Leitsatz (amtlich)

Zur Rechtmäßigkeit einer Sanktion wegen eines Verstoßes gegen die Festlegungen eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes.

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.03.2012 wird teilweise aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 03.04.2012 gegen den Sanktionsbescheid vom 16.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2012 wird angeordnet.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 monatlich jeweils 112,20 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat 1/4 der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig sind verschiedene Sanktionsbescheide sowie die Zahlung ungekürzter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der Antragsteller (ASt) bezieht Alg II vom Ag. Wegen der Nichtbefolgung einer Meldeaufforderung vom 06.12.2011 im Hinblick auf einen Vorsprachetermin am 09.01.2012 minderte der Ag mit Sanktionsbescheid vom 13.01.2012 das Alg II für die Zeit vom 01.02.2012 bis 30.04.2012 im Umfang von 37,40 € monatlich (10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs). Die Kürzung wurde auch im Bewilligungsbescheid vom 13.01.2012 idF der Änderungsbescheide vom 16.02.2012 und 29.02.2012 für die Neubewilligung von Alg II ab 01.02.2012 berücksichtigt. Einen Antrag des ASt auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 31.01.2012 gegen den Sanktionsbescheid vom 13.01.2012 hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Beschluss vom 22.02.2012 (Az: S 19 AS 141/12 ER) abgelehnt.

Nachdem Verhandlungen zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung (EGV) scheiterten, ersetzte der Ag mit Bescheid vom 08.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2011 die in der EGV zu bestimmenden Regelungen durch Verwaltungsakt. Die Festlegungen sollten für die Zeit vom 08.08.2011 bis 07.02.2012 gelten, soweit nicht zwischenzeitlich anderes vereinbart würde. Unter Ziffer 2. regelte der Ag u.a. die vom ASt geforderten Bemühungen wie folgt:

"... Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von wöchentlich - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens 2 Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber monatlich bis zum 5. des Folgemonats unaufgefordert folgende Nachweise vor: Kopien der Bewerbungsanschreiben und Vorlage der Antwortschreiben der Firmen ..."

Nachdem der ASt keine Bewerbungsnachweise für August und September 2011 vorlegte, minderte der Ag mit Bescheid vom 06.12.2011 das Alg II für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.03.2012 im Umfang von 112,20 € monatlich (30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs). Nachdem auch für Oktober und November 2011 keine Bewerbungsnachweise vorgelegt wurden, minderte der Ag mit Bescheid vom 09.01.2012 das Alg II für die Zeit vom 01.02.2012 bis 30.04.2012 im Umfang von 112,20 € (30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs). Jeweils mit Bescheid vom 16.02.2012 nahm der Ag die Sanktionsbescheide vom 06.12.2011 und 09.01.2012 wieder zurück.

Mit drei Sanktionsbescheiden vom 16.02.2012 minderte der Ag jeweils das Alg II für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 im Umfang von 112,20 € monatlich (30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs), da der ASt für die Zeiten September 2011, Oktober und November 2011 sowie Dezember 2011 keine Nachweise über Eigenbemühungen vorgelegt habe. Mit Änderungsbescheid vom 29.02.2012 hob der Ag zwei Sanktionsbescheide vom 16.02.2012 im Hinblick auf die Eigenbemühungsnachweise für Oktober und November 2011 sowie Dezember 2011 wieder auf und änderte die ursprüngliche Leistungsbewilligung des Bewilligungsbescheides vom 13.01.2012 dementsprechend auch unter Berücksichtigung der verbliebenen Sanktion ab. Den gegen den Sanktionsbescheid vom 16.02.2012 im Hinblick auf die Eigenbemühungsnachweise für September 2011 vom ASt eingelegten Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2012 zurück. Über die dagegen beim SG erhobene Klage (Az: S 10 AS 423/12) ist bislang nicht entschieden.

Der ASt hat beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und dabei die Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide vom 06.12.2011, 09.01.2012 und 13.01.2012, sowie hilfsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen die Sanktionsbescheide beantragt. Er sei chronisch krank. In dem die EGV ersetzenden Verwaltungsakt sei seine Arbeitsunfähigkeit nicht berücksichtigt und sie sei zudem nicht von ihm unterzeichnet worden. Wegen seiner Krankschreibung habe er auch eine Zuwiderhandlung nicht verschuldet. Im Hinblick auf die Meldepflichtverletzung sei seine Krankheit und Bettlägerigkeit zu berücksichtigen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 21.03.2012 abge...

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