Leitsatz
Die Hoffnungen der Lehman-Geschädigten haben sich in 2. Instanz verdunkelt. Trotz fehlendem Hinweis auf fehlende Einlagensicherung und ohne Angaben zur Gewinnmarge obsiegte die Hamburger Sparkasse: Die Beratungspflicht der Bank dürfe nicht überdehnt werden.
Sachverhalt
Zwei Kunden der Hamburger Sparkasse (Haspa), die erstinstanzlich zunächst obsiegt hatten, wurden vom Hanseatischen OLG jetzt zurückgewiesen. Die Haspa hatte seinerzeit von Lehman eine große Tranche von Zertifikaten gekauft und anschließend an ihre Kunden mit einem Aufschlag von ca. 5 % weitergegeben. Die Marge legte sie nicht offen. Das LG Hamburg gab zunächst den Klagen zweier Geschädigter auf Schadensersatz Recht. Die Richter waren zum einen der Auffassung, dass die Haspa ihre Gewinnmarge hätte aufdecken müssen. Zum anderen habe die Haspa verschwiegen, dass die Zertifikate nicht der Deutschen Einlagensicherung unterlägen. Das LG verurteilte die Haspa daher zur Rückgewähr des eingelegten Kapitals.
Das Hanseatische OLG hob die Urteile nun auf. Nach Auffassung des OLG scheidet insbesondere eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH zu den "Kick-Back-Fällen" für die vorliegenden Fälle aus. Spezifisch für die Rechtsprechung des BGH in den "Kick-Back-Fällen" sei das Bestehen eines 3 Personen-Verhältnisses. Die Bank trete lediglich als Vermittler auf, während der Kunde die Zertifikate von einem Dritten erwirbt. In diesen Fällen hält der BGH die beratende Bank für verpflichtet, ihr Eigeninteresse an dem Geschäft darzulegen, indem sie die Höhe ihrer Provision (Kick-Back) benennt. Vorliegend habe die Haspa aber als unmittelbarer Vertragspartner des Kunden gehandelt, also kein Fremd- sondern ein Eigengeschäft ausgeführt. Schon aus diesem Grund sei dieser Fall mit den BGH-Entscheidungen nicht vergleichbar. Andernfalls wären die Banken verpflichtet, im Rahmen der Anlageberatung ihre Ertragsstruktur vollständig offen zu legen. Den Kunden müsse aber auch so klar sein, dass eine Bank grundsätzlich mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite.
Die Haspa habe ihrer Beratungspflicht hinsichtlich der Risiken dadurch genügt, dass sie auf das Risiko eines Totalverlustes grundsätzlich hingewiesen habe. Eines zusätzlichen Hinweises darauf, dass die Zertifikate nicht der Deutschen Einlagensicherung unterlägen, hätte es daher nicht bedurft. Außerdem sei vorliegend in beiden Fällen zu berücksichtigen, dass es sich bei den Anlegern um in riskanten Anlagegeschäften erfahrene Personen handelte. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen. Diese wurde auch bereits in beiden Fällen angekündigt.
Hinweis
Für die vielen Lehman-Anleger verbindet sich die Revisionseinlegung mit hohen Erwartungen. Seitens der insolventen Lehman-Bank stehen für die Verteilung auf die Anlagegeschädigten noch ca. 30 Milliarden Dollar zur Verfügung. Dem stehen Ansprüche der Gläubiger von rd. 830 Milliarden Dollar gegenüber. Es wird geschätzt, dass allein deutsche Anleger ca. 1 Milliarde Euro durch die Lehman-Pleite verloren haben.
Link zur Entscheidung
OLG Hamburg, Urteil vom 23.04.2010, 13 U 117/09 und 13 U 118/09.