Leitsatz

  • Sanierung von Bauschäden am Gemeinschaftseigentum

    Betretungsgestattung von Sondereigentum (Terrasse)

    Fragen zur Kostenerstattung von Eigentümer-Notgeschäftsführungsmaßnahmen (hier: Beweissicherungskosten)

    § 21 Abs. 2 WEG neben Ansprüchen nach BGB

    Balkontüren sind Gemienschaftseigentum

 

Normenkette

§ 14 Nr. 4 WEG, § 21 Abs. 2 WEG, § 677 BGB

 

Kommentar

Zu 1.:

Ein Wohnungseigentümer muss zwar das Betreten und die Benutzung der in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile gem. § 14 Nr. 4 WEG gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Dem Gesetz lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass ein Wohnungs-Sondereigentümer insoweit auch verpflichtet ist, alle Gegenstände in/auf seinem Sondereigentum, welche die Sanierung von Gemeinschaftseigentum beheindern, auf seine Kosten zu entfernen, insbesondere, wenn dies - wie hier - mit erheblichem Zeitaufwand verbunden ist (vorliegend: Versetzen von Blumentrögen auf einer Terrasse). In § 14 Nr. 4 WEG ist nur eine Duldungspflicht, nicht aber eine Handlungspflicht eines Eigentümers normiert.

Zu 2.:

Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob ein Wohnungseigentümer das Betreten seiner Wohnung zu Zwecken der Sanierung des Gemeinschaftseigentums gestatten muss, um z. B. einer Gemeinschaft die Kosten für die Aufstellung eines Gerüstes zu ersparen. So dürfte von einer Gestattung auszugehen sein, wenn z. B. Malerarbeiten an einem Balkon durchgeführt werden müssen. Im vorliegenden Fall war es allerdings dem Sondereigentümer nicht zumutbar, für die umfangreichen Sanierungsarbeiten auf der Terrasse das Betreten seiner Wohnung zu gestatten.

Zu 3.:

Ein Wohnungseigentümerkann die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens nicht zur Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum von den restlichen Wohnungseigentümern nicht nach § 21 Abs. 2 WEG erstattet verlangen. Das selbständige Beweisverfahren dient nämlich nicht der Abwendung eines unmittelbar drohenden Schadens (Voraussetzung einer Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG). Das selbständige Beweisverfahren dient allein der vorsorglichen Beweiserhebung vor Beginn eines möglichen Prozesses.

§ 21 Abs. 2 WEG schließt allerdings mögliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht aus (BayObLGZ 86, 322/326). Aber auch solche Ansprüche lagen vorliegend nach den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vor. Das Beweissicherungsverfahren entsprach weder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der restlichen Eigentümer (zumal entsprechende Sanierung bereits bestandskräftig beschlossen und zwischenzeitlich durchgeführt war). Somit bestand auch keinerlei Veranlassung für vorsorgliche Beweiserhebung. Die angesprochene Entscheidung des BGH (RPfl. 80,14) zur Berechtigung eines einzelnen Eigentümers, eine Beweissicherungsverfahren zur Feststellung am gemeinschaftlichen Eigentum aufgetretener Mängel einzuleiten, betraf allein die Sicherung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber am Bau beteiligten Dritten, um die es vorliegenden Fall nicht ging.

Zu 4.:

Auch aus dem Gesamtzusammenhang der getroffenen Vereinbarungen ergibt sich, dass jedenfallls die Außenseite und Balkontüren nicht auf eigene Rechnung eines Wohnungseigentümers repariert werden mussten. Selbst bei innen wie außen, also völlig verfaulten Balkon- oder Terrassen-Türholmen, ist eine Aufteilung von Reparaturkosten Innenseite/Außenseite nicht möglich. Aus diesem Grund treffen Gesamtsanierungskosten auch die Gesamtgemeinschaft, zumal im vorliegenden Fall das Durchfaulen der Türholme auf Baumängel am Gemeinschaftseigentum (Fassaden, Flachdach und Terrassen) zurückzuführen war.

Zu 5.:

Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für die III. Instanz von 22.642 DM.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 12.10.1995, 2Z BR 66/95=NJWE 2/96, 36 = DWE 1/96, 15).

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Vergleiche zur Konkurrenz-Problematik "Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG und handeln als Geschäftsführer ohne Auftrag mit Erstattungsansprüchen" auch AG München, Entscheidung vom 05.07.1995, Az.:UR II 6/92 WEG 2; diese amtsgerichtliche Entscheidung wurde zwischenzeitlich vom LG München I, mit Beschluss vom 15.09.1995, 1 T 15894/94im Ergebnis bestätigt, mit dem Bemerken, dass es sich bei einer Notgeschäftsführung im Sinne des § 21 Abs. 2 WEG um einene Fall berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag handelt (unter Hinweis auf Weitnauer, WEG 8, Auflage, § 21 Rz. 5), es (im damaligen Fall) allerdings mangels jeglicher Anspruchs-Begründetheit offenbleiben könne, ob § 21 Abs. 2 WEG (wie vom Amtsgericht mit ausführlicher Begründung dargelegt) als lex specialis gegenüber den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Anspruchsgrundlagen einen Rückgriff auf Erstattungsansprüche nach Grundsätzen der GoA bzw. anch Bereicherungsrecht außerhalb von Fällen der Notgeschäftsführung ausschließe.

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