Leitsatz (amtlich)
1. Die starke Gewichtung existenzieller Belange führt nicht automatisch zu fortlaufenden Bewilligungen im einstweiligen Rechtsschutz, wenn über längere Dauer und nach intensiven Bemühungen des Trägers der Grundsicherung Mitwirkungsobliegenheiten nicht genügt wird.
2. Eine Folgenabwägung hat danach zu fragen, ob die ohne Mitwirkung festgestellte Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Abwägungsbelangs für den Erfolg des Eilantrags ausreicht, etwa, weil schwere Grundrechtsverletzungen drohen und ein Hauptsacheerfolg zwar nicht überwiegend wahrscheinlich, aber doch möglich ist.
3. Ein Hauptsacheerfolg erscheint nicht möglich, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Fortsetzung des Verweigerungsverhaltens des Antragstellers spricht.
4. Dann gilt auch im Eilverfahren hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs die Beweisverteilung des materiellen Rechts.
5. Ein Leistungsträger ist angesichts seiner wiederholten vorläufigen Bewilligungen trotz ungeklärter wirtschaftlicher Verhältnisse und der Ankündigung künftiger Ablehnungen nach einer "letzten Frist?" ab einer gewissen Zeit nicht mehr gehalten, weitere Leistungen zu erbringen und sich auf eine nachträgliche endgültige Feststellung verweisen zu lassen.
6. In vergleichbaren Situationen hält auch das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung einer vorläufigen Anordnung für gerechtfertigt (01.02.2010, Az: 1 BvR 20/10)
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 1. März 2013 des Sozialgerichts Landshut wird zurückgewiesen.
II. Dem Beschwerdeführer sind keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Gegenstand ist eine Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut (SG) vom 1. März 2013, mit dem ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde.
Der Streitgegenstand in der Hauptsache ist die wiederholte Gewährung (vorläufige Weitergewährung) von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Mit Bescheid vom 01.02.2013 lehnte der Antragsgegner und Beschwerdegegner Leistungen ab 01.02.2013 ab. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden werden die Ausgangsbezeichnungen beibehalten) habe seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Der Antragsteller steht schon seit Einführung der Grundsicherung im Leistungsbezug des Antragsgegners. Bereits früher sind Leistungen wegen fehlender Mitwirkung versagt worden (vgl. z.B. Urteil des SG vom 7. November 2011, Bescheid vom 16.01.2012, Bescheid vom 16.03.2009, Bescheid vom 01.09.2008).
Mit Bewilligungsbescheid vom 19.03.2009 sind dem Antragsteller der Leistungen für die Zeit bis zum 31.08.2009 bewilligt und mit Bescheiden vom 14.05.2009 und 16.07.2009 entzogen und später wieder aufgehoben worden. Mit Bescheid vom 28.07.2009 sind Leistung weiter bewilligt worden bis zum 31.08.2009. Mit einem Bescheid vom 03.09.2009 sind die Leistungen bis zum 28.02.2010 bewilligt und dazwischen abgesenkt und ab 01.12.2009 ganz versagt worden. Mit Bescheid vom 21.01.2010 sind Leistung weiter bewilligt worden bis zum 28.02.2010. Ab 04.03.2010 erfolgte wieder eine Versagung (Bescheid vom 15.03.2010). Ab 23.06.2010 erfolgte eine Versagung ab 20.05.2010.
Am 15.05.2012 wurde als Ergebnis einer mündlichen Verhandlung beim Beschwerdegericht (Bayer. Landessozialgericht - LSG, Az.: L 7 AS 416/11) vom Beklagten/Antragsgegner anerkannt, auf der Grundlage eines Antrags vom 04.03.2010 einen neuen Bescheid zu erlassen und sämtliche Versagungsbescheide bezüglich dieses Zeitraums aufzuheben. Damals erklärte der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung, sich seit März 2010 Geldbeträge zum Lebensunterhalt ausgeliehen zu haben, darüber aber nicht Buch geführt zu haben.
Mit Bescheid vom 19.07.2012 sind wieder Leistungen (für die Zeit von Mai bis einschließlich Juli 2012) vorläufig bewilligt worden. Mit weiterem Bescheid vom 19.07.2012 Leistungen für die Zeit von August bis September 2012. Gleitzeitig erging eine Aufforderung zur Mitwirkung, wonach für die Zeit ab März 2010 eine genaue monatliche Aufstellung über die jeweils zugeflossen Beträge mit Angabe der Darlehensgeber erforderlich sei. Auch sei ein Nachweis erforderlich, aus dem der aktuelle Verkehrswert des Grundstücks bzw. Gebäudes ersichtlich sei, das dem Antragsteller gehöre. Auch darüber entspannten sich Streitigkeiten mit Widerspruchsbescheiden und Klagen. Ein weiterer Bescheid vom 05.10.2012 bewilligte Leistungen für den Monat Oktober 2012. Der Antragsteller erhielt dann von dem Antragsgegner zuletzt mit Bescheid vom 02.11.2012 bzw. Änderungsbescheid vom 24.11.2012 für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 705,00 bzw. 713,00 €.
Gelegentlich übersandte der Antragsteller Kontostandsmitteilungen zu bestimmten Stichtagen, zum Beispiel für den 01.03.2010 bzw. 19.07.2012. Die abgegebene Anlage EK (Einkommenserklärung zu den Einkommensverhältnisse) enthält allgemein gehaltene Bemerkungen, wie zum Beispie...