1 Leitsatz
In Bezug auf Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums sind die Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts anzuwenden, soweit die Herstellungsverpflichtung verletzt wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Bauträger eine Herstellungsverpflichtung übernommen hat, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten nicht vergleichbar ist.
2 Normenkette
§ 10 Abs. 6 WEG a. F.; § 633, § 650u BGB
3 Das Problem
Bauträger B veräußert Wohnungseigentumsrechte in einem Altbau. In den Erwerbsverträgen verpflichtet er sich zur Durchführung von bestimmten "Renovierungsarbeiten". Im Übrigen ist eine Haftung für Sachmängel ausgeschlossen. Da B die Arbeiten weder in der vereinbarten Zeit noch nach weiterer Fristsetzung ausführt, verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K für eine Ersatzvornahme 135.088,35 EUR.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Die Haftung des B richte sich nach Werkvertragsrecht. Denn B habe sich in den Erwerbsverträgen unter der Überschrift "Zusatzvereinbarungen zum Kaufvertrag" zur Durchführung bestimmter Renovierungs- bzw. Erneuerungsarbeiten verpflichtet.
Hinweis
Im Fall geht es um die Frage, ob B für die Mängel an einem Altbau nach Werkvertragsrecht haftet. Hier gilt: Auch dann, wenn ein Veräußerer vertraglich Bauleistungen schuldet, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, ist von einem Bauträgervertrag zu sprechen. Wann bei einer Sanierung eines Altbaus die Arbeiten nach "Umfang und Bedeutung" Neubauarbeiten vergleichbar sind, ist Frage des Einzelfalls und einer Bewertung aller Umstände. Vergleichbarkeit ist vor allem anzunehmen, wenn die übernommenen baulichen Maßnahmen die gesamte geschuldete Leistung prägen, mithin eine uneingeschränkte Anwendung der werkvertraglichen Regelungen gerechtfertigt ist. Für die Beurteilung der Frage, ob die übernommenen Bauleistungen Neubauarbeiten vergleichbar sind, spielt keine Rolle, ob der Veräußerer der Wohnungen mit der Vertragsgestaltung zum Ausdruck gebracht hat, dass er für die Mängel der unberührt gebliebenen Bausubstanz nicht haften will. Eine derartige formularmäßige Beschränkung der Haftung ist unzulässig. Ist Vergleichbarkeit anzunehmen, haftet der Veräußerer nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags. Im Fall berief sich B für seine Ansicht, nicht zu haften, u. a. auf BGH, Urteil v. 24.7.2015, V ZR 167/14 und BGH, Urteil v. 24.7.2015, V ZR 145/14. Auch in diesen beiden BGH-Fällen hatte der Bauträger in den Erwerbsverträgen seine Haftung für Sachmängel ausgeschlossen. Der BGH nahm insoweit an, es sei allein Kaufvertragsrecht anzuwenden. Dies sieht das OLG wegen der von B übernommenen Verpflichtung, bestimmte Renovierungsarbeiten durchzuführen, im Fall anders.
Ausblick auf die WEG-Reform
Die WEG-Reform hat an der Frage, ab wann ein Bauträger bei einem Altbau nach Werkvertragsrecht haftet, nichts geändert. Es bleibt daher abzuwarten, ob das BMJV endlich die Ergebnisse der Bauträgerarbeitsgruppe umsetzt.
5 Entscheidung
OLG München, Beschluss v. 28.10.2019, 27 U 851/19 Bau