Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Sozialplans
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 27.10.1987, 1 AZR 165/ 86.
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 23.01.1986; Aktenzeichen 5 (5) Sa 141/85) |
ArbG Kiel (Entscheidung vom 20.02.1985; Aktenzeichen 4c Ca 2197/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechnung eines HDW-Ausgleichsgeldes, das die Beklagte dem Kläger und vergleichbaren Arbeitnehmern nach den Bestimmungen eines Sozialplans vom 16. März 1976 zahlt.
Die Beklagte schloß mit den Betriebsräten ihrer Werke Kiel und Hamburg am 16. März 1976 eine als "Sozialplan" bezeichnete Betriebsvereinbarung, die in der Fassung einer Ergänzungsvereinbarung vom 26. November 1976 u.a. wie folgt lautet:
Präambel
Ein durch die Marktlage und die absehbare wirtschaftliche
Entwicklung der HDW bedingter Stellenüberhang
im Mitarbeiterkreis macht neben Durchführung
aller möglichen Versetzungs- und Umschulungsmaßnahmen
Entlassungen unumgänglich. Dem hierdurch
betroffenen Mitarbeiterkreis soll unter
bestimmten, in dieser Betriebsvereinbarung niedergelegten
Bedingungen ein Ausgleich gezahlt
werden, der im folgenden näher festgelegt wird.
Ziffer 3.7
Für Mitarbeiter ab Vollendung des 59. Lebensjahres
gilt die Sonderregelung unter Ziffer 4.
Ziffer 4.1.1
Mitarbeiter mit 5 Dienstjahren und mehr - immer
bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- erhalten neben der Arbeitslosenunterstützung
oder der Rente aus der Sozialversicherung
die BAV-Rente nach den gültigen
Richtlinien, beginnend ab Monatsbeginn nach dem
Ausscheiden, und ein HDW-Ausgleichsgeld auf der Basis
des Durchschnittsnettoverdienstes (s. Ziff. 4.1.3)
der letzten drei Monate ohne Einbeziehung des letzten
vollen Beschäftigungsmonats.
Ziffer 4.1.2
Das HDW-Ausgleichsgeld wird gekürzt, wenn 90 % des
Nettoeinkommens überschritten werden.
Das HDW-Ausgleichsgeld wird gezahlt bis zum Ablauf
des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird.
Ziffer 4.1.3
Nettoverdienstermittlung: ...
Ziffer 4.2
Eine Überprüfung der Höhe des HDW-Ausgleichsgeldes erfolgt
n u r beim Übergang von der Arbeitslosenunterstützung
zum vorgezogenen Altersruhegeld. Spätere
Rentenerhöhungen werden auf das HDW-Ausgleichsgeld
nicht angerechnet.
...
In einem Anhang zur Vereinbarung über den Sozialplan vom 16. März 1976 heißt es unter Ziffer 2:
Die HDW zahlt denjenigen Mitarbeitern, die keine
Arbeitslosenunterstützung oder Arbeitslosenhilfe
erhalten, neben der BAV-Rente das volle HDW-Ausgleichsgeld
bis zu 90 % des Nettoeinkommens, längstens
jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.
Das gleiche gilt, wenn der Mitarbeiter keine Zahlungen
aus der Rentenversicherung erhält, weil die
Grundvoraussetzung von 180 Beitragsmonaten nicht
erfüllt ist.
Mit Rücksicht auf die durch das Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 vom 1. Dezember 1981 ab 1. Januar 1983 - wieder - eingeführte Beitragspflicht der Betriebsrenten zur gesetzlichen Krankenversicherung vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat des Werkes Kiel am 19. April 1983 in einer "Protokollnotiz zum Sozialplan vom 16. März 1976" eine Neufassung der Ziffern 4.1.1 und 4.1.2 des Sozialplans, die wie folgt lautet:
4.1.1
Mitarbeiter mit fünf Dienstjahren und mehr
- immer bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses - erhalten neben der
Arbeitslosenunterstützung oder der Rente aus der
Sozialversicherung, beginnend ab Monatsbeginn
nach dem Ausscheiden, ein HDW-Ausgleichsgeld
auf der Basis des Durchschnittsverdienstes
(siehe Ziffer 4.1.3) der letzten drei Monate
ohne Einbeziehung des letzten vollen Beschäftigungsmonats.
Die BAV-Rente ruht bis zur Vollendung
des 65. Lebensjahres.
4.1.2
Das HDW-Ausgleichsgeld wird gekürzt, wenn 90 %
des Nettoeinkommens überschritten werden. Das
HDW-Ausgleichsgeld wird gezahlt bis zum Ablauf des
Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird.
Übersteigt die Rente aus der Sozialversicherung
zusammen mit dem errechneten Anspruch aus der
"Betrieblichen Altersversorgung" die 90 %-Grenze,
so wird die BAV-Rente gezahlt, wobei der Teil
bis zur Absicherung von 90 % im Rahmen des Sozialplanes
zu zahlen ist und der überschießende Betrag
zu Lasten der "Betrieblichen Altersversorgung".
Der 90 % übersteigende Betrag ist im Rahmen der
21. RAG-gebung beitragspflichtig.
Der am 6. März 1923 geborene Kläger war seit 1949 bei der Beklagten beschäftigt. Am 19. Mai 1983 vereinbarten die Parteien schriftlich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 1983. Im Aufhebungsvertrag heißt es u.a.:
Herr M
erhält nach den Bestimmungen des Sozialplans folgende
Leistungen:
1. Ein HDW-Ausgleichsgeld bis zu 90 % des durchschnittlichen
Nettoeinkommens der letzten drei
Monate, ohne Einbeziehung des letzten Beschäftigungsmonats.
Bei der Ermittlung des Ausgleichsgeldes
wird die Arbeitslosenunterstützung
- bezogen auf die Arbeitszeit bei Beendigung
des Arbeitsverhältnisses - bzw. die Rente
aus der Sozialversicherung angerechnet. Das
HDW-Ausgleichsgeld wird längstens bis zur Vollendung
des 65. Lebensjahres gezahlt.
Eine Überprüfung der Höhe des Ausgleichsgeldes
erfolgt nur beim Übergang von der Arbeitslosenunterstützung
zum vorgezogenen Altersruhegeld.
Das ist in der Regel nach 12 Monaten der Fall.
Herr M
verpflichtet sich, zum frühestmöglichen Zeitpunkt
das vorgezogene Altersruhegeld aus der
gesetzlichen Rentenversicherung zu beantragen
und den Rentenbescheid unverzüglich vorzulegen.
Die Vorlage dieses Bescheides ist Voraussetzung
für die Weiterzahlung des HDW-Ausgleichsgeldes
nach Ablauf der Arbeitslosenunterstützung.
Spätere Rentenerhöhungen werden auf das HDW-Ausgleichsgeld
nicht angerechnet.
Der Kläger war im Anschluß an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Juli 1984 arbeitslos. Mit Wirkung vom 1. August 1984 erhielt er das vorgezogene Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach dem Rentenbescheid beträgt die Rente des Klägers 1.786,20 DM monatlich. Dazu kommt ein Zuschuß des Rentenversicherungsträgers zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 8,8 % der Rente mit 157,19 DM. Von dem Gesamtbetrag wird der Beitrag des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner in Höhe von 11,8 % der Rente mit 210,77 DM in Abzug gebracht, so daß der monatliche Zahlbetrag 1.732,62 DM beträgt. Dieser ist um 53,58 DM niedriger als der Betrag der festgesetzten Rente.
Die Beklagte berechnete das HDW-Ausgleichsgeld des Klägers auf der Grundlage des monatlichen Rentenbetrages von 1.786,20 DM. Der Kläger ist der Ansicht, der Berechnung des Ausgleichsgeldes müsse der zur Auszahlung gelangende Betrag von 1.732,62 DM zugrunde gelegt werden, so daß das monatliche Ausgleichsgeld um 53,58 DM erhöht werden müsse. Er hat im vorliegenden Rechtsstreit mit entsprechenden Anträgen von der Beklagten die Zahlung dieses Differenzbetrages begehrt.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Das HDW-Ausgleichsgeld ist in Höhe der Differenz zwischen 90 % des maßgebenden Nettoverdienstes und dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden Betrag der Rente aus der Sozialversicherung zu berechnen.
1. Der Kläger hat Anspruch auf ein Ausgleichsgeld, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen des Sozialplans 1976 errechnet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich dieser Anspruch unmittelbar aus dem Sozialplan oder allein aus der Zusage der Beklagten im Aufhebungsvertrag vom 19. Mai 1983 ergibt. Auch in diesem Vertrag hat die Beklagte dem Kläger ein Ausgleichsgeld "nach den Bestimmungen des Sozialplans" zugesagt. Dieser Sozialplan enthält keine ausdrückliche Regelung der unter den Parteien allein streitigen Frage, ob bei der Berechnung des Ausgleichsgeldes vom festgesetzten Rentenbetrag oder von demjenigen Betrag auszugehen ist, der unter Berücksichtigung des vom Rentenversicherungsträger gezahlten Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag der Rentner nach Abzug des - höheren - Krankenversicherungsbeitrages des Rentners tatsächlich zur Auszahlung gelangt. Die Regelung des Sozialplans bedarf daher der Auslegung.
Das Landesarbeitsgericht ist auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Auslegung zu dem Ergebnis gekommen, der Sozialplan enthalte insoweit eine unbewußte Regelungslücke, deren Schließung den Gerichten verwehrt sei, vielmehr den Betriebspartnern vorbehalten bleiben müsse. Der Kläger könne daher zur Zeit kein höheres Ausgleichsgeld verlangen, als die Beklagte errechnet habe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
2. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß Betriebsvereinbarungen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie Tarifverträge und diese wiederum wie Gesetze auszulegen sind. Das gilt auch für die Auslegung eines Sozialplans, der ebenfalls eine Betriebsvereinbarung, wenn auch besonderer Art, ist (BAG Urteil vom 27. August 1975 - 4 AZR 454/74 - AP Nr. 2 zu § 112 BetrVG 1972). Danach ist maßgeblich auf den im Wortlaut der Betriebsvereinbarung zum Ausdruck gelangten Willen der Betriebspartner abzustellen und der von diesen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, soweit diese in den Regelungen der Betriebsvereinbarung noch ihren Niederschlag gefunden haben (BAG Urteil vom 11. Juni 1975, BAGE 27, 187 = AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung).
Eine Auslegung der Bestimmungen des Sozialplans über die Zahlung des Ausgleichsgeldes nach diesen Grundsätzen führt nicht zur Feststellung einer durch spätere Änderungen in der Rentengesetzgebung offenbar gewordenen unbewußten Regelungslücke, sie ergibt vielmehr, daß der Berechnung des Ausgleichsgeldes der tatsächlich zur Auszahlung kommende Betrag der Rente aus der Sozialversicherung zugrunde zu legen ist.
a) Nach Ziffer 4.1.1 und 4.1.2 des Sozialplans 1976 sollte der ausgeschiedene Arbeitnehmer mit Beginn des vorgezogenen Altersruhegeldes ein Ausgleichsgeld erhalten, das die Differenz zwischen der Rente aus der Sozialversicherung und einer eventuellen BAV-Rente und 90 % des maßgebenden Nettoverdienstes des Arbeitnehmers ausgleichen sollte. Diese Regelung ist zwar aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften nicht sofort erkennbar und mit letzter Klarheit ausformuliert worden, sie ergibt sich aber aus dem Sinn dieser Bestimmungen und ist unter den Parteien insoweit auch nicht streitig.
Im Zeitpunkt der Vereinbarung des Sozialplans 1976 entsprach der festgesetzte Betrag der Rente aus der Sozialversicherung dem auch tatsächlich zur Auszahlung gelangenden Betrag der Rente - von Abzügen aufgrund von Pfändungen oder Überleitungen abgesehen. Zwar war der Bezieher eines vorgezogenen Altersruhegeldes zu dieser Zeit schon krankenversicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, aus dem festgesetzten Rentenbetrag war jedoch kein Beitrag zur Krankenversicherung zu zahlen. Dieser wurde vielmehr unmittelbar von den Trägern der Rentenversicherung gemäß § 385 Abs. 2 RV0 getragen. Eine Berechnung des Ausgleichsgeldes auf der Grundlage des festgesetzten Rentenbetrages führte daher stets dazu, daß der ausgeschiedene Arbeitnehmer zusammen mit dem so berechneten Ausgleichsgeld, der Rente aus der Sozialversicherung und einer eventuellen BAV-Rente tatsächlich einen Betrag erhielt, der 90 % seines bisherigen maßgebenden Nettoverdienstes entsprach und ihm zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stand. Bei dieser Sachlage bestand für die Betriebspartner bei Abschluß des Sozialplans kein Anlaß, den Begriff der "Rente aus der Sozialversicherung" näher zu definieren. Seine Verwendung besagt daher nicht, daß mit ihm gerade der "festgesetzte Rentenbetrag" gemeint war.
b) Führte damit die vereinbarte Regelung schon bei einer ihrem Wortlaut entsprechenden Anwendung stets zu einer Unterhaltssicherung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers in Höhe von 90 % seines maßgebenden Nettoverdienstes, so ergibt sich darüber hinaus aus dem Sinn und Zweck der Regelung, der in dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen seinen Niederschlag gefunden hat, daß die Betriebspartner eine solche Unterhaltssicherung in Höhe von 90 % des maßgebenden Nettoverdienstes auch gewähren und sicherstellen wollten.
aa) Schon die Worte "Ausgleichsgeld auf der Basis des Durchschnittsnettoverdienstes" legen bei unbefangener Betrachtungsweise die Annahme nahe, daß die genannten anderen Leistungen, die Rente aus der Sozialversicherung und die BAV-Rente, bis zu einem Nettoverdienst ausgeglichen werden sollen. Dann ist es aber nur folgerichtig, daß auch die anderen, auszugleichenden Leistungen jeweils mit ihrem Nettobetrag bei der Errechnung des Ausgleichsgeldes berücksichtigt werden. Für einen Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - mit einem Aufhebungsvertrag ein grundsätzlich unkündbares Arbeitsverhältnis aufgibt, ist für seine Entscheidung in erster Linie von Bedeutung, welcher Betrag ihm künftig zur Bestreitung seines Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung steht. Die genaue Höhe seiner späteren Rente aus der Sozialversicherung ist ihm beim Abschluß des Aufhebungsvertrages regelmäßig noch nicht bekannt, seinen Nettoverdienst hingegen kennt er zumindest annähernd. Jedenfalls weiß er, welchen Lebensstandard ihm sein bisheriger Nettoverdienst ermöglicht hat. Er kann übersehen, welche Einschränkungen eine Kürzung seines Nettoverdienstes um 10 % erforderlich machen wird. Diesen naheliegenden und notwendigen Überlegungen würde weitgehend der Boden entzogen, wenn die schließlich tatsächlich zur Verfügung stehenden Geldmittel doch nicht 90 % seines bisherigen Nettoverdienstes betragen, weil die anderen Leistungen nicht mit ihrem Auszahlungsbetrag, sondern mit einem unbekannten Rechnungsbetrag berücksichtigt werden.
bb) Die Absicht der Betriebspartner, den ausscheidenden Arbeitnehmern tatsächlich 90 % des maßgebenden Nettoverdienstes zu sichern, folgt auch aus dem Anhang zum Sozialplan 1976. Hier wird bestimmt, daß diejenigen Mitarbeiter, die überhaupt kein Arbeitslosengeld, keine Arbeitslosenhilfe oder keine Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, gleichwohl das "volle HDW-Ausgleichsgeld" bis zu 90 % des Nettoeinkommens erhalten. Damit war für alle Arbeitnehmer deutlich gemacht, daß ihnen 90 % ihres maßgebenden Nettoverdienstes unabhängig davon zur Verfügung stehen werden, ob sie überhaupt Leistungen aus der Arbeitslosen- oder Rentenversicherung erhalten. Sie konnten daher auch annehmen, daß ihnen 90 % ihres Nettoeinkommens unabhängig davon zur Verfügung stehen würden, in welcher tatsächlichen Höhe sie eine Rente aus der Sozialversicherung erhalten werden.
cc) Die Absicht der Betriebspartner, den ausgeschiedenen Arbeitnehmern durch das Ausgleichsgeld 90 % ihres maßgebenden Nettoverdienstes tatsächlich zu gewähren, wird auch durch ihr späteres Verhalten, wie es in der sogenannten Protokollnotiz zum Sozialplan vom 19. April 1983 seinen Niederschlag gefunden hat, bestätigt. Mit der darin vereinbarten Regelung haben die Betriebspartner darauf reagiert, daß mit Wirkung vom 1. Januar 1983 die BAV-Rente beitragspflichtig zur Krankenversicherung der Rentner wurde. Sie haben bestimmt, daß der Anspruch auf die BAV-Rente, soweit diese mit anderen Bezügen nicht 90 % des bisherigen Nettoverdienstes überschritt, ruht und an deren Stelle das HDW-Ausgleichsgeld gezahlt wird, das der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nicht unterliegt. Sie haben dadurch sichergestellt, daß dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nach wie vor 90 % seines maßgebenden Nettoverdienstes tatsächlich zur Verfügung stehen und dieser Betrag nicht um die auf die BAV-Rente anfallenden Beiträge zur Krankenversicherung gemindert wird. Daß hinsichtlich der aus der Rente der Sozialversicherung zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge keine entsprechende Regelung getroffen worden ist, steht dieser Deutung nicht entgegen, besagt jedenfalls nicht zwingend, daß nach den Vorstellungen der Betriebspartner der Berechnung des Ausgleichsgeldes ursprünglich die Bruttobeträge der Rente aus der Sozialversicherung und der BAV-Rente zugrunde zu legen seien. Das Untätigbleiben der Betriebspartner insoweit kann seinen Grund auch darin haben, daß sie als selbstverständlich davon ausgingen, daß die Rente aus der Sozialversicherung ohnehin mit ihrem jeweiligen Auszahlungsbetrag zu berücksichtigen sei. Darüber hinaus entsprach am 19. April 1983 der Auszahlungsbetrag der Rente aus der Sozialversicherung noch dem festgestellten Rentenbetrag, da der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner noch durch den Beitragszuschuß des Rentenversicherungsträgers voll gedeckt wurde. Erst mit dem 1. Juli 1983 erfolgte eine erste Absenkung des Beitragszuschusses um 1 %. Diese Regelung war zwar schon am 19. April 1983 bekannt, den Betriebspartnern aber möglicherweise nicht bewußt.
dd) Dem Verständnis der Regelungen des Sozialplans über die Berechnung des HDW-Ausgleichsgeldes auf der Basis des Rentenauszahlungsbetrages steht schließlich nicht entgegen, daß damit der Beklagten ein unkalkulierbares Risiko auferlegt wird, das sie zu keiner Zeit übernehmen wollte und konnte. Auch wenn das Ausgleichsgeld auf der Grundlage des festgestellten Rentenbetrages zu berechnen wäre, war die Höhe des zu zahlenden Ausgleichsgeldes für die Beklagte nicht im voraus kalkulierbar. Es war und blieb abhängig von der Höhe des vorgezogenen Altersruhegeldes, das der jeweilige Arbeitnehmer bezog. Dieses war der Beklagten weder bei Abschluß des Sozialplans noch bei Abschluß der jeweiligen Aufhebungsverträge bekannt, da die Rentenzahlung regelmäßig erst ein Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einsetzte und die Rente erst zu diesem Zeitpunkt abschließend festgestellt wurde. Die Höhe des zu zahlenden Ausgleichsgeldes war daher auch nach der von der Beklagten vertretenen Auslegung des Sozialplans von einem Datum abhängig, dessen Größe erst nach Abschluß des Aufhebungsvertrages endgültig feststand. Hätte der Gesetzgeber die Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner nicht durch einen individuellen - zunächst bezuschußten - Krankenversicherungsbeitrag der Rentner, sondern dadurch zu verbessern gesucht, daß er die pauschale Beitragsleistung der Rentenversicherungsträger an die Krankenversicherung auf Kosten einer Rentenanpassung erhöht, wäre die Beklagte auch bei der von ihr vertretenen Auslegung der Bestimmungen über die Berechnung des Ausgleichsgeldes in gleicher Weise belastet worden.
Die Beklagte hat in Ziffer 4.2 des Sozialplans ihr aus dem späteren Schicksal der Rente aus der Sozialversicherung folgendes Risiko ausgeschlossen. Die Höhe des Ausgleichsgeldes wird beim erstmaligen Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes abschließend für die gesamte Bezugszeit berechnet. Änderungen im Rentenrecht nach diesem Zeitpunkt gehen daher nicht zu Lasten der Beklagten. Unkalkulierbar und von der Beklagten nicht beeinflußbar bleiben daher nur Änderungen im Rentenrecht, die zwischen dem Abschluß des Aufhebungsvertrages und dem Beginn des vorgezogenen Altersruhegeldes eintreten. Dieses Risiko hat - wie dargelegt - die Beklagte ohnehin übernommen.
3. Der Berechnung des HDW-Ausgleichsgeldes zum vorgezogenen Altersruhegeld ist daher der Auszahlungsbetrag der Rente aus der Sozialversicherung zugrunde zu legen, auch wenn dieser infolge des vom Rentner zu tragenden und vom Zuschuß des Rentenversicherungsträgers nicht mehr voll abgedeckten Beitrages zur Krankenversicherung der Rentner geringer ist als der festgestellte Rentenbetrag. Damit erweist sich die Revision des Klägers als begründet, und es war das Urteil des Arbeitsgerichts wiederherzustellen, wobei der Senat den Tenor der Entscheidung dem eigentlichen Begehren des Klägers entsprechend klarstellend umformuliert hat. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZP0.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Kehrmann Heisler
Fundstellen