Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
In der Regel ist eine testpsychologische Untersuchung mit 0,5 Std./Test zu vergüten, bei außergewöhnlich schwierigen Probanden kann aber abweichend davon die tatsächlich erforderliche Untersuchungszeit gewährt werden.
Tenor
Die Entschädigung der Antragstellerin für die Fertigung des testpsychologischen Zusatzgutachtens vom 20.10.2009 wird gemäß § 4 Abs. 1 JVEG auf 913,33 EUR festgesetzt. Der Antragstellerin sind 89,25 EUR nachzuentrichten.
Gründe
I.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängigen Rechtsstreit M. S. gegen Kommunaler Sozialverband Sachsen (KSV Sachsen) mit Az.: L 15 VG 21/08 ist Priv.-Doz. Dr. S. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Hierfür hat die Antragstellerin das testpsychologische Zusatzgutachten vom 20.10.2009 gefertigt (Akten-Bl.119 bis 139).
Die Kostennote der Antragstellerin vom 20.10.2009 mit Kenn-Nr.7083/09 über 2.023,00 EUR ist mit Nachricht der Kostenbeamtin des BayLSG vom 04.11.2009 auf 824,08 EUR gekürzt worden. Berücksichtigungsfähig sei nicht der geltend gemachte Zeitaufwand von 19,5 Stunden, sondern gerundet ein Zeitaufwand von nur 13 Stunden. Hierfür sei eine Honorierung nach der Honorargruppe M1 und nicht nach M3 angemessen.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 13.11.2009 hervorgehoben, das testpsychologische Zusatzgutachten sei im Rahmen des Auftrags zum Gutachten nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) erstellt worden, wofür die Entschädigung nach der Honorargruppe M3 (Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad) vorgesehen sei. In solchen Verfahren würden testpsychologische Zusatzgutachten immer nach dieser Honorargruppe abgerechnet, weil der Schwierigkeitsgrad eines Gutachtens nicht durch das Fachgebiet, in dem es erstattet werde, sondern durch den konkreten Gegenstand, also die Fragestellung des Gutachtens, bestimmt werde. Damit könne der erforderliche Schwierigkeitsgrad auch in einem testpsychologischen Zusatzgutachten gegeben sein, insbesondere wenn dieses wie im vorliegenden Fall u.a. auf die Befunde höherer testpsychologischer Untersuchungen eingehe und einen Vergleich zwischen aktuellen Ergebnissen und früheren Befunden vollziehe und so eine detaillierte Persönlichkeitsbeschreibung und auch Persönlichkeitsprognose abgebe. - Bezüglich der Kürzung der Untersuchungszeit sei anzumerken, dass die Untersuchungsdauer bei einer Person mit einer Intelligenzminderung im Allgemeinen länger als bei durchschnittlich Intelligenten sei, wie es auch im Fall des Klägers (Gesamt-IQ von 53) gewesen sei. Neben dieser nur geringfügig längeren Untersuchungszeit sei auch zu berücksichtigen, dass die Durchführung einiger Testverfahren mindestens eine Stunde, in der Regel 1,5 bis zwei Stunden betrage und dies ohne Auswertung und Interpretation. Insofern entspreche eine pauschale Ansetzung von 0,5 Stunden pro Testverfahren nicht den reellen Gegebenheiten. - Für die Abfassung, Diktat und Durchsicht des Gutachtens werde, wie auch im psychiatrischen Gutachten, die tatsächlich aufgewendete Zeit in Rechnung gestellt.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat dem Begehren der Antragstellerin nicht abgeholfen und den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs.1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn die Berechtigte dies wie hier mit Schriftsatz vom 13.11.2009 beantragt. Die Entschädigung für das gefertigte testpsychologische Zusatzgutachten vom 20.10.2009 ist auf 913,33 EUR festzusetzen. Der Antragstellerin sind 89,25 EUR nachzuentrichten.
Entsprechend der Grundsatzentscheidung des 15. Senats des BayLSG als Kostensenat vom 19.03.2007 - L 14 R 42/03.Ko hat der Präsident des BayLSG mit Schreiben vom 25.05.2007 neue Bemessungskriterien für die Feststellung der Vergütung für in erster Linie medizinische Gutachten nach dem JVEG verfügt. Danach ist für das Aktenstudium 100 Blatt pro Stunde einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten bei mindestens 25 % medizinisch gutachtensrelevantem Inhalt anzusetzen. In allen anderen Fällen dagegen erscheinen 150 bis 200 Blatt pro Stunde angemessen. Das von der Rechtsprechung des Kostensenats im Einzelfall zugebilligte und davon abweichende Aktenstudium bleibt natürlich davon unberührt, z.B. nur eine bis zwei Stunden bei einem testpsychologischen Zusatzgutachten nach dem JVEG.
Dementsprechend sind, wie beantragt, für das Aktenstudium hier zwei Stunden vergütungsfähig.
Weiterhin hat der 15. Senat des BayLSG als Kostensenat in ständiger Rechtsprechung zuletzt mit Beschluss vom 02.01.2007 - L 16 R 443/03.Ko - bestätigt, dass je testpsychologischer Untersuchung 0,5 Stunden anzusetzen sind. Es handelt sich hierbei um eine pauschalierende Betrachtungsweise, die grundsätzlich Abweichungen nach unten und oben im konkreten Einzelfall ausgleicht. Wenn die Kostenbeamtin des BayLSG hier für insgesamt neun Tests nur 4,5 Stunden angesetzt ...