Leitsatz
Die Errichtung von Windschutz auf den Balkonen (hier: Glaselemente) stellt eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar.
Normenkette
§ 22 Abs. 1 WEG
Das Problem
- Das Sondereigentum von Wohnungseigentümer B liegt im Hochparterre, das Sondereigentum von Wohnungseigentümer K im ersten Stock und auf der anderen Seite des Gebäudes. Beide Einheiten verfügen über einen Eckbalkon.
- 2002 beschließen die Wohnungseigentümer, dass der Anbau eines Windschutzes zugelassen wird, "wenn auch hier eine gleiche Bauart eingehalten wird". In einer weiteren Versammlung auch in 2002 beschließen die Wohnungseigentümer, einem Miteigentümer die Errichtung eines zusätzlichen Windschutzes zu genehmigen. Ferner werden abändernde Regelungen zur Gestaltung des Windschutzes beschlossen. In einer Versammlung in 2003 werden weitere gestalterische Grundsätze bei Anbringung eines Windschutzes beschlossen.
- B errichtet 2002 an den kurzen Seiten "seines" Balkons, die jeweils an die Hausmauer heranreichen, jeweils 2 Glaselemente, die vom Boden des Balkons bis zum unteren Teil der Decke des darüber liegenden Balkons reichen. Die Rahmen sind in blauer Farbe gehalten und die Scheiben in Klarglas. Mit einem an alle Wohnungseigentümer gerichteten Schreiben vom 27.9.2012 beantragt B im Wege des Umlaufbeschlusses, ihm zu erlauben, den Windschutz auf dem Balkon zu erweitern. Im Oktober 2012 teilt der Verwalter V dem B mit, dass Wohnungseigentümer K dem Antrag nicht zugestimmt habe und dieser daher abgelehnt sei. Gleichzeitig teilt V aber auch mit, bei Durchsicht der Niederschriften festgestellt zu haben, dass im Jahr 2002 bereits über die Installation eines Windschutzes beschlossen wurde, und dieser Beschluss auch die von B vorgesehene bauliche Veränderung umfasse. Im Anschluss daran stattet B seinen Balkon komplett mit Windschutzelementen aus, die vom Boden des Balkons bis zum unteren Teil des oberen Balkons reichen. Der Balkon ist nunmehr komplett geschlossen.
- Im Dezember 2012 fordert K den B unter Fristsetzung bis zum 18.1.2013 auf, die Windschutzelemente zurückzubauen. Da B nicht reagiert, klagt K jetzt darauf, dass B mit Ausnahme von jeweils 2 Glaselementen an den Seiten des Balkons die übrigen auf dem Balkon angebrachten Glaselemente zu entfernen hat. In 1. Instanz ist diese Klage vor dem AG Lübeck erfolgreich.
- In der Versammlung am 11.7.2013 wird beschlossen, dass jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, auf den Balkonen einen vollständig umlaufenden Windschutz zu errichten. In der Vorlage, die Bestandteil des Beschlusses ist und die der Niederschrift beigefügt ist, wird ausgeführt, jeder Wohnungseigentümer sei, zur Modernisierung und Gebrauchswerterhöhung seiner Wohnung befugt, einen Windschutz durch eine Balkonverglasung vorzunehmen.
- Diesen Beschluss greift K im hiesigen Rechtsstreit an. Er meint, die Verglasung von offenen Balkonen oder Loggien stelle keine Modernisierung im Sinne des Mietrechts dar. Die umlaufende Verglasung eines Balkons sei vielmehr eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG, sodass ein Beschluss einstimmig gefasst werden müsse. Er wäre durch diesen Beschluss über das zulässige Maß hinaus beeinträchtigt. Die umlaufende Verglasung eines Balkons habe eine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks einer Fassade zur Folge.
Die Entscheidung
Die Klage hat Erfolg! Der Beschluss habe nicht gefasst werden dürfen, da K seine Zustimmung zur Errichtung von vollständig umlaufendem Windschutz berechtigterweise nicht erteilt habe. Werde auf einem Balkon ein Windschutz errichtet, stelle dies eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar. Eine bauliche Veränderung sei immer bei einer gegenständlichen Umgestaltung oder Änderung des Erscheinungsbildes des gemeinschaftlichen Eigentums gegeben. Das sei hier "unproblematisch der Fall". K's Zustimmung sei auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich gewesen. K werde durch die im Beschluss eröffnete Möglichkeit für die Wohnungseigentümer, vollständig umlaufenden Windschutz auf den Balkonen zu errichten, über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Der Beschluss legitimiere einerseits die Ausstattung von Balkonen mit Windschutzelementen. Die komplette Verglasung eines Balkons führe zu einer störenden optischen Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnungseigentumsanlage.
Der Beschluss unterfiele auch nicht § 22 Abs. 2 WEG. Die Voraussetzungen dieser Norm seien nicht gegeben.
Es gehe ersichtlich nicht darum, das gemeinschaftliche Eigentum an den Stand der Technik anzupassen (darunter werde das Niveau einer anerkannten und in der Praxis bewährten, fortschrittlichen technischen Entwicklung verstanden, welches das Erreichen der dauerhaften Erhaltung des Wertes des langlebigen Wirtschaftsgutes Wohnhaus gesichert erscheinen lasse).
Durch einen vollständig umlaufenden Windschutz würden auch nicht die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert. Diese Alternative beziehe sich nur auf das g...