Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollstreckung. Ermessen. Nicht zu ersetzender Nachteil. Urteilsrente
Leitsatz (amtlich)
Zur Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil, wenn der Erfolg der Berufung trotz Einholung eines Gutachtens noch ungewiss ist.
Normenkette
SGG § 154 Abs. 2, § 198 Abs. 1, § 199 Abs. 2; ZPO §§ 707, 719 S. 1
Tenor
I. Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem mit der Berufung angefochtenen Urteil des Sozialgerichts München vom 8. Dezember 2009 wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe
I.
In dem derzeit im Senat anhängigen Berufungsverfahren (Az.: L 2 U 20/10) ist streitig, ob dem Kläger und Berufungsbeklagten ab 12. Oktober 2007 eine Rente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 3. April 2006 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 12. Oktober 2006 zu bewilligen ist.
Der Kläger erlitt auf dem Weg zur Arbeit am 3. April 2006 mit einem Motorroller einen Verkehrsunfall und stürzte auf die rechte Hüfte. Nach dem H-Arzt-Bericht vom selben Tag erlitt er eine Hüftluxation rechts bei Zustand nach totalendoprothetischem Ersatz des Hüftgelenks (Hüft-TEP) mit einer Lockerung.
Der Beklagte und Berufungskläger holte u.a. ein Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 28. Februar 2007 ein, der eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 30. September 2006 annahm. Ab 1. Oktober 2006 betrage die durch den Unfall bedingte MdE unter 10 v.H. Mit Bescheid vom 11. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2007 erkannte der Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls an, lehnte jedoch einen Anspruch auf eine Rente ab.
Im hiergegen gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht München ein Gutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. L. vom 7. Februar 2008 eingeholt, der die MdE ab 12. Oktober 2006 zunächst mit 10 v.H. einschätzte. Als Unfallfolge bestünden noch unspezifische Coxalgien des rechten Hüftgelenks. Demgegenüber ist der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte Prof. Dr. V. in seinem chirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 30. Juni 2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass die MdE unter Einschluss einer fiktiven MdE vor dem Unfall auf 40 v.H. festzusetzen sei. Dies entspreche den allgemein gültigen Einschätzungen der MdE nach Implantation einer Revisionsendoprothese und der daraus resultierenden Gebrauchsminderung des rechten Beins mit Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks, einer Schwäche der Glutealmuskulatur rechts und einer belastungsabhängigen Schmerzsymptomatik. Dr. L. hat sich in einer ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 2008 dieser Einschätzung nicht anschließen können. In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 11. November 2008 aufgrund klägerischer Einwendungen und einer Stellungnahme des Prof. Dr. V. hat Dr. L. den Verschlimmerungsanteil im Bereich des rechten Hüftgelenks mit 20 v.H. eingeschätzt.
Der Beklagte hat sich auf medizinische Äußerungen des beratenden Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. gestützt, nach dem sich eine unfallbedingte MdE nicht begründen lasse.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2009 die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger ab 12. Oktober 2006 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. auf Dauer zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich zur Begründung auf das Gutachten und die ergänzenden Stellungnahmen des Dr. L. sowie des Prof. Dr. V. gestützt.
Zur Begründung der von dem Beklagten eingelegten Berufung hat dieser sich auf Ausführungen des Dr. L., des Dr. L. sowie des Dr. K. berufen.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. V. F. vom 2. Mai 2010 eingeholt. Durch den Unfall sei es bei bestehendem Vorschaden in Form eines totalendoprothetischen Ersatzes der rechten Hüfte mit steiler Pfanne, zu kurzer Kopfprothese und knöcherner Absprengung zu einer Luxation der rechten Hüfte mit Re-Luxation gekommen. Mit der Implantation einer Modularprothese am 11. September 2007 sei kein ungünstigerer Zustand erreicht worden als er zuvor bestanden habe. Es lasse sich deshalb eine unfallbedingte MdE ohne Staffelung nach Zeiträumen nicht begründen. Auf die vom Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Äußerung des Prof. Dr. V. vorgebrachten Einwendungen hat Dr. F. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juli 2010 an seinen gutachterlichen Ausführungen festgehalten.
Der Beklagte und Antragsteller hat am 3. August 2011 die Aussetzung der Vollziehung der Urteilsrente beantragt; diese werde seit Dezember 2009 gezahlt. Zur Begründung hat er auf die Ausführungen des Dr. F. verwiesen. Spätestens ab Implantation der Modularprothese sei der Vorzustand wieder erreicht, so dass ein Rentenanspruch nicht begründbar sei.
Der Kläger und Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Er hat auf die finanzielle Notwendigkeit des Rentenbezugs s...