Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Festsetzung eines Streitwertes bzw. Gegenstandswertes bei einem Statusfeststellungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Statusfeststellungsverfahren, in denen das Unternehmen und der betroffene Tätige eine aktive Parteirolle einnehmen, sind im Kostenverfahren insgesamt nach § 193 SGG zu behandeln, so dass ein Streitwert nicht festgesetzt werden kann.

2. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist, wenn die Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu erfolgen hat, kein Gegenstandswert festzusetzen.

 

Tenor

Der Antrag des Klägers zu 1), "den Gegenstandswert festzusetzen", wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren beantragten die Kläger die Aufhebung der im Wesentlichen gleichlautenden Bescheide der Beklagten vom 07.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2016, mit denen die Beklagte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens festgestellt hat, dass der Kläger zu 1) bei seiner Tätigkeit im Bereich Schulungen für ein Softwareprodukt für die Klägerin zu 2) vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand und demgemäß der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 17.10.2017 die Anfechtungsklagen hiergegen sowie die Feststellungsklagen, dass der Kläger zu 1) bei seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe, ab, und stützte dabei seine Kostenentscheidung auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gegen das Urteil legten sowohl der Kläger zu 1) als auch die Klägerin zu 2) Berufung beim Bayer. Landessozialgericht ein.

Mit Schreiben vom 20.11.2018 gab die Beklagte ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass der Kläger zu 1) bei seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2) nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand. Versicherungsfreiheit werde dementsprechend noch durch Bescheid festgestellt. Die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten würden auf Antrag in voller Höhe übernommen. Sowohl der Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) nahmen das Anerkenntnis der Beklagten an.

In der Folge stellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 1) auf den Standpunkt, dass es sich in beiden Instanzen um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197a SGG gehandelt habe und deshalb ein Streitwert bzw. Gegenstandswert festgesetzt werden müsse.

Auf richterlichen Hinweis, dass es sich um ein Verfahren nach § 193 SGG ebenso wie in den ersten Instanzen auch in der Berufungsinstanz handele, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 1) mit Schreiben vom 17.04.2019 "nochmals", "den Gegenstandswert festzusetzen". Weder der Kläger zu 1) noch die Klägerin zu 2) seien privilegiert im Sinne des § 183 SGG gewesen. Der Kläger zu 1) sei selbständiger Unternehmer und damit weder Versicherter noch Leistungsempfänger. Da auch die Klägerin zu 2) als Unternehmerin nicht privilegiert sei, käme § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG zur Anwendung und der Grundsatz der Kosteneinheitlichkeit sei schon aus diesem Grund hier nicht entscheidungsrelevant.

II.

Der Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 1), "den Gegenstandswert festzusetzen" bleibt ohne Erfolg, da für das Klage- sowie das Berufungsverfahren weder ein Streit- noch ein Gegenstandswert festzusetzen ist.

1. Ein Streitwert ist nicht festzusetzen.

Soweit der Kläger zu 1) geltend macht, es handele sich um ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197a SGG, ist der Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 1) dahingehend auszulegen, dass dieser eine Festsetzung des Streitwertes durch Beschluss für die erste und zweite Instanz begehrt.

Dieser Antrag auf Streitwertfestsetzung ist abzulehnen, weil weder das erstinstanzliche Klageverfahren noch das Berufungsverfahren gerichtskostenpflichtig waren und demgemäß kein Streitwert festzusetzen ist. Die Festsetzung eines Streitwerts erfolgt nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Gerichtskostengesetz (GKG) nur dann, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

Im vorliegenden Fall ist der Kläger zu 1) "Versicherter" im Sinne von § 183 Satz 1 SGG und damit kostenprivilegiert. Denn es ist über seinen Status als Versicherter gestritten worden (BSG Urteil vom 05.10.2006, B 10 LW 5/05 R; vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 24.03.2011, L 8 R 1107/10 B ausdrücklich für das Statusfeststellungsverfahren). Unabhängig vom Ausgang eines Verfahrens um die Frage einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit ist ein Betroffener, über dessen Status die Rentenversicherung entschieden hat, im gerichtlichen Verfahren als Versicherter anzusehen und damit kostenprivilegiert nach § 183 SGG (LSG NRW aaO Rz 6, vgl. insoweit auch die Kostenentscheidung des BSG im Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 15/11 R Rz 43 hinsichtl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge