Leitsatz
Der BGH hat die Haftung einer Bank bei fehlerhafter Anlagenberatung bejaht, wenn nicht die Bank, sondern ein selbstständiges Beratungsunternehmen falsch berät: Die Nebenpflicht aus Kontoführung kann zur Warnung verpflichten.
Sachverhalt
Die spätere Klägerin hatte im Januar 2005 ein Tagesgeldkonto bei der DAB-Bank AG eröffnet. Die jährliche Verzinsung lag mit 4,5 % deutlich über dem üblichen Marktzins. Die Rechtsvorgängerin der "Accessio – Wertpapierhandelshaus – AG" hatte das Tagesgeldkonto vermittelt. Im Innenverhältnis zwischen der beklagten Bank und der Accessio hatte letztere der Bank die Differenz zwischen dem üblichen Marktzins und dem tatsächlich gezahlten Zins von 4,5 % zu erstatten. Die Accessio verfolgte das Ziel, die Tagesgeldkonten durch intensives Bewerben möglichst kurzfristig in deutlich risikoreichere Geldanlagen zu überführen, was ihr erhebliche Provisionseinnahmen verschaffte, von denen auch die beklagte Bank profitierte.
Auf entsprechende Beratung durch die Accessio hatte die Klägerin spekulative Schuldverschreibungen, Aktien und Genussscheine im Nennwert von knapp 50.000 EUR erworben, die später mit dem Verlust von über 46.000 EUR veräußert wurden. Diesen Verlust machte die Klägerin gegenüber der Bank als Schadensersatz geltend.
LG und OLG wiesen die Schadensersatzklage der Klägerin ab.
Der BGH folgte den Urteilen der Vorinstanzen insoweit, als diese eine unmittelbare Haftung aus fehlerhafter Anlagenberatung der Bank abgelehnt hatten. Nicht schlüssig war nach Auffassung des Senats jedoch die Begründung, mit der OLG und LG die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten aus dem Depotkontovertrag verneinten. Die Depotkontovereinbarung enthielt zwar ausdrücklich den Zusatz "Execution-only". Dies bedeutet, dass die kontoführende Bank lediglich die Anweisungen der übrigen Beteiligten ausführt, ohne selbst beratend tätig zu sein. Diese Klausel befreit die kontoführende Bank nicht von der Verpflichtung, bei Auftauchen massiver Verdachtsmomente und sich aufdrängender objektiver Evidenz einer Fehlberatung, den Kunden auf diese Einschätzung hinzuweisen.
Der BGH-Senat wies ausdrücklich darauf hin, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis der Bank hinsichtlich der Erkennbarkeit der Gefahrenmomente ausschließlich beim Kunden selbst liege. Nach Auffassung der BGH-Richter hätte die Vorinstanz allerdings einem von der Klägerin angebotenen Zeugenbeweis nachgehen müssen, wodurch die Klägerin die Kenntnis der Beklagten darüber unter Beweis gestellt hatte, dass die Accessio Kunden in hochriskante Anlageformen mit erheblicher Verlustgefahr drängte. Sollte sich dies in einer Beweisaufnahme bestätigen, habe die Beklagte ihre Warnpflichten gegenüber der Klägerin verletzt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 19.3.2013, XI ZR 431/11.