2O,-- DM

...

In der Änderungsvereinbarung Nr. 11 vom 30. November 1979 wurden die vom Arbeitnehmer für die Unterkunft einzubehaltenden Beträge wie folgt festgelegt:

für U n t e r k u n f t - monatlich -

bei ständiger Belegung des Wohnraumes

mit einem Arbeitnehmer 35,-- DM

mit zwei bis zu sechs Arbeitnehmern 25,-- DM

mit mehr als sechs Arbeitnehmern 2O,-- DM

Durch die Änderungsvereinbarung Nr. 12 vom 17. April 1980 wurde der bei ständiger Belegung des Wohnraumes mit einem Arbeitnehmer einzubehaltende Betrag auf 45,-- DM und bei Belegung mit zwei bis zu sechs Arbeitnehmern auf 30,-- DM festgesetzt.

Durch die Änderungsvereinbarung Nr. 14 vom 16. Dezember 1981 fiel mit Wirkung zum 1. Januar 1982 die tarifvertragliche Festsetzung der Einbehaltungsbeträge für die Gestellung von Unterkunft und Verpflegung weg. Das Entgelt für die Inanspruchnahme bestimmte sich nach Maßgabe von Richtlinien, die von den Stationierungsstreitkräften aufgestellt wurden. Bis zur Aufstellung dieser Richtlinien wurden nach den Überleitungsbestimmungen der Änderungsvereinbarung Nr. 14 die tariflichen Bestimmungen weiter angewendet, so daß sie auch für die Monate Januar und Februar 1982 noch normative Wirkung hatten.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß dem Kläger für die ihm zur Verfügung gestellte Unterkunft tarifgemäß die jeweils geltenden Beträge von seinem Bruttolohn abgezogen worden sind. Die Beklagte hat für die Zurverfügungstellung der Unterkunft unter Berufung auf die Sachbezugsverordnung jedoch darüber hinaus zu Unrecht seinen Nettolohn um die mit der Klage geltend gemachten Beträge, deren Höhe von der Beklagten nicht bestritten wurde, vermindert. Dies folgt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aus dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die bei der Tarifauslegung maßgeblich zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).

Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, daß durch die tariflichen Bestimmungen die gesetzlichen Vorschriften des Steuer- und Sozialversicherungsrechts, soweit sie sich auf die Bewertung von Sachleistungen und die Abgabenpflicht für Sachbezüge beziehen, nicht abbedungen werden können. Die Tarifvertragsparteien können jedoch mit normativer Wirkung festlegen, in welchem Umfange der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses für die ihm vom Arbeitgeber gewährten Sachleistungen aufzukommen hat (BAG Urteil vom 2. Februar 1959 - 2 AZR 275/58 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Sachbezüge). Ist der Wert der Sachleistung nach den gesetzlichen Bestimmungen höher als der tariflich vorgesehene Betrag anzusetzen oder ändern sich die gesetzlichen Vorschriften während der Laufzeit des Tarifvertrages, so ist durch Auslegung der tariflichen Bestimmungen zu ermitteln, ob die erhöhte Abgabenlast den Arbeitnehmer, den Arbeitgeber oder beide anteilig treffen soll.

Die Auslegung der maßgebenden tariflichen Bestimmungen des TVAL II hinsichtlich des Einbehalts für die Zurverfügungstellung der Unterkunft führt zu dem Ergebnis, daß der Kläger von der Beklagten nicht über den jeweils tariflich vorgesehenen Betrag hinaus in Anspruch genommen werden durfte. Dabei kann offen bleiben, ob seine Unterkunft in der Kaserne überhaupt als "Wohnung" im Sinne der Sachbezugsverordnung zu bewerten ist, woran erhebliche Zweifel bestehen, und ob gegebenenfalls der einbehaltene Betrag niedriger als der bei einer Bewertung nach der Sachbezugsverordnung anzusetzende Betrag ist. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich für die Zivilen Arbeitsgruppen/Dienstgruppen abschließend geregelt, in welchem Umfang die Arbeitnehmer für die ihnen zur Verfügung gestellten Unterkünfte in Anspruch genommen werden dürfen. Dies folgt aus dem Tarifwortlaut, der die Höhe des jeweiligen Einbehalts eindeutig festlegt.

Sollte tatsächlich die Unterkunft als Sachleistung von den zuständigen Finanzbehörden oder Sozialversicherungsträgern höher bewertet und deshalb höhere Abgaben verlangt werden, wofür nach dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte vorliegen, so wäre diese höhere Abgabenlast nach den tariflichen Bestimmungen gegebenenfalls von der Beklagten allein zu tragen. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Die Unterkünfte für die Zivilen Arbeitsgruppen/Dienstgruppen dienen, worauf auch die Beklagte verwiesen hat, militärischen Zwecken. Es handelt sich um Räume in Kasernen, die von den Arbeitnehmern in der Regel während ihrer Bereitschaftsdienstzeiten belegt werden. Sie unterliegen allein dem Verfügungsrecht des militärischen Vorgesetzten. Ihre Benutzung ist entsprechend den militärischen Belangen erheblich eingeschränkt. So dürfen keine Besucher empfangen werden. Die Aufbewahrung von Speisen und Getränken ist untersagt. Ebenso dürfen elektrische Geräte nicht benutzt werden. Außerdem steht dem Dienstvorgesetzten ein Belegungsrecht mit einer weiteren Person zu, wenn die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer erfolgt. Diesen Einschränkungen kann eine Bewertung der Unterkunft nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, nach denen die Werte in der Sachbezugsverordnung orientiert sind, nicht ausreichend Rechnung tragen. Sie ist insbesondere schon deshalb nicht sachgerecht, weil z. B. der Arbeitnehmer nicht wählen kann, welchen Raum mit welcher Quadratmeterzahl er als Unterkunft beanspruchen möchte, sondern ihm dieser von dem militärischen Dienstvorgesetzten zugewiesen wird. Insoweit folgt aus den von den Parteien herangezogenen einschlägigen Richtlinien der Stationierungsstreitkräfte auch nur, daß einem Arbeitnehmer ein Mindestraum von 6 qm bzw. 6,5 qm zur Verfügung stehen soll. Im Tarifvertrag kommt jedoch nicht zum Ausdruck, daß der von den Tarifvertragsparteien für die Unterkunft festgelegte Einbehalt an dieser Mindestgröße orientiert ist. Dies wäre auch im Hinblick darauf, daß dem Arbeitnehmer die Wahl des Zimmers gerade nicht freisteht, eine sachfremde Regelung. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit hinsichtlich der Festsetzung des Einbehaltsbetrages nur danach differenziert, ob die Unterbringung allein oder mit weiteren Personen zusammen erfolgt. Wie die Erhöhung der tariflichen Sätze für die Unterkunft zeigt, haben die Tarifvertragsparteien auch auf eine angemessene Bewertung Bedacht genommen und diese nach einer Übergangszeit ab 1. Januar 1982 den Stationierungsstreitkräften allein durch die Aufstellung entsprechender Richtlinien überlassen. Bis zum Inkrafttreten dieser Richtlinien ist der von ihnen tariflich festgesetzte Betrag als Obergrenze für die Belastung des Arbeitnehmers anzusehen.

Diese Auslegung ergibt sich nicht nur aus dem Tarifwortlaut, sondern auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. So haben die Tarifvertragsparteien in Ziffer 13 b) des Anhangs Z bestimmt, daß ein Lohnabzug für die Unterkunft entfällt, wenn der Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen die Unterkunft in Anspruch nehmen muß. Daraus folgt, daß die Inanspruchnahme der Unterkunft in diesen Fällen zu keiner Verringerung des Lohnanspruchs des Arbeitnehmers führen darf. Würde die Unterkunft von den zuständigen Stellen als Sachleistung angesehen werden, so hätte allein die Beklagte die entsprechenden Lasten zu tragen. Durch diese Regelung wird die Auslegung von Ziffer 13 a) des Anhangs Z bestätigt, nach der die Tarifvertragsparteien verbindlich die Höhe des für die Unterkunft vom Arbeitnehmer einzubehaltenden Betrages festgelegt haben.

Dem Kläger steht damit für das Jahr 1980 ein Betrag von 832,51 DM netto zu. Im Jahre 1981 wurde sein Nettogehalt zu Unrecht um 917,28 DM verringert. Unstreitig wurde dem Kläger jedoch für das Jahr 1981 ein Betrag von 416,12 DM erstattet, den er sich auf seine Klageforderung anrechnen lassen muß. Damit verbleibt für die Jahre 1980 und 1981 ein Betrag von 1.333,67 DM netto. Für die Monate Januar und Februar 1982 ergibt sich ein Betrag von 148,93 DM netto abzüglich des erstatteten Betrages in Höhe von 78,28 DM netto, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von 70,65 DM netto. Dem Kläger stehen Prozeßzinsen nach §§ 288, 291 BGB zu.

Der Kläger hat seine Ansprüche bereits mit Schreiben vom 5. Juni 1978 geltend gemacht, nachdem die Beklagte erstmals im Mai 1978 den vom Kläger beanstandeten Lohnabzug vorgenommen hatte. Die Ausschlußfrist nach § 49 TVAL II ist damit gewahrt. Anhaltspunkte für eine Verwirkung der Ansprüche sind im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Geltendmachung nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, aufgrund welcher Tatsachen ihr ein Zurückbehaltungsrecht oder Ansprüche auf Abtretung anderweitiger Forderungen zustehen könnten, die eine entsprechende Zug-um Zug-Verurteilung rechtfertigten.

Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit nicht schon von Amts wegen und auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil wegen des Verstoßes gegen § 308 ZPO aufzuheben war. Der Kläger kann gegenüber der Beklagten die ihm aus den Jahren 1978 und 1979 zustehenden Ansprüche nicht mehr geltend machen. Die Beklagte hat insoweit zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Ansprüche des Klägers auf rückständigen Lohn für das Jahr 1978 verjährten am 31. Dezember 1980 und für das Jahr 1979 am 31. Dezember 1981 (§ 196 Abs. 1 Nr. 8, §§ 201, 198 BGB). Der Kläger hat erst am 3. März 1982 seine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht (§ 209 BGB). Entgegen der Auffassung des Klägers wurde die Verjährung auch nicht nach § 208 BGB unterbrochen. Das Schreiben der Beklagten vom 25. November 1981, auf das sich der Kläger insoweit beruft, enthält keine Anerkennung seiner Forderungen. Dem Kläger wurde in diesem Schreiben nur mitgeteilt, daß die Sachbezugsverordnung gemäß dem Erlaß vom 23. Januar 1981 keine Anwendung mehr finde und die überzahlten Beträge erstattet würden. Diese Mitteilung läßt jedenfalls nicht den Schluß zu, daß die Beklagte sich zur Rückzahlung von Lohnabzügen verpflichten wollte, die nicht das Jahr 1981, sondern die Jahre 1978 und 1979 betrafen. Kommt ein entsprechender Verpflichtungswille der Beklagten in dem Schreiben vom 25. November 1981 nicht zum Ausdruck, konnte sie hinsichtlich der Forderungen aus diesen Jahren auch ohne Verstoß gegen Treu und Glauben die Einrede der Verjährung erheben.

Zwar hat der Kläger auch insoweit Revision eingelegt, als sein in der Berufungsinstanz gestellter Hilfsantrag zurückgewiesen worden ist. Der Hilfsantrag ist jedoch nur für den Fall der Ermittlung des Wertes der Unterkunft nach der Sachbezugsverordnung gestellt. Dies hat der Senat verneint, so daß über den Hilfsantrag, auch soweit der Kläger mit seiner Klage abgewiesen worden ist, nicht zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag

H. Pallas Wiese

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439147

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