Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde. Schriftform. E-Mail. Elektronische Signatur. Wiedereinsetzung. Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Wenn keine Rechtsverordnung nach § 65a SGG besteht, können verfahrenserhebliche Schriftsätze nicht durch E-Mail eingereicht werden. Dies gilt sowohl für den erstinstanzlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als auch für die Beschwerde.
Normenkette
SGG § 65a Abs. 1, §§ 67, 173; BGB § 126 Abs. 1
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht Landshut vom 18. Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, unter anderem die Kosten einer neuen Heizungsanlage zu übernehmen.
Die 1957 geborene Antragstellerin bewohnt ein Eigenheim, dessen Heizungsanlage nach ihren Angaben seit Winter 2007 funktionsunfähig ist. In diesem Zusammenhang hat die Antragstellerin zahlreiche Eilverfahren veranlasst, in denen sie erfolglos die Kosten der Reparatur der Heizung, der Erneuerung der Heizung, den Ersatz eines Frostschadens, die laufenden Heizungskosten und eine Nachzahlung einer Strom-Schlussabrechnung begehrte (BayLSG, L 16 AS 128/10 B ER, L 16 AS 191/10 B ER, L 16 AS 192/10 B ER, L 16 AS 193/10 B ER, L 16 AS 194/10 B ER, L 16 AS 195/10 B ER).
Am 05.01.2011 gingen beim Sozialgericht Landshut ein E-Mail und als E-Mail-Anhang ein handschriftliches Schreiben (JPG-Datei) ohne Unterschrift ein, in denen die Kosten für Eintritte und Fahrten in ein Bad, die Kosten für die Erneuerung der Heizung, die Erstattung der Kosten einer Reparatur der Heizung, die Erstattung der Kosten eines Schneeschadens, die Übernahme von Krankheitskosten und die Kosten für einen Frostschaden vom Dezember 2009 begehrt wurden.
Mit Beschluss vom 18.01.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Teilweise stehe den Anträgen die Rechtskraft der früheren Entscheidungen entgegen. Im Übrigen seien für die einzelnen Ansprüche weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Wegen den Kosten für eine neue Heizungsanlage fehle es auch an der Erfüllung der Mitwirkungspflichten. Im übrigen sei die Beheizung des Hauses durch vom Antragsgegner bezahlten Heizstrom sichergestellt. Dieser Beschluss wurde der Antragstellerin am 21.01.2011 per PZU zugestellt.
Am 17.02.2011 ist beim Bayerischen Landessozialgericht ein E-Mail eingegangen, das sich gegen den Beschluss vom 18.01.2011 richtet. Wegen finanzieller Schwierigkeiten könne das E-Mail nicht ausgedruckt werden. Die nachgesandte Unterschrift solle diesem Aktenzeichen zugeordnet werden. Die Unterlagen würden krankheitsbedingt wohl erst Anfang nächster Woche nachgesandt werden können. Beigefügt war ein Angebot eines Handwerksbetriebs für eine neue Heizungsanlage zum Preis von 28.532,30 Euro. Das Gericht wies die Beteiligten auf die unzureichende Form hin. Am 23.02.2011 ging beim Sozialgericht Landshut eine schriftliche Bestätigung zum E-Mail vom 17.02.2011 mit handschriftlicher Unterschrift ein.
II.
Die Beschwerde ist bereits als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist in der erforderlichen Schriftform eingegangen ist.
Nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt wird.
Die Zusendung eines E-Mails genügt der vorgeschriebenen Schriftform nicht.
Nach § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG können dem Gericht elektronische Dokumente übermittelt werden, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung zugelassen worden ist. Es gibt in Bayern keine derartige Rechtsverordnung. Daher können keine verfahrenserheblichen Schriftsätze durch E-Mail eingereicht werden (Breitkreuz/Fichte, Sozialgerichtsgesetz, 2009, § 65a Rn. 4). Dies gilt sowohl für die Beschwerde als auch für den erstinstanzlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auch der erstinstanzliche Eilantrag ist in elektronischer Form nur unter den Voraussetzungen von § 65a SGG möglich (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 8b).
Die Beschwerde per E-Mail ist aus einem weiteren Grund unwirksam. Ein E-Mail, das einem unterzeichneten Schriftstück gleichstehen soll, müsste nach § 65a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGG mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder in einem anderen zugelassenen sicheren Verfahren übermittelt worden sein. Eine Beschwerde muss nach § 173 Satz 1 SGG schriftlich eingelegt werden. Dies bedeutet, dass ein eigenhändig unterschriebener Schriftsatz vorgelegt werden muss (vgl. § 126 Abs. 1 BGB und Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 173 Rn. 3). Eine Vorschrift, die das ...