Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 242 BGB
Kommentar
1. Hat der Bauträger-Eigentümer sein Wohnungseigentum noch nicht voll ausgebaut und kann er es daher auch noch nicht nutzen, ist er gleichwohl verpflichtet, die Bewirtschaftungskosten mitzutragen, da diese entweder nicht benutzungsabhängig sind oder aber - soweit sie als benutzungsabhängig angesehen werden können - die Kostenbelastung der Beteiligten bei einer Herausrechnung dieser Kosten (wie hier) nicht so erheblich verringern würde, dass ein Beibehalten der jetzigen Verteilung als grob unbillig anzusehen ist.
2. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB) hat allein ein einzelner Eigentümer einen Anspruch gegen die restlichen Mitglieder der Gemeinschaft auf Abänderung des vereinbarten Verteilungsschlüssels, wenn die Abrechnung nach diesem Schlüssel zu einer Mehrbelastung eines einzelnen Eigentümers gegenüber den anderen führt; ein solcher Anspruch besteht aber nach h.R.M. nur dann, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der Vereinbarung als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen; bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist ein strenger Maßstab anzulegen (h.R.M.). Von besonderer Bedeutung ist dabei die Überlegung, dass sich grundsätzlich jeder einzelne Eigentümer darauf verlassen können soll, dass einmal getroffene Vereinbarungen grundsätzlich weiterhin Gültigkeit haben und sich jeder Eigentümer beim Erwerb seines Eigentums über den in der Teilungserklärung festgelegten oder durch nachträgliche Vereinbarung geänderten Kostenverteilungsschlüssel informieren bzw. sich entsprechend einstellen kann.
Im vorliegenden Fall wurde deshalb zu Recht eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels verneint; der Bauträger hat selbst die Teilungserklärung errichtet, die Größe der Miteigentumsanteile festgelegt und die Kostenverteilung entsprechend dieser Miteigentumsanteile geregelt. Er hat es insoweit bei Kenntnis nicht vollständigen Ausbaues und noch nicht voller Nutzbarkeit seiner Wohnungen unterlassen, die von ihm jetzt begehrte teilweise Kostenbefreiung in die Teilungserklärung aufzunehmen bzw. sich für den Fall, dass die Wohnungen nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgebaut worden seien, einen Anspruch auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels vorzubehalten. Schon nach eigenem Vorbringen musste er bereits vor Veräußerung der übrigen Wohnungen damit rechnen, dass er möglicherweise in absehbarer Zeit zu einem vollständigen Ausbau der hier betroffenen beiden DG-Wohnungen nicht in der Lage sein würde und dass sich insoweit der vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel teilweise für ihn nachteilig auswirken könnte.
3. Im vorliegenden Fall würden sich auch die Kosten nicht so weitgehend verringern, dass ein Festhalten der restlichen Eigentümer an der hier getroffenen Vereinbarungsregelung in der Teilungserklärung grob unbillig gewesen sei. Der Bauträger hatte es auch selbst in der Hand, durch endgültige Fertigstellung der beiden Wohnungen den Zustand herzustellen, von dem er bei Errichtung der Teilungserklärung ausgegangen ist.
4. Eigentümer sind auch nicht daran gehindert, sich nunmehr auf den in der Teilungserklärung festgelegten Abrechnungsmodus zu berufen, auch wenn sie in früheren Geschäftsjahren entsprechende Kostenabrechnungen nicht voll zu Lasten des Bauträgers in Ansatz gebracht haben.
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren zu Lasten des unterlegenen Antragstellers aufgrund seines Unterliegens in allen drei Instanzen sowie der eindeutigen Sach- und Rechtslage, nach der er die Aussichtslosigkeit seiner Rechtsbeschwerde hätte erkennen können; Wert des Beschwerdegegenstandes DM 22.401,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.1998, 3 Wx 7/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
In der Praxis glauben häufig Bauträger-Verkäufer, für noch nicht gänzlich fertig gestellte bzw. noch nicht veräußerte Wohnungen nach Entstehung der faktischen Gemeinschaft bzw. Invollzugsetzung der rechtlichen Wohnungseigentümergemeinschaft auch noch kein volles Wohngeld bezahlen zu müssen. Dies ist grundsätzlich ein nicht entschuldbarer Irrtum, da alle Eigentümer unabhängig von Nutzungsmöglichkeiten ihres Eigentums mangels abweichend getroffener Vereinbarungen für alle Kosten gegenüber der Gemeinschaft aufzukommen haben ( § 16 Abs. 2 WEG). Kann der Bauträger aufgrund marktwirtschaftlicher Situation sein begründetes und erstelltes Wohnungseigentum nicht in erwünscht rascher Weise veräußern, liegt dies in seiner Risikosphäre. Nur in seltensten Ausnahmefällen wurde hier obergerichtlich nach Grundsätzen von Treu und Glauben ein Anspruch auf Reduzierung der Wohngeldzahlungen und damit interimsweiser Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels bestätigt. Davon kann u.U. dann ausgegangen werden, wenn z.B. eine ursprünglich geplante Baustufe in einer Mehrhausanlage allein bisher nur im Rohbau erstellt wurde oder gar mit dem Bau eines solchen Abschnitts überhaupt noc...