Leitsatz
Greift ein Mieter in die Gebäudesubstanz durch Einbau einer von außen sichtbaren Klimaanlage ein, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen diese Maßnahme nach einer Vergemeinschaftung vorgehen.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 6
Das Problem
- Mieter B des Teileigentümers X bringt an der Hoffassade der Wohnungseigentumsanlage zwischen den beiden vergitterten Hoffenstern seines Ladengeschäfts oberhalb eines Kellerzugangs eine Klimaanlage an. Der Aufforderung, diese sach- und fachgerecht zu entfernen und die Befestigungslöcher sach- und fachgerecht wieder zu verschließen, kommt B nicht nach. Die Wohnungseigentümer beschließen daher, ihre gegen B gerichteten Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Ausführung zuzuweisen (zu vergemeinschaften) und gegen B gerichtlich vorzugehen.
- Das Amtsgericht verurteilt B, die von ihm an der Hoffassade der Wohnungseigentumsanlage angebrachte Klimaanlage nebst Kabelkanalschacht mit darin geführten Rohren sach- und fachgerecht zu entfernen sowie die Befestigungslöcher sach- und fachgerecht wieder zu verschließen. Gegen das Urteil geht B vor. Die Berufung hat keinen Erfolg!
Die Entscheidung
Vorgehen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei zur Geltendmachung der gegen B gerichteten Ansprüche berechtigt. Zwar handele es sich bei einem Anspruch auf Beseitigung einer "baulichen Veränderung" aus § 1004 Abs. 1 BGB, §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG und auf Wiederherstellung des früheren Zustandes aus §§ 823 Abs. 1, 249 BGB um einen Individualanspruch. Die Wohnungseigentümer hätten diesen Individualanspruch aber "vergemeinschaftet" – was rechtlich zulässig sei.
Der Mieter als Störer
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei auch zu Recht gegen B vorgegangen. Es handele sich bei einer in Räumlichkeiten eines Gebäudes eingebrachten Klimaanlage nicht um einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB, sondern nur um ein zum vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügtes Bauteil im Sinne von § 95 Abs. 2 BGB. Folglich sei nicht der vermietende Wohnungseigentümer, sondern B – der unstreitig die Klimaanlage an der Hoffassade installiert habe – der Störer. Im Übrigen beanstande die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ja nur die Bauteile der Klimaanlage, die sich außerhalb des räumlichen Bereiches des Sondereigentums an der Hoffassade des Gebäudes befänden.
Der Mieter als Handlungsstörer
- B könne auch als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden. Ein Fall des § 14 Nr. 2 WEG liege nicht vor, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht den Vermieter zur Verantwortung ziehe, sondern vielmehr B selbst. Nach allgemeiner Ansicht könne aber ein Dritter als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden, selbst wenn dieser nicht zugleich Wohnungseigentümer sei (Hinweis unter anderem auf LG Berlin v. 30.9.2016, 85 S 16/15 WEG).
- Der Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustandes des Mauerwerks und des Putzes an der Hoffassade folge aus den Bestimmungen der §§ 823 Abs. 1, 249 BGB. Denn es sei anerkannt, dass im Fall der Verurteilung zur Beseitigung einer baulichen Veränderung der Störer den früheren Zustand wiederherzustellen habe. Dem Mieter sei die Anbringung der Klimaanlage nebst den Leitungen und des Kabelkanalschachts weder durch den Verwalter noch durch die Wohnungseigentümer genehmigt worden. Die Genehmigung des Vermieters entfalte im Verhältnis zwischen ihm und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hingegen keine Wirkung. Zum einen könne ein vermietender Wohnungseigentümer einem Mieter nicht mehr genehmigen als das, was nach der Gemeinschaftsordnung oder nach dem Wohnungseigentumsgesetz ohnehin zulässig sei. Zum anderen beträfen die beanstandeten Handlungen und Maßnahmen nicht das Sondereigentum, sondern das gemeinschaftliche Eigentum. Der vermietende Wohnungseigentümer habe keine Rechtsmacht gehabt, gegenüber seinem Mieter verbindlich für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder andere einzelne Wohnungseigentümer Genehmigungen betreffend eine bestimmte Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu erteilen.
Nachteil
Durch die von B vorgenommene bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG werde ein Nachteil zulasten der K begründet, der über das nach § 14 Nr. 1 WEG im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens hinzunehmende Maß hinausgehe.
- Dieser Nachteil liege schon darin, dass durch die Anbringung der Klimaanlage mit dem Kabelkanalschacht für die Abdeckung der hin- und zurückführenden Leitungen von der Klimaanlage in das Innere der Teileigentumseinheit ein optischer Nachteil begründet werde. Der Kasten der Klimaanlage habe eine nicht unerhebliche Größe und Tiefe, sodass er deutlich vor der Fassade im Luftraum oberhalb des Treppenabgangs in den Keller montiert sei. Die Klimaanlage und der Kabelkanalschacht fügten sich nicht in das Gesamtbild der Hoffassade ein. Das Vorliegen eines erheblichen Nachteils entfalle nicht dadurch, dass sich im Bereich des Hofes andere bauliche Veränderun...