Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot einer Versammlung. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Antrag der Antragsgegnerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. April 2001

 

Verfahrensgang

VG Augsburg (Beschluss vom 27.04.2001; Aktenzeichen Au 5 S 01.643)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zugelassen.

II. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. April 2001 in Ziffer I S. 1 und Ziffer II wird aufgehoben.

III. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 26. April 2001 gegen Nr. I des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24. April 2001 wird abgelehnt.

IV. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

V. Der Streitwert wird für das Zulassungs- und Beschwerdeverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen (§ 146 Abs. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Senat entscheidet wegen der besonderen Eilbedürftigkeit zugleich über die Beschwerde. Die zugelassene Beschwerde, die allein das Versammlungsverbot betrifft, hat Erfolg.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin hat keinen Erfolg, weil Nr. I des Bescheids der Stadt Augsburg bei der nur möglichen summarischen Prüfung rechtmäßig erscheint und eine gegenseitige Interessenabwägung bei dieser Sach- und Rechtslage zu Lasten der Antragstellerin geht.

Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass vorliegend die öffentliche Ordnung nicht dadurch gefährdet wird, dass die Antragstellerin gerade am 1. Mai, einem Tag mit besonderer Symbolkraft, ihre Versammlung durchführen will. Ebenso richtig ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Bezugnahme auf rechtswidrige Handlungen und Straftaten, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Veranstaltungen der Antragstellerin begangen worden sind, für die Annahme der Behörde, auch bei der Veranstaltung am 1. Mai 2001 in Augsburg sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Aktionen der Teilnehmer zu rechnen, für ein Verbot nicht ausreicht. Geschehnisse aus der Vergangenheit im Zusammenhang mit Versammlungen der Antragstellerin sind allerdings geeignet, vom Veranstalter besondere Sicherheitsvorkehrungen zu fordern.

Der Senat teilt nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass konkrete Tatsachen, die einen unfriedlichen Verlauf der Versammlung befürchten lassen, nicht vorliegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 14.7.2000 1 BvR 1245/00, NJW 2000, 3051) haben die für die Durchführung der Versammlung Verantwortlichen alles erforderliche zu unternehmen, um befürchtete Gewaltätigkeiten aus der Versammlung heraus zu unterbinden. Der verantwortliche Leiter hat bereits im Vorfeld deutliche Signale zu setzen, die auf die Gewaltfreiheit der Versammlung ausgerichtet sind. In diesem Zusammenhang hat die Antragstellerin an der Aufklärung des Sachverhalts und der Zerstreuung von Sicherheitsbedenken der Behörde nicht mitgewirkt. Folgende konkrete Anhaltspunkte deuten auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hin, die ausreicht, um die sofortige Vollziehung der Verbotsverfügung aufrecht zu erhalten:

Mit Schreiben vom 28. Februar 2001 hat Herr A. F. die Demonstration mit Kundgebung bei der Stadt Augsburg angemeldet und sich selbst als stellvertretenden Versammlungsleiter und Leiter des Ordnungsdienstes benannt. Bei dem Koordinationsgespräch vom 5. April 2001 gaben er und Herr R., der als Redner auftreten soll, an, dass es keine Anhaltspunkte für die Teilnahme verbotener Vereinigungen oder militanter Gruppen gebe. Nach derzeitigem Wissensstand führen diese nach Frankfurt, da dort Abschlussveranstaltungen und u.a. ein „Skinhead-Konzert” stattfanden. Bei einem weiteren Kooperationsgespräch am 18. April 2001 erklärte Herr F. auf nachdrückliche Befragung, welche Erkenntnisse hinsichtlich der Teilnahme von Skinheads vorlägen, dass „ganze Gruppen auf jeden Fall nicht kämen und hundertprozent keine Gewaltbereiten”. Herr O., ein weiterer vorgesehener Redner, führte hierzu aus, dass „Skinhead-Gruppen nicht da seien, die Leute vielleicht in die Rubrik Skinheads einzuordnen seien, diese aber nicht gewalttätig seien”. Nachträglich stellte sich anhand polizeilicher Ermittlungen im Internet heraus, dass Herr F. als Buskoordinatior für eine am 1. Mai in Frankfurt stattfindende Veranstaltung fungierte. Im Anschluss an eine Veranstaltung der Freien Nationalisten in Frankfurt ist an deren Kundgebung ein „Skinhead-Konzert” geplant. Für den Fall des Verbots der Veranstaltung in Frankfurt äußerten die Vertreter der Stadt Augsburg bei dem Kooperationsgespräch am 18. April 2001 gegenüber den Verantwortlichen, dass deren Umdirigieren nach Augsburg befürchtet werde. Die Frage, wie der Versammlungsleiter in einem derartigen Falle reagieren werde, beantwortete Herr F., dass man 50 bis 100 Le...

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