Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für die Kostentragung ist das Erfolgsprinzip, bei dem inhaltliche und zeitliche Gesichtspunkte beachtlich sind. Nur ausnahmsweise ist eine Korrektur durch das Veranlassungsprinzip möglich.
Tenor
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu einem Viertel zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig zwischen den Beteiligten war die Höhe des Grads der Behinderung (GdB).
Mit Bescheid vom 08.08.2007 lehnte der Beklagte einen Neufeststellungsantrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass der GdB nach wie vor 30 betrage. Widerspruch und Klage, die auf einen GdB von 50 gerichtet waren, blieben erfolglos. Im Rahmen eines Erörterungstermins beim Bayer. Landessozialgericht am 08.10.2012 haben die Beteiligten vergleichsweise einen GdB von 40 ab dem 01.04.2008 vereinbart. Eine Einigung über die Kostenerstattung ist nicht erzielt worden; die Beteiligten haben insofern eine Entscheidung des Gerichts beantragt.
II.
Eine Kostenentscheidung durch das Gericht ist nicht wegen § 195 SGG entbehrlich, da die Beteiligten die Kostenfrage ausdrücklich vom Vergleich ausgenommen und eine Entscheidung des Gerichts beantragt haben. Das Gericht hat über die Kosten des gesamten gerichtlichen Verfahrens zu befinden. Die Kosten des Vorverfahrens gehören zu den außergerichtlichen Kosten im Sinne des § 193 SGG (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, Keller, ders., SGG, 10. Aufl. 2012, § 193, Rdnr. 5a).
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss über die Kostenerstattung, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Die Kostenentscheidung trifft das Gericht nach sachgerechtem Ermessen. Dabei sind in der Regel der Ausgang des Verfahrens sowie sonstige kostenrechtlich erhebliche Umstände des Verfahrens zu beachten.
Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z.B. Beschlüsse vom 03.06.2005, Az.: L 15 B 595/04 SB, vom 24.05.2011, Az.: L 15 SB 66/09, vom 20.12.2011, Az.: L 15 VS 6/08, vom 02.05.2012, Az.: L 15 SB 67/09, vom 18.05.2012, Az.: L 15 VH 5/08, und vom 02.07.2012, Az.: L 15 SB 36/09) ist die Kostenentscheidung in der Regel nach den Grundsätzen des sogenannten Erfolgsprinzips zu treffen. Dies ist damit zu begründen, dass es grundsätzlich der Billigkeit entspricht, wenn die Kostentragung durch den Ausgang des Verfahrens bestimmt wird (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20.06.1962, Az.: 1 RA 66/59). Dies bedeutet, dass die voll unterliegende Partei grundsätzlich die Kosten voll zu tragen hat. Bei nur teilweisem Erfolg der Klage ist nur ein Teil der Kosten zu erstatten. Die Quote der Kostenerstattung ist unter Berücksichtigung des Klageantrags bzw. des Klagebegehrens sowie des Zeitpunkts und Umfangs des Erreichten zu ermitteln.
In Ausnahmefällen kann das Veranlassungsprinzip als Korrektiv des grundsätzlich maßgeblichen Erfolgsprinzips herangezogen werden. Im angeführten Beschluss des erkennenden Senats vom 03.06.2005 sind als Beispiele Verfahren genannt worden, in denen sich die gesundheitlichen Verhältnisse des Betroffenen nach Erlass des Widerspruchsbescheids, nach Klageerhebung oder auch nach Einlegung der Berufung nicht im Rahmen eines fließenden Geschehens geändert haben, wie dies oft der üblichen Entwicklung entspricht, sondern etwa wegen eines Unfalls, der Diagnose einer bisher nicht bekannten bösartigen Erkrankung oder wegen des Eintritts einer sonstigen völlig neuen Erkrankung, die bisher auch nicht im Anfangsstadium oder in leichterer Form festgestellt oder zumindest geltend gemacht war. Weiter sind die aufgezeigten Beispiele dadurch gekennzeichnet, dass der Beklagte auf die Veränderung des Gesundheitszustands unverzüglich, sei es durch Anerkenntnis, Vergleichsangebot oder Neufeststellungsbescheid, reagiert hat. Allen diesen Ausnahmefällen ist es zu eigen, dass es sich bei den letztlich zum Erfolg führenden Gesichtspunkten um solche handelt, deren bis dahin erfolgte Nichtberücksichtigung nicht dem Beklagten vorgehalten werden kann und die nicht auf einer naheliegenden Entwicklung beruhen, und zudem der Beklagte bei Bekanntwerden alsbald die sachangemessene Berücksichtigung im Sinne des Betroffenen durchgeführt hat.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin das Klageziel in der Sache nur teilweise erreicht. Das mit dem Vergleich Erreichte bleibt hinter dem Klageziel der Klägerin, einem GdB von 50 statt 30 ab Verschlimmerungsantrag im Jahr 2007, unter zwei Gesichtspunkten zurück: Weder hat sie einen GdB von 50 erreicht - im Vergleich ist ein GdB von 40 und damit die Mitte zwischen dem vom Beklagten festgestellten und dem von der Klägerin angestrebten GdB vereinbart worden - noch hat sie eine Erhöhung des GdB bereits ab Antrag im Jahr 2007 erreicht - im Vergleich ist ein höherer als der vom Beklagten festgestellte GdB nicht ab Antragszeitpunkt, sondern erst ab einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Jahr 2008 festgeschrieben worden. Dieses doppelte Zurückbleiben des Erreichten hinter dem Angestrebten führt zu einer zweimaligen Ha...