Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen Eheschließung mit einem geschiedenen Mann
Leitsatz (redaktionell)
1. Einer bei einem katholischen Missionsgymnasium beschäftigten katholischen Lehrerin kann aus personenbedingten Gründen iS des § 1 Abs 2 KSchG ordentlich gekündigt werden, wenn sie einen geschiedenen Mann heiratet.
2. Zur Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer derartigen ordentlichen Kündigung bedarf es allerdings einer an den Besonderheiten des Einzelfalles orientierten umfassenden Interessenabwägung, in deren Rahmen das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirche (Art 140 GG iVm Art 137 Abs 3 WRV) gegenüber den Grundrechten des Arbeitnehmers (zB Art 6 Abs 1 GG) abzuwägen ist.
Orientierungssatz
Ordentliche Kündigung einer an einem katholischen Missionsgymnasium beschäftigten katholischen Lehrerin für Mathematik und Geographie wegen Eheschließung mit einem geschiedenen Mann.
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 17.12.1982; Aktenzeichen 10 Sa 95/82) |
ArbG Lingen (Entscheidung vom 22.07.1982; Aktenzeichen 1 Ca 356/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer durch den beklagten Verein ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vom 13. Mai 1982.
Der Beklagte, ein eingetragener Verein, bei welchem lediglich Franziskaner-Mönche Mitglied werden können, ist Träger des katholischen Missions-Gymnasiums St. A in B. An dieser Schule unterrichten neben 12 Franziskaner-Mönchen 28 römisch- katholische, 2 syrisch-katholische, 1 anglikanischer und 8 evangelische Lehrer. Von den Schülern sind etwa 80 % katholisch, etwa 20 % evangelisch. Alle Schüler müssen ohne Befreiungsmöglichkeit am einheitlich erteilten Religionsunterricht teilnehmen. Die Schulleitung liegt in den Händen eines Franziskaner-Mönches.
Die im Jahre 1956 geborene Klägerin ist römisch-katholisch. Sie war am Missions-Gymnasium in B seit dem 1. August 1981 entsprechend ihrer Lehrbefähigung als Lehrerin in den Fächern Mathematik und Geographie im Sekundarbereich I mit einem Monatsgehalt von ca. 3.000,-- DM beschäftigt. Sie war Klassenlehrerin einer fünften Klasse. Die ihr seinerzeit gegebene Möglichkeit, in den staatlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen zu treten, schlug sie zugunsten der Beschäftigung bei dem Beklagten aus; denn sie hoffte, ihrem großen Interesse an religiösen Fragestellungen gemäß eher an einer katholischen als an einer staatlichen Schule arbeiten zu können. In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen schriftlichen Anstellungsvertrag vom 16. September 1981 heißt es u.a.:
"......
§ 2
Frau H verpflichtet sich, den Dienst mit
voller Hingabe zu versehen, die Vorbereitungen
und die Korrekturarbeiten pünktlich und gewissen-
haft gemäß den Weisungen der Schulleitung wahr-
zunehmen. Sie ist gewillt und erklärt sich bereit,
ihre gesamte Unterrichtstätigkeit und Erziehungs-
arbeit im Geiste der vom Schulträger und der
Schule erstrebten Bildungsziele zu leisten.
......
§ 7
......
Der Schulträger kann diesen Vertrag ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist kündigen, wenn ein wichtiger
Grund im Sinne des § 626 BGB vorliegt. Als wich-
tige Gründe werden von beiden Vertragspartnern
insbesondere anerkannt:
a) schwere Verfehlungen gegen dienstliche und
außerdienstliche Pflichten eines Lehrers sowie
gegen die Treuepflicht zwischen den Vertrags-
partnern,
b) schwere Verstöße gegen die Grundsätze der Er-
ziehungsarbeit und der Bildungsziele des Schul-
trägers und der Schule,
c) ......"
Am 5. Januar 1982 heiratete die Klägerin standesamtlich einen geschiedenen, der römisch-katholischen Kirche angehörenden Mann, der in erster Ehe mit einer ebenfalls römisch-katholischen Frau verheiratet war. Aus der ersten, auch kirchlich geschlossenen Ehe entstammt ein 1976 geborenes Kind, für das der Ehemann der Klägerin zu sorgen hat. Dieser ist schwerbehindert mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. und bezieht ein Einkommen von etwa 1.700,-- DM. Vor Ausspruch der Kündigung hatte die zuvor in M wohnhafte Klägerin mit ihrer Familie zum 1. Juli 1982 eine Wohnung in G gemietet, um den Weg zu ihrer Arbeitsstelle abzukürzen.
Mit Schreiben vom 13. Mai 1982, der Klägerin zugegangen am 14. Mai 1982, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der vertraglich vorgesehenen Frist zum 31. Juli 1982. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin am 26. Mai 1982 Klage erhoben und die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Ihre standesamtliche Ehe mit einem katholisch getrauten, geschiedenen Partner rechtfertige eine Kündigung nicht. Der Schule gehe es nicht um katholische, sondern in erster Linie um christliche Erziehung. Das habe ihr auch der Schulleiter Pater R anläßlich des Einstellungsgesprächs erklärt. Ihre Lehrfächer seien in keiner Beziehung religiös geprägt. Die Haltung der Kirche gegenüber Geschiedenen sei in letzter Zeit auch innerhalb der Kirche in die Diskussion geraten. Weder Eltern und Schüler noch die nicht-geistlichen Lehrerkollegen hätten an der Eheschließung Anstoß genommen. Der Beklagte habe es unterlassen, mit ihr ein klärendes Gespräch zu führen. Der angegebene Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben; denn sie habe die Verehelichung bereits am 11. Januar 1982 angezeigt, ohne daß der Beklagte irgend ein Interesse für die Person ihres Gatten gezeigt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten
vom 13. Mai 1982 zum 31. Juli 1982 unwirksam
ist und das Dienstverhältnis über den 1. August
1982 hinaus ungekündigt fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Kündigung sei wegen des Verhaltens der Klägerin gerechtfertigt. Er verliere seine Glaubwürdigkeit als katholische Einrichtung, wenn er eine katholische Lehrerin beschäftige, die gegen wesentliche Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verstoße. Bei dem Einstellungsgespräch sei der Klägerin gesagt worden, daß die private Lebensführung mit dem Bildungsziel der Schule nicht in Widerspruch stehen dürfe. Bei einer nach außen als ausgesprochen katholisch auftretenden Institution wie dem Beklagten könne mit Erziehungsarbeit im Geiste der vom Schulträger und der Schule erstrebten Bildungsziele nur eine katholische Erziehungsarbeit gemeint sein. Das habe die Klägerin, die bisher gut katholisch gewesen sei, auch gewußt. Einige Eltern hätten bereits ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, daß eine Lehrerin beschäftigt werden solle bzw. beschäftigt worden sei, die nach katholischer Sittenlehre ehebrecherisch lebe. Ein großer Teil der Eltern halte eine so gravierende Differenz zwischen Glaubensanspruch und Glaubenswirklichkeit für unerträglich. Als der Beklagte von der Ehe der Klägerin mit einem geschiedenen Mann erfahren habe, sei die Kündigung alsbald erfolgt.
Jedenfalls müsse - so meint der Beklagte - das Arbeitsverhältnis gerichtlich aufgelöst werden, da eine Weiterbeschäftigung der Klägerin zu erheblicher Unruhe bei vielen Eltern, Schülern und Lehrern führen würde.
Der Beklagte hat deshalb hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Die Klägerin hat Zurückweisung dieses Antrags begehrt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, der Auflösungsantrag sei unbegründet. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter, während der Beklagte Zurückweisung der Revision, hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Kündigung des Beklagten vom 13. Mai 1982 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 31. Juli 1982 aufgelöst hat. Die ordentliche Kündigung des Beklagten ist aus personenbedingten Gründen im Sinne des § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Durch die standesamtliche Eheschließung mit einem geschiedenen Mann hat sich die Klägerin für die vertraglich übernommene Lehr- und Erziehungsaufgabe an der Schule des Beklagten ungeeignet gemacht.
I. Der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 KSchG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien steht die durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) verfassungsrechtlich garantierte Kirchenautonomie nicht entgegen.
1. Nach Art. 137 Abs. 3 WRV sind nicht nur die organisierte Kirche und deren rechtlich selbständigen Teile, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Sinn oder ihrer Aufgabe entsprechend dazu berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfGE 46, 73, 85 ff. = AP Nr. 1 zu Art. 140 GG, zu B II 2 a der Gründe; BVerfGE 53, 366, 391 ff. = AP Nr. 6 zu Art. 140 GG, zu C I 2 der Gründe). Nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche beschränkt sich die Religionsausübung nicht auf den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes; sie umfaßt auch die Freiheit und die Aufgabe, sich entsprechend ihrem missionarisch-diakonischen Auftrag in der Welt zu entfalten (BAG 29, 405, 410 = AP Nr. 10 zu § 118 BetrVG 1972, unter III 1 der Gründe; BAG 30, 247, 252 = AP Nr. 2 zu Art. 140 GG, unter A 2 der Gründe; BAG Urteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 1151/78 - AP Nr. 4 zu Art. 140 GG, unter B I der Gründe; BAG 34, 195, 203 = AP Nr. 7 zu Art. 140 GG, unter B II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 21. Oktober 1982 - 2 AZR 591/80 - AP Nr. 14 zu Art. 140 GG, unter B I 1 der Gründe; Urteil vom 30. Juni 1983 - 2 AZR 524/81- zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, unter A I 1 der Gründe; Senatsurteil vom 23. März 1984 - 7 AZR 249/81 - insoweit zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, unter I 3 c aa der Gründe).
2. Der Beklagte nimmt als Träger des Missionsgymnasiums St. an der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kirchenautonomie teil. Die von der Kirche getragene schulische Erziehung gehört nach kirchlichem Selbstverständnis als Beitrag zur Bildung des ganzen Menschen, gerade auch in religiöser und sittlicher Hinsicht, zu den der Kirche eigentümlichen Angelegenheiten. Diese Erziehung ist Wesens- und Lebensäußerung der Kirche (BAG Urteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 1151/78 - AP Nr. 4 zu Art. 140 GG, aaO). Das drückt sich äußerlich insbesondere in dem obligatorischen katholischen Religionsunterricht und der nicht unerheblichen Beteiligung der Franziskaner am allgemeinen Unterricht aus. Der Beklagte ist zwar der Kirche nicht inkorporiert, also nicht Teil der amtskirchlichen Organisation, aber ihr doch so zugeordnet, daß er an der Verwirklichung eines Stücks Auftrag der Kirche im Geist katholischer Religiosität teil hat. Dem entspricht auch die enge institutionelle Verknüpfung zum Franziskanerorden, der selbst in diesem Sinne zur katholischen Kirche gehört.
Die Beschäftigung einer Reihe von Lehrern, die anderen christlichen Kirchen angehören, steht durchaus im Einklang mit den Erziehungs- und Bildungszielen einer katholischen Schule in privater Trägerschaft (vgl. BAG Urteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 1151/78 - AP Nr. 4 zu Art. 140 GG, unter B II 2 der Gründe). Hieraus ergibt sich nur, daß der Beklagte im Zeichen ökumenischer Bestrebungen auch Mitglieder einer anderen christlichen Kirche für geeignet hält, an der Verwirklichung der Bildungsziele der Schule mitzuwirken, wenn sie den besonderen Charakter der Schule als katholisches Missionsgymnasium tolerieren. Da die Schulleitung und damit die Befugnis zur Unterrichtseinteilung bei den Franziskanern liegt, diese selbst einen Teil des Unterrichts durchführen, ganz überwiegend katholische Lehrer beschäftigt werden und auch die nicht katholischen Lehrer auf die Erziehungs- und Bildungsziele der Schule verpflichtet werden, kann an dem katholischen Gesamtcharakter der von dem Beklagten betriebenen Schule nicht gezweifelt werden. Auch die Aufnahme von evangelischen Schülern (in Höhe von etwa 20 v.H.) vermag nichts an der kirchlichen Zuordnung der vom Beklagten betriebenen Privatschule zu ändern. Glaubensverkündung der Kirche sowie die Verwirklichung von katholischen Erziehungsidealen betreffen gerade auch die Darstellung des katholischen Glaubens gegenüber Nichtkatholiken. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann das vom Beklagten in freier Trägerschaft betriebene Missionsgymnasium nicht als "lediglich christliche" Einrichtung verstanden werden. Eine von Franziskanern geführte katholische Privatschule ist nicht lediglich dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" des christlichen Gedankenguts verpflichtet. Die Ausrichtung der Erziehung an den Glaubens- und Wertvorstellungen der katholischen Kirche gehört zum Wesen einer derartigen Missionsschule. Der missionarische Auftrag der Schule zeigt sich auch darin, daß aus den von dem Beklagten betriebenen Schulen in B und Me seit 1922 zahlreiche Ordensangehörige hervorgegangen sind (vgl. das Faltblatt "Franziskaner im Nordosten"). Das Landesarbeitsgericht hat daher zu Recht angenommen, daß der Beklagte als Träger des von ihm betriebenen Missionsgymnasiums in B an der verfassungsrechtlich garantierten Kirchenautonomie teilnimmt.
3. Das Recht zur selbständigen Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten steht der Kirche gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV jedoch nur "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. die Nachweise in dem Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 1982, aaO, unter B I 3 der Gründe; Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juni 1983, aaO, unter A I 3 der Gründe; Senatsurteil vom 23. März 1984, aa0) sind die Kirchen trotz ihrer Autonomie an das für alle geltende Arbeitsrecht gebunden, wenn sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Personen in abhängiger Stellung als Arbeitnehmer beschäftigen, und zwar auch dann, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Bindung an den übergeordneten Auftrag der Kirche ausgeführt wird. Demzufolge gelten für Arbeitnehmer im Kirchendienst die staatlichen Vorschriften über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die besonderen in der Kirchenautonomie begründeten Belange des kirchlichen Arbeitgebers sind jeweils im Rahmen der für die ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG und für die außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen.
II. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine ordentliche Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Im Streitfall ist die ordentliche Kündigung des Beklagten aus personenbedingten Gründen (Fortfall der persönlichen Eignung) sozial gerechtfertigt.
Das Landesarbeitsgericht hat Kündigungsgründe im Verhalten bzw. in der Person der Klägerin bejaht, weil die Klägerin seit dem 5. Januar 1982 gegen den katholischen Grundsatz von der Unauflösbarkeit der Ehe verstoße. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führe zu dem Ergebnis, daß dem Verlangen des Beklagten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Vorrang vor dem Wunsch der Klägerin nach Fortführung der Beschäftigung gebühre. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei gemäß den §§ 2 und 7 des Arbeitsvertrages und darüber hinaus schon aus dem Wesen einer katholischen Missionsschule nicht nur die Verpflichtung zur Lebensführung nach allgemein christlichen Grundsätzen eingegangen, sondern habe auch spezifischen katholischen Glaubensvorstellungen Rechnung zu tragen. Zu den Bildungsidealen eines ausschließlich von katholischen Mönchen gebildeten Vereines gehöre die glaubhafte Vermittlung von der Unauflöslichkeit einer wirksam geschlossenen Ehe. Die Klägerin habe auch als Lehrerin in den weltanschaulich weitgehend indifferenten Fächern Mathematik und Geographie und verstärkt als Klassenlehrerin in der katholischen Erziehungsarbeit des Beklagten gestanden. Die Klägerin könne den Grundsatz von der Unauflöslichkeit der Ehe in ihrer Erziehung nicht glaubhaft vermitteln, wenn sie sich persönlich dahin entschieden habe, einen nach katholischem Selbstverständnis noch verheirateten Mann standesamtlich zu heiraten und mit diesem zusammenzuleben. Der Beklagte gerate in die Gefahr, mit seinen propagierten Erziehungszielen unglaubwürdig zu werden, wenn er eine derartige Lebensführung hinnehme. Auf das Einstellungsgespräch komme es nicht an, da der Klägerin als akademisch gebildeter Katholikin die Bedeutung des Begriffs "christlich" als "katholisch" hätte bewußt sein müssen. Der Kenntnisstand des Beklagten und sein Motiv bei Ausspruch der Kündigung seien angesichts des Kündigungsgrundes unerheblich. Selbst wenn der Ehemann der Klägerin die Möglichkeit hätte, seine erste Ehe kirchenrechtlich annullieren zu lassen, so hätte dies erst nach Jahren mit Rechtskraft des kirchenrechtlichen Spruches Wirkung. Die Kündigung verstoße entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht gegen Art. 12 GG.
Bei der Interessenabwägung sei neben einer Reihe von Gesichtspunkten, die zum Teil für die Klägerin sprächen, von entscheidender Bedeutung, daß der Beklagte seine Glaubwürdigkeit bewahren müsse. Er könne aus seiner grundsätzlichen Einstellung heraus keinen Lehrer beschäftigen, der offen gegen einen immer noch bestehenden Grundsatz der amtlichen katholischen Glaubenslehre verstoße. Den Schülern gegenüber müsse der Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe als relativ unwichtig erscheinen, wenn der katholische Schulträger einen gegen diese Lehre verstoßenden Erzieher weiterhin, und damit möglicherweise noch für mehrere Jahrzehnte beschäftige.
III. 1. Soweit dieser Würdigung tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, ist der Senat hieran nach § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, weil die Klägerin keine durchgreifenden Verfahrensrügen im Sinne von § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO erhoben hat.
Wenn die Revision meint, es komme eine Verletzung des § 139 ZPO insoweit in Betracht, als das Berufungsgericht die §§ 148 ff., insbesondere § 151 ZPO nicht berücksichtigt habe, so liegt darin keine zulässig erhobene Verfahrensrüge. Selbst wenn man die Revision dahin versteht, sie wolle die Verletzung des § 139 ZPO rügen, weil das Berufungsgericht nicht auf die Möglichkeit der kirchlichen Annullierung der ersten Ehe des Ehemannes der Klägerin hingewiesen habe, läge keine zulässige Verfahrensrüge vor; denn die Revision trägt nicht vor, welche Tatsachen die Klägerin vorgetragen hätte, die zu einer Annullierung hätten führen können. Die Verfahrensrüge ist im übrigen auch unbegründet, denn das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß eine spätere kirchenrechtliche Annullierung der ersten Ehe des Ehemannes der Klägerin kündigungsschutzrechtlich unbeachtlich sei. Maßgeblich für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Zeitpunkt, in dem die Kündigung dem Arbeitnehmer zugeht (vgl. BAG Urteil vom 23. Juni 1983 - 2 AZR 15/82 - AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG Urteil vom 24. März 1983 - 2 AZR 21/82 - AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
2. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf nachgeprüft werden kann, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, ob bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob bei der Interessenabwägung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 1, 99 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG; BAG 1, 117 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG; seitdem ständige Rechtsprechung). Bei Anwendung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil der revisionsrechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 30, 247, 256; 34, 195, 204 = AP Nr. 2 und 7 zu Art. 140 GG sowie weitere Nachweise in dem Urteil vom 21. Oktober 1982, aaO, unter B II 2 a der Gründe; zuletzt Senatsurteil vom 23. März 1984 - 7 AZR 249/81 - aaO, unter I 3 c bb der Gründe) können die Kirchen kraft ihres Selbstbestimmungsrechts in ihren karitativen und erzieherischen Einrichtungen die von ihrer Sendung her gebotenen Voraussetzungen für die Loyalitätsobliegenheiten der im kirchlichen Dienst tätigen, an der Verkündigung - wenn auch abgestuft - teilhabenden Arbeitnehmer festlegen. Das folgt aus der zur Vermeidung der Unglaubwürdigkeit der Kirche gebotenen Untrennbarkeit von Dienst und Verkündigung im karitativen und erzieherischen Bereich. Bei der Arbeit im Dienste kirchlicher Einrichtungen, jedenfalls soweit sie das kirchliche Selbstverständnis verwirklichen, stehen zwei Aspekte nebeneinander: Das Vertrauensmoment zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses und das Ansehen sowie die Glaubwürdigkeit der kirchlichen Einrichtung allgemein und gegenüber denen, die sie in Anspruch nehmen. Der Träger einer kirchlichen Einrichtung kann darauf bestehen, daß die für ihn handelnden Personen jene Grundsätze, die sie darstellen sollen, selbst beachten. Der Arbeitnehmer, der durch seine vertragliche Arbeitsleistung Funktionen der Kirche wahrnimmt und an der Erfüllung ihres Auftrags mitwirkt, macht sich für die Wahrnehmung der von ihm arbeitsvertraglich übernommenen Aufgaben ungeeignet, wenn er seine Lebensführung nicht so einrichtet, daß sie den grundlegenden Gesetzen der Kirche entspricht.
b) Eine derartige, auch in die private Lebensführung hineinreichende Loyalitätsobliegenheit ist nicht ohne weiteres mit jedem Arbeitsverhältnis zu einer kirchlichen Einrichtung verbunden. Nicht jede Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis zur Kirche hat eine solche Nähe zu spezifischen kirchlichen Aufgaben, daß der die Tätigkeit ausübende Arbeitnehmer mit der Kirche identifiziert wird, wenn er sich in seiner Lebensführung nicht an die tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre hält. Die Loyalitätsobliegenheiten entsprechen daher der übertragenen Aufgabe.
Gesteigerte Anforderungen an die private Lebensführung des Arbeitnehmers können vom Arbeitgeber nur gestellt werden, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückwirkungen auf das Arbeitsverhältnis mit sich bringt. An diesen allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsatz muß sich auch die Kirche halten, wenn sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Personen als Arbeitnehmer beschäftigt. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Kirchenautonomie, die nur in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes besteht, wird dadurch nicht berührt. Namentlich wird die Kirche nicht in der Erfüllung ihres Heilsauftrags in der Welt beschränkt. Soweit die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung es erfordert, kann sie auch von ihren Arbeitnehmern die Beachtung der wesentlichen Grundsätze ihrer Glaubens- und Sittenlehre verlangen. Diese differenzierte Sicht entspricht einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 34, 195 = AP Nr. 7 zu Art. 140 GG; Urteil vom 21. Oktober 1982, aaO, unter B II 2 b der Gründe; Urteil vom 30. Juni 1983, aaO, unter A III 2 der Gründe; Senatsurteil vom 23. März 1984, aa0).
Für die Frage, ob der kirchliche Arbeitgeber einem Arbeitnehmer besondere Loyalitätsobliegenheiten abverlangen kann, die dieser auch in seiner privaten Lebensführung zu beachten hat, kommt es daher auf die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit und ihre Nähe zu den spezifisch kirchlichen Aufgaben an. Es ist entscheidend darauf abzustellen, ob der diese Tätigkeit ausübende Arbeitnehmer mit der Kirche identifiziert wird und die Glaubwürdigkeit der Kirche durch einen Verstoß dieses Arbeitnehmers gegen wesentliche Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre bei einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers berührt wird.
4. a) Als Lehrerin wirkte die Klägerin unmittelbar an der Verwirklichung des Erziehungsziels des von dem Beklagten getragenen Gymnasiums und damit am missionarischen Auftrag der Kirche mit. Die Tätigkeit eines Lehrers beschränkt sich nicht auf die Vermittlung von Fachwissen, sondern umfaßt wesentlich auch erzieherische Aufgaben (z.B. Erziehung zu bestimmten Verhaltensweisen in der Familie, im Staat, in der Gesellschaft oder im kirchlichen Bereich). Der Senat verkennt nicht, daß der erzieherische Aspekt bei naturwissenschaftlichen Fächern nicht so sehr in den Vordergrund tritt wie bei geisteswissenschaftlichen Fächern. Während die Behandlung von religiösen oder ethischen Fragen bei geisteswissenschaftlichen Fächern unmittelbar mit der Vermittlung von Fachwissen verknüpft ist, fehlt bei den Naturwissenschaften zumeist ein unmittelbarer religiöser oder ethischer Bezug. Dies gilt insbesondere für das von der Klägerin gelehrte Fach "Mathematik". Demgegenüber betrifft das ebenfalls von der Klägerin unterrichtete Fach "Geographie" bereits Themenbereiche (z.B. Behandlung von einschlägigen Fragestellungen aus dem Bereich der Sozialgeographie in den Entwicklungsstaaten), bei denen Glaubens- und Wertvorstellungen in Familie, Kirche, Staat und Gesellschaft eine bedeutsame Rolle spielen. Der von der Klägerin zu erfüllende erzieherische Auftrag kommt weiterhin darin zum Ausdruck, daß sie nicht nur als Fachlehrerin, sondern auch als Klassenlehrerin im Sekundarbereich I eingesetzt worden ist. Insbesondere bei jüngeren Schülern kommt den mit Klassenlehreraufgaben betrauten Lehrkräften eine wichtige Leitbildfunktion bei der Vermittlung von Verhaltensmaximen innerhalb der Bereiche Familie, Staat, Gesellschaft und Kirche zu. Als Klassenlehrerin war die Klägerin daher voll in die Erziehungsarbeit der von dem Beklagten getragenen Schule einbezogen. Um glaubwürdig die von dem Schulträger verfolgten Erziehungs- und Bildungsvorstellungen vermitteln zu können, ist es erforderlich, daß die Lehrer nicht nur in Wort und Schrift versuchen, den Schülern bestimmte Glaubens- oder Wertvorstellungen nahe zu bringen. Der Erfolg in der Erziehungsarbeit einer Schule hängt maßgeblich davon ab, daß sich die Lehrer in ihren Verhaltensweisen an den von der Schule verfolgten grundlegenden Glaubens- und Wertvorstellungen orientieren. Einstellung und Handlungsweise der Lehrer bestimmen Geist und Glaubwürdigkeit der erzieherischen Einrichtung (vgl. BAG Urteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 1151/78 - AP Nr. 4 zu Art. 140 GG, unter B II 1 der Gründe, bei einer Fachlehrerin für Gymnastik und Textilgestaltung an einer katholischen Privatschule und BAG Urteil vom 3. November 1981 - 1 AZR 38/81 - unveröffentlicht, unter II der Gründe, bei einem Kunsterzieher an einer evangelischen Privatschule).
Als Lehrerin wirkte die Klägerin unmittelbar an der Verwirklichung des von dem Beklagten getragenen Missionsgymnasiums und damit am missionarischen Auftrag der Kirche mit. Wegen dieser Nähe zur Verkündigung hatte die Klägerin grundsätzlich auch ihre außerdienstliche Lebensführung so einzurichten, daß sie den tragenden Grundsätzen der Erziehungsarbeit und den grundlegenden Bildungszielen des Beklagten nicht widersprach.
b) Dem entspricht auch die Regelung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 16. September 1981. In den arbeitsvertraglichen Regelungen ist zwar nicht ausdrücklich festgelegt, daß die Klägerin ihre gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geist des katholischen Bildungsideals zu leisten hat. In § 2 des Arbeitsvertrages hat sich die Klägerin aber verpflichtet, ihre gesamte Unterrichtstätigkeit und Erziehungsarbeit im Geiste der vom Schulträger und der Schule erstrebten Bildungsziele zu leisten. Nach § 7 des Arbeitsvertrages sollten schwere Verfehlungen auch gegen außerdienstliche Pflichten und schwere Verstöße gegen die Grundsätze der Erziehungsarbeit und der Bildungsziele des Schulträgers und der Schule einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen. Angesichts des eindeutig katholisch geprägten Gesamtcharakters der von dem Beklagten getragenen Missionsschule bedeutet Bildung und Erziehungsarbeit nicht lediglich die pädagogisch-sittliche Formung des jungen Menschen in allgemein christlichem Geist. Mit ihr ist vielmehr religiöse Prägung im katholischen Sinne untrennbar verbunden. Die zitierten Regelungen des Arbeitsvertrags sollten die von dem Beklagten als Schulträger verfolgten Zielvorstellungen nicht einschränken, sondern gerade bestätigen. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Beklagte mit allen, d.h. auch mit den nicht der römisch-katholischen Kirche angehörenden Lehrern gleichlautende Arbeitsverträge abgeschlossen hat. Der Umstand, daß die Klägerin der römisch-katholischen Kirche angehört, bedeutet für sie, daß sie als katholische Lehrerin den besonderen Eignungserfordernissen einer katholischen Missionsschule nur dann genügt, wenn sie auch im außerschulischen Bereich den tragenden Glaubens- und Wertvorstellungen der katholischen Kirche Rechnung trägt. Bei den nicht der römisch-katholischen Kirche angehörenden Lehrern bestehen demgegenüber unterschiedliche Eignungsvoraussetzungen, die sich bereits aus der Zugehörigkeit zu einer anderen christlichen Kirche ergeben.
c) Die standesamtliche Ehe der Klägerin und ihr Zusammenleben mit einem geschiedenen katholischen Mann stellen einen schwerwiegenden und fortdauernden Verstoß gegen den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe dar, der nach wie vor zu den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre gehört (siehe hierzu schon ausführlich BAG 30, 247, 257 ff. = AP Nr. 2 zu Art. 140 GG, unter B II 1 - 3 der Gründe). Er wird in den Vorschriften des neuen kirchlichen Gesetzbuches, des Codex Juris Canonici von 1983, wiederum bekräftigt (CIC can. 1055, 1056, 1134 und insbesondere can. 1141, nach dem die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen Getauften durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden kann). Die in diesen kirchenrechtlichen Vorschriften zum Ausdruck gekommene Wertung ist für die staatlichen Gerichte bei der Feststellung dessen, was Inhalt der katholischen Glaubenslehre ist, maßgeblich. Das durch Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht bezieht sich auf die verfaßte katholische Kirche, die als solche nur durch ihre dazu berufenen Organe ihre Glaubens- und Sittenlehre gültig formulieren kann. Irgendwelche hiervon abweichende Lehrmeinungen katholischer Religionswissenschaftler sind für die staatlichen Gerichte unbeachtlich. Wegen der Bindung der staatlichen Gerichte an die hier einschlägigen Vorschriften des Kirchenrechts ist es daher entscheidungsunerheblich, daß der in verschiedenen kirchenrechtlichen Bestimmungen festgelegte Grundsatz von der Unauflöslichkeit der Ehe von einzelnen katholischen Religionswissenschaftlern in Frage gestellt oder gar abgelehnt wird. Die Eignungsvoraussetzungen einer katholischen Lehrerin sind an den Maßstäben zu messen, die das katholische Kirchenrecht in verbindlicher Weise für die staatlichen Gerichte festlegt. Bei der Verhaltensweise der Klägerin handelt es sich nicht nur um einen einmaligen Verstoß gegen kirchenrechtlich manifestierte Glaubensgrundsätze, sondern um einen Dauertatbestand, der zum Fortfall ihrer persönlichen Eignung als katholische Lehrerin an dem von dem Beklagten getragenen Missionsgymnasium geführt hat. Durch die Verhaltensweise der Klägerin gerät die vom Beklagten betriebene katholische Privatschule in Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit in der Vermittlung von wichtigen Glaubens- und Wertvorstellungen der katholischen Kirche zu verlieren. Zur glaubwürdigen Vermittlung des Grundsatzes der Unauflöslichkeit der Ehe gehört, daß die an einer katholischen Privatschule unterrichtenden katholischen Lehrer diesen Grundsatz nicht verletzen. Die Klägerin war durch ihre Beschäftigung als Lehrerin in die Vermittlung des Grundsatzes von der Unauflöslichkeit der Ehe eingebunden. Seinem missionarischen Auftrag kann der Beklagte nur dann gerecht werden, wenn an der von ihm getragenen katholischen Privatschule nur solche katholischen Lehrer beschäftigt werden, die den kirchenrechtlich verankerten Grundsatz der Unauflösbarkeit der Ehe nicht verletzen.
5. Entgegen der Auffassung der Revision spielt es für die Rechtswirksamkeit der Kündigung keine Rolle, daß der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung kein "klärendes Gespräch" mit der Klägerin gesucht hat. Für eine Warnung der Klägerin bestand keine Veranlassung, da diese dem Beklagten die beabsichtigte Eheschließung nicht mitgeteilt hat. Unstreitig wußte der Beklagte nichts von der bevorstehenden Eheschließung mit einem geschiedenen Mann.
Es bedurfte auch keiner Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung, da im Streitfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als entbehrlich angesehen werden durfte (vgl. Urteil des Senats vom 18. Januar 1980 - 7 AZR 75/78 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu 2 a der Gründe, m.w.N.). Bei dem in persönlichen Verhältnissen begründeten Eignungsmangel der Klägerin handelt es sich um einen dem katholischen Kirchenrecht widersprechenden Dauertatbestand. Eine Beseitigung dieses kirchenrechtswidrigen Zustandes durch Scheidung der standesamtlich geschlossenen Ehe kam für die Klägerin offenbar nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin die kirchliche Annullierung der ersten Ehe mit Erfolg hätte betreiben können, wofür allerdings keine Anhaltspunkte vorliegen. Abgesehen davon, daß ein derartiges kirchenrechtliches Verfahren sich über einen längeren Zeitraum hingezogen hätte, in dem die Klägerin nach dem Recht der katholischen Kirche bigamisch gelebt hätte, hing die Einleitung eines Annullierungsverfahrens nicht von der Willensentschließung der Klägerin ab. Auf den Willensentschluß des Ehemannes der Klägerin Einfluß zu nehmen, war der Beklagte mangels entsprechender arbeitsvertraglicher Beziehungen weder berechtigt noch verpflichtet.
6. Die von dem Beklagten erklärte ordentliche Kündigung verletzt auch nicht die Grundrechte der Klägerin.
a) Das Recht auf freie Gewissensentscheidung nach Art. 4 Abs. 1 GG führt nicht dazu, daß die Klägerin einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besitzt, obwohl sie auf Dauer gegen kirchenrechtlich verankerte fundamentale Grundsätze der katholischen Sittenlehre verstößt. Die persönliche Gewissensfreiheit wird insoweit durch den Vorrang der Kirchenautonomie nicht unvertretbar beeinträchtigt. Sie schützt nicht vor den sachlich angemessenen Folgerungen, die der kirchliche Arbeitgeber wegen seines unverzichtbaren Verkündigungsauftrags aus dem Verstoß des Arbeitnehmers zieht. Eine "innerkirchliche Glaubensfreiheit" kann das staatliche Gericht nicht statuieren (vgl. BAG 30, 247, 261 = AP Nr. 2 zu Art. 140 GG, unter B III 1 der Gründe mit Nachweisen).
b) Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, schließt das Recht des Beklagten zur ordentlichen Kündigung der Klägerin nicht aus. Als wertentscheidende Grundsatznorm muß Art. 6 Abs. 1 GG auch bei der Auslegung von § 1 KSchG angemessene Berücksichtigung finden. Das bedeutet aber nicht, daß eine nach staatlichem Recht gültige und damit verfassungsrechtlich geschützte Ehe niemals Anlaß für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein darf. Die standesamtliche Eheschließung der Klägerin mit einem geschiedenen Mann stellt einen schweren Verstoß gegen einen fundamentalen Glaubensgrundsatz der katholischen Kirche dar. Der Beklagte ist ebenfalls Träger von mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechten und kann sich für die von ihm erklärte ordentliche Kündigung auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirche berufen. Damit stehen sich auf Seiten der Klägerin und des Beklagten Verfassungsgrundsätze gegenüber, die in einen Widerstreit geraten. Die Lösung dieses Konflikts hat im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 KSchG ohnehin erforderlichen Interessenabwägung zu erfolgen (BAG 33, 14, 25 = AP Nr. 3 zu Art. 140 GG, unter III 5 der Gründe).
Eine Abwägung der beiderseitigen verfassungsrechtlichen Positionen ist vom Landesarbeitsgericht nicht erfolgt, so daß es insoweit einer ergänzenden Interessenabwägung durch den Senat bedarf. Dabei fällt zugunsten des Beklagten entscheidend ins Gewicht, daß bei einer Weiterbeschäftigung der Klägerin als Lehrerin die Glaubwürdigkeit der Kirche auf dem Spiele stünde und daß der Verlust der Glaubwürdigkeit auf Dauer für die Kirche existenzgefährdend ist. Zu berücksichtigen ist ferner, daß die verfassungsrechtliche Konfliktsituation in der Sphäre der Klägerin entstanden ist. Durch ihre standesamtliche Eheschließung mit einem geschiedenen Mann hat sie die für ihren arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich als katholische Lehrerin erforderliche Übereinstimmung in den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Sittenlehre aufgegeben und damit die Ursache für die Konfliktlage gesetzt. Bei einer derartigen Sachlage gebührt den verfassungsrechtlich geschützten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirche der Vorrang vor der grundrechtlich geschützten Position der Klägerin.
c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die ordentliche Kündigung des Beklagten keinen Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) darstellt.
Art. 12 Abs. 1 GG garantiert dem einzelnen Bürger das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als "Beruf" zu ergreifen, d.h. zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen (BVerfGE 7, 377, 397; 54, 301, 313). Der gesetzliche Kündigungsschutz, wie er insbesondere in den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zum Ausdruck gekommen ist, enthält keine berufsspezifischen Regelungen, sondern gewährleistet in Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) dem Arbeitnehmer Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen seitens des Arbeitgebers. Eine sozial gerechtfertigte Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) stellt weder eine Verletzung der Berufswahlfreiheit noch einen unzulässigen Eingriff in das Recht der freien Berufsausübung dar. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer wegen der Arbeitsmarktsituation u.U. längere Zeit seinen Beruf nicht ausüben kann.
7. Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist - abgesehen von der vom Senat nachgeholten Abwägung der beiderseitigen verfassungsrechtlichen Positionen - vollständig und widerspruchsfrei.
Der Einwand der Revision, es wirke sich zugunsten der Klägerin aus, daß der Beklagte lange vorher Kenntnis von der Heirat der Klägerin gehabt habe, ohne darauf kündigungsrechtlich zu reagieren, ist nicht geeignet, die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin zu beeinflussen. Der Beklagte hat unwiderlegt vorgetragen, er habe erst kurz vor Ausspruch der Kündigung von den kirchenrechtlich relevanten Umständen der Eheschließung der Klägerin erfahren. Eine Verwirkung des Kündigungsrechts des Beklagten gemäß § 242 BGB, für deren tatsächliche Voraussetzungen die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig wäre, kommt daher nicht in Betracht.
Nach alledem erweist sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als zutreffend, so daß die Revision der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen war (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Dr. Seidensticker Roeper Dr. Becker
Neumann Kleeschulte
Fundstellen
Haufe-Index 441152 |
BAGE 47, 144-160 (LT1-2) |
DB 1985, 1855-1857 (LT1-2) |
NJW 1985, 1855 |
BlStSozArbR 1985, 154-155 (T) |
NZA 1985, 215-217 (LT1-2) |
AP, (LT1-2) |
EzA § 1 KSchG Tendenzbetrieb, Nr 16 (LT1-2) |
KirchE 22, 209-219 (ST) |
MDR 1985, 521-522 (LT1-2) |
RiA 1985, 157-158 (LT1-2) |
Belling / Luckey 2000, 199 |