Entscheidungsstichwort (Thema)
Wasserschutzgebietsverordnung. Normenkontrolle. Antragsbefugnis einer Gemeinde. Erforderlichkeit des Wasserschutzgebiets: Beurteilung an Hand von Schutzwürdigkeit. Schutzbedürftigkeit und Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens. Schutzfähigkeit nicht in jeder Hinsicht in vollem Umfang gegeben. Fehlen einer gleichermaßen geeigneten, für die jeweils Betroffenen weniger belastenden und dem Träger der Trinkwasserversorgungsanlage zumutbaren Alternativlösung. Schutzzonenabgrenzung. Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete im gesamten Wasserschutzgebiet. Vereinbarkeit der Verordnungsermächtigung mit Art. 14 Abs. 1 GG
Normenkette
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1; WHG § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1; BayWG Art. 35 Abs. 1; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin zu 1 trägt 5/74 der Kosten des Verfahrens, die übrigen Antragsteller je 1/74, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist die Verordnung des Landratsamts Miesbach über das Wasserschutzgebiet „Mühlthaler Hangquellen” in der Gemeinde Valley für die öffentliche Wasserversorgung der Landeshauptstadt München vom 29. September 2000, die im Amtsblatt für den Landkreis Miesbach vom 11. Oktober 2000 bekannt gemacht und gemäß ihrem § 10 Satz 1 am 12. Oktober 2000 formell in Kraft getreten ist (ab hier: Verordnung). Die Verordnung soll gemäß ihrem § 10 Satz 2 die mit Bescheid des Landratsamts vom 17. März 1964 angeordnete Schutzgebietsausweisung ersetzen. Nach Angaben der Antragsteller sind gegen diesen Bescheid Widersprüche eingelegt worden, die nie verbeschieden worden sind.
Die Mühlthaler Hangqellen werden seit über 100 Jahren für die Trinkwasserversorgung der Beigeladenen zu 1 genutzt. Es handelt sich um insgesamt 6 Grundwasserableitungsstollen; jeweils 3 von ihnen befinden sich südlich und nördlich von der Stelle, an der die Bundesautobahn A 8 die Mangfall überquert. Nach Angaben des Landesamts für Wasserwirtschaft – ab hier: LfW – in seinem hydrogeologischen Gutachten vom 14. Januar 1985 sind die Ableitungsstollen von der Hangkante bis zu 458 m weit nach Westen getrieben worden. Die eigentliche Wassergewinnung erfolgt durch Querstollen am Ende der Ableitungsstollen. Nach den Feststellungen des LfW im Gutachten vom 14. Januar 1985 sind die Ableitungsstollen nördlich der A 8 dicht ausgebaut. Bei der Bauausführung der Ableitungsstollen südlich der A 8 kann von keinem dichten Ausbau ausgegangen werden. Das hier gewonnene Trinkwasser war seit jeher von guter Qualität. Es deckt mit einer Quellschüttung von insgesamt ca. 1.100 l/sec ca. 30 % des Wasserbedarfs der Beigeladenen zu 1.
Die Verordnung sieht einen Fassungsbereich vor, der den Steilhang zum Mangfalltal südlich der A 8 mit den dortigen Ableitungsstollen erfasst. Ferner sieht sie eine gegenüber dem Bescheid vom 17. März 1964 verkleinerte engere Schutzzone vor; nunmehr wird auf die Einbeziehung der Ortschaft Mitterdarching weitgehend verzichtet; einbezogen sind lediglich der Bahnhof Darching und vier Anwesen. Durch die engere Schutzzone führen die Bundesautobahn A 8, die Bahnlinie Holzkirchen-Schliersee und die Staatsstraße 2073. Die Verordnung sieht – abweichend vom Bescheid vom 17. März 1964 – nunmehr auch eine weitere Schutzzone vor. Die weitere Schutzzone erfasst fast den gesamten Ortsteil Mitterdarching/Oberdarching samt den anliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen. Sie erfasst damit einen der beiden Siedlungsschwerpunkte der Antragstellerin zu 1 (ca. 700 Einwohner, ca. 150 Haushalte, ca. 20 landwirtschaftliche Betriebe). Die Gesamtfläche des Wasserschutzgebiets beträgt ca. 6 km². Im Geltungsbereich der Verordnung liegen Grundstücke, die im Eigentum der Antragsteller zu 2 bis 70 stehen. § 3 Abs. 1 Nr. 6.1 der Verordnung verbietet die Errichtung oder die Erweiterung baulicher Anlagen im Fassungsbereich und in der engeren Schutzzone; in der weiteren Schutzzone ist die Errichtung oder die Erweiterung baulicher Anlagen nur dann verboten, wenn Abwässer nicht in eine dichte Sammelentwässerung eingeleitet werden oder wenn die Gründungssohle tiefer als 2 m über dem höchsten Grundwasserstand liegt. § 3 Abs. 1 Nr. 6.2 der Verordnung verbietet die Ausweisung neuer Baugebiete im Rahmen der Bauleitplanung im gesamten Schutzgebiet. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.1 der Verordnung ist in der engeren Schutzzone die Errichtung und Erweiterung von Straßen, Wegen und sonstigen Verkehrsflächen verboten, ausgenommen Eigentümerwege und Privatwege ...