Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Mangelhafte Bauteile der Außenkonstruktion von verglasten Wintergärten als Bestandteile des gemeinschaftlichen Eigentums
- Bruchteilsmiteigentümer allein anfechtungsberechtigt
- Ergänzende (nicht ersetzende) Beschlussfassung lässt die Anfechtungsberechtigung des vorausgehenden Sanierungsbeschlusses unberührt (hier: ein Folgebeschluss sollte nur die Ausführung des Erstbeschlusses zum Zwecke weiterer Begutachtungen zurückstellen)
- Zweifelhafte Vertretungsberechtigung der Anfechtungsgegner durch den Verwalter; Anwaltsauftrag des Verwalters in Passivprozessen (Beschlussanfechtungsverfahren) setzt Vereinbarung voraus
- Grundsätzlich sind bei Abstimmungen auch die Ja-Stimmen festzuhalten
- Sanierung als modernisierende Instandsetzung
Normenkette
(§§ 5 Abs. 2, 10 Abs.1, 21, 24, 25, 27 Abs. 2 Nr. 3, 43 WEG; §§ 174, 1011 BGB)
Kommentar
1. Im Streit ging es um die Sanierung von einigen Wintergärten, die Wohnungen erkerartig und verglast vorgebaut waren. Nach Durchfeuchtungsschäden kam es am 9.12.1999 zu einer ausführlichen Beschlussfassung auf Begutachtung der Schäden, Erstellung von Leistungsverzeichnissen, Einholung von Angeboten, Bauüberwachung sowie Endabnahme, ebenso zur Ermächtigung der Verwaltung zu entsprechenden Vergaben und Finanzierung aus der Rücklage, ergänzend über eine zu beschließende Sonderumlage. Am 29.3.2000 fasste dann die Gemeinschaft neuerlichen Beschluss über weitere Begutachtungen über mögliche Alternativlösungen und Sanierungsvarianten, wobei die Beschlussausführung des zwischenzeitlich angefochtenen Beschlusses vom 9.12.1999 zurückgestellt wurde.
Das AG hat die Beschlussanfechtung mit Ausnahme des Beschlussinhalts, auch Schäden am Sondereigentum zu beseitigen, zurückgewiesen. Das LG hat das Rechtsmittel hiergegen für nicht begründet erachtet. Der Senat hat die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und zum Zwecke weiterer Ermittlungen zurückverwiesen.
2. Steht Wohnungseigentum im Bruchteilsmiteigentum zweier Eheleute (wie auch im Normalfall), so kann auch jeder einzelne Bruchteilsmiteigentümer gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG i.V.m. § 1011 BGB allein berechtigt Beschlüsse zu einer Eigentümerversammlung anfechten (vgl. auch Merle in Bärmann/Pick/Merle, 8. Auflage, § 43 Rn. 87 m.w.N.); in einem solchen Fall sind die Miteigentümer nicht in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts miteinander verbunden und müssen deshalb auch nicht gem. § 709 BGB Geschäfte nur gemeinsam führen und auch nur gemeinsam Verfahren einleiten.
3. Da der angefochtene Beschluss durch den Folgebeschluss nach objektivem Erklärungsinhalt nicht ersetzt, sondern lediglich ergänzt wurde (u.a. weitere Begutachtungen), hat sich durch die Folgebeschlussfassung an der Anfechtungsberechtigung über den Beschluss vom 9.12.1999 nichts geändert.
4. Allerdings ist in Beschlussanfechtungsverfahren ein Verwalter kraft Gesetzes am Verfahren zu beteiligen (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 WEG); dies ist hier nicht geschehen. Es hatte sich allein für die in Antragsgegnerschaft stehenden Eigentümer ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt, allerdings nur für diese, nicht auch für die Verwaltung. Auch im Rubrum der Entscheidungen der Vorinstanzen wurde die Verwaltung nicht als Beteiligte, sondern nur als Vertreterin der Antragsgegner bezeichnet, d.h. als bloße Zustellungsbevollmächtigte gem. § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG. Dieser Verfahrensfehler konnte allerdings auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden, um rechtliches Gehör zu gewähren (BGH, NJW 1998, 755 = NZM 1998, 78). Die Gewährung rechtlichen Gehörs wurde durch den Senat mit entsprechender Verfügung und durch Übermittlung eines später eingereichten Schriftsatzes vorgenommen.
Zweifelhaft war allerdings die Frage ordnungsgemäßer Vertretung der Antragsgegner aufgrund offensichtlicher Mandatserteilung durch die Verwaltung. Ob hier eine über die gesetzliche Befugnis des § 27 Abs. 2 Nr. 3 hinausgehende Vollmacht zur Vertretung der Gemeinschaft im Beschlussanfechtungsverfahren erteilt wurde, ist bisher nicht geklärt. Eine solche Vollmacht muss entweder im Einzelfall beschlossen werden oder bedarf im Falle genereller Vollmachtserteilung eines – als Vereinbarung auszulegenden – allstimmigen Beschlusses. Ergeben sich – wie im vorliegenden Fall – Rechte und Pflichten eines Verwalters aus der Gemeinschaftsordnung und geht eine Bevollmächtigung über einen Einzelfall hinaus, wäre ein Mehrheitsbeschluss vereinbarungsändernd und damit nichtig (vgl. Briesemeister/Drasdo, Beschlusskompetenz der Eigentümer, S. 23). Aber auch aus anderen Gründen über die hier konkreten Abstimmungsergebnisse war die Zurückverweisung notwendig.
5. Neben der Stimmabgabe als einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung bedarf es für eine Beschlussfassung nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 24 und 25 WEG noch des konstitutiven Elements, nämlich der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter (vgl. BGH, NZM 2001, 961 = ZMR 2001, 809 auf Vorlage des Senats). Bei der erforderlichen Festste...