Normenkette
GG Art. 105 Abs. 2a; Zweitwohnungsteuersatzung der Gemeinde Inning am Ammersee
Verfahrensgang
VG München (Urteil vom 14.01.2010; Aktenzeichen 10 K 09.1827) |
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2010 wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2005 mit 2008.
Rz. 2
Die Beklagte erhebt auf das Innehaben einer Zweitwohnung zur persönlichen Lebensführung eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Rechtsgrundlage war zunächst ihre Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung – ZwStS) vom 17. November 2004, die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Diese Satzung war mit Änderungssatzungen vom 16. März 2005 und 9. November 2005 geändert worden. Zunächst wurde § 4 Abs. 4 ZwStS eingefügt, wonach für Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen und Wohnschiffe, die länger als drei Monate nicht oder nur unerheblich fortbewegt werden, ein Mietaufwand angenommen wird, der in die erste der unter § 5 ZwStS festgestellten Stufen fällt, und der Steuersatz für diese erste Stufe (Aufwand bis zu 1.900 Euro jährlich) auf 150 Euro festgelegt. Zuletzt wurde in die Regelung des § 2 ZwStS (Steuergegenstand) aufgenommen, dass als Wohnung auch Mobilheime und Wohn- und Campingwagen gelten, die nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden. Die erste Änderungssatzung trat rückwirkend zum 1. Januar 2005, die zweite Änderungssatzung zum 1. Januar 2006 in Kraft.
Rz. 3
Die Klägerin hatte zum 1. Juli 2001 eine Dachgeschosseinliegerwohnung im Gemeindegebiet der Beklagten angemietet (monatliche Nettokaltmiete umgerechnet 524 Euro) und sich bei der Meldebehörde mit Nebenwohnung angemeldet. Sie kündigte den Mietvertrag mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 zum 1. Februar 2009 und meldete sich zum 31. Dezember 2008 bei der Beklagten ab.
Rz. 4
Die Beklagte hat die Zweitwohnungsteuerpflicht der Klägerin mit Bescheid vom 3. Juli 2008 für den Zeitraum 2005 bis 2008 sowie die Folgejahre auf jährlich 1.050 Euro festgesetzt, gegen den die Klägerin Widerspruch erhoben hat. Mit Änderungsbescheid vom 2. März 2009 wiederholte die Beklagte die Zweitwohnungsteuerfestsetzung für 2008 und stellte weiter fest, dass die Steuerpflicht der Klägerin mit dem Jahr 2008 ende.
Rz. 5
Der nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des Landratsamts Starnberg vom 26. März 2009) erhobenen Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. Januar 2010 stattgegeben. Es fehle an einer gültigen Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zur Zweitwohnungsteuer, denn die Zweitwohnungsteuersatzung sei nichtig. Dabei könne dahinstehen, ob die Satzung die Zweitwohnungsinhaber übermäßig belaste, denn sie enthalte keinen adäquaten Steuermaßstab und Steuersatz für Dauercamper.
Rz. 6
Die in § 4 Abs. 1 ZwStS als Steuermaßstab vorgesehene Jahresnettokaltmiete sei für Wohnwagen ein ungeeigneter Maßstab, weil ein Mietmarkt für dauergenutzte Campingwagen nicht existiere. Die Satzung erlaube es auch nicht, auf die Jahresnettostandplatzmiete abzustellen. Diese entspreche funktionell nicht der Jahresnettokaltmiete, da sie nur den Anteil einer Miete abdecke, der auf Grund und Boden entfalle.
Rz. 7
Der in § 5 ZwStS vorgesehene Steuersatz enthalte keinen besonderen Steuersatz für Dauercamper. Mit ortsfesten Campingwagen werde jedoch typischerweise ein geringerer Aufwand betrieben als mit der Nutzung von Zweitwohnungen. Selbst bei einer Besteuerung der Dauercamper nach der 1. Stufe (Jahresnettokaltmiete von 0 bis 2.500 Euro) würden Wohnwagen in derselben Höhe besteuert wie günstige Wohnungen. Wegen des vergleichsweise sehr viel geringeren Komforts eines Wohnwagens liege im Vergleich zu Wohnungen ein wesentlich ungleicher Sachverhalt vor, der eine Differenzierung notwendig mache. Eine Veranlagung mit einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 400 Euro wäre zudem – abgesehen von dem Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) – in Relation zum betriebenen Aufwand für einen Wohnwagen überhöht.
Rz. 8
Aus diesen Mängeln folge die Gesamtnichtigkeit der Zweitwohnungsteuersatzung, weil nicht anzunehmen sei, dass die Beklagte die Satzung auch ohne eine Möglichkeit zur Veranlagung von Dauercampern erlassen hätte. Bei diesen handele es sich nicht um eine zu vernachlässigende Gruppe der Zweitwohnungsteuerpflichtigen, denn nach dem Sachstandsbericht in der Gemeinderatssitzung vom 8. November 2005 seien von 574 Bürgern mit Nebenwohnung in der Gemeinde 334 Camper. Die gesamtnichtige Abgaben...