Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Geltendmachung einer Erstausstattung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Geltendmachung einer Erstausstattung erfordert eine gesonderte Antragstellung.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10. Februar 2017 - S 18 AS 29/16 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Aufwendungen des Klägers für die Erstausstattung einer Wohnung nach einem Umzug.

Der Kläger bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 27.07.2015 beantragte er u. a. die Zusicherung der Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft und die Übernahme der Umzugskosten für einen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten notwendig werdenden Umzug. Er habe kein Fahrzeug und keine Helfer zur Verfügung. Ein Umzug sei notwendig. Zum 31.08.2015 zog er nach seinen Angaben aus seiner 17 qm großen Wohnung aus und in eine neue, größere Wohnung ein. Nach anfänglicher Ablehnung der Erteilung der Zustimmung zu einem Umzug sind die Kosten der neuen Wohnung vom Beklagten nach Widerspruch übernommen worden.

Mit Schreiben vom 05.11.2015 teilte der Kläger im Rahmen eines anderweitigen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) mit, für die neue Wohnung habe er Aufwendungen für neue, bisher nicht vorhandene Einrichtungsgegenstände - u. a. Rollos, Gardinen, Regale, Sofa etc. - sowie für Renovierungsmaterial im Wert von 882,65 EUR gehabt. Mit Bescheid vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2016 bewilligte der Beklagte 100,00 EUR für die Einzugsrenovierung und 354,00 EUR für die Erstausstattung. Die Aufwendungen seien bis zum 21.09.2015 entstanden, ein Antrag aber sei erst mit Schreiben vom 05.11.2015 gestellt worden. Am 27.07.2015 sei lediglich u.a. die Zustimmung zum Umzug beantragt worden.

Dagegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und eine Erstattung in Höhe von insgesamt 882,65 EUR begehrt. Nach einem Hausbesuch am 20.07.2016 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2016 weitere 62,89 EUR an Kosten für die Erstausstattung. Nach erfolgreicher Ablehnung eines ehrenamtlichen Richters hat der Kläger auch die Vorsitzende der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch ist mit Beschluss vom 20.12.2016 - S 6 SF 101/16 AB - zurückgewiesen worden. In der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2017 hat der Beklagte laut Protokoll auf die fehlende rechtzeitige Antragstellung hingewiesen und der Kläger hat die Abänderung des Bescheides vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2016 und des Bescheides vom 31.08.2016 sowie die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung von 882,65 EUR an Erstausstattung beantragt.

Das SG hat mit Urteil vom 10.02.2017 die Klage abgewiesen. Leistungen für die Erstausstattung seien nur auf gesonderten Antrag gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB II und gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung zu erbringen. Die Erstausstattung sei laut vorgelegten Belegen bis 21.09.2015 angeschafft, ein Antrag sei jedoch erst am 05.11.2015 gestellt worden. In den Schreiben vom 27.07.2015 und vom 01.09.2015 fänden sich keine Hinweise auf die diesbezüglich erforderliche gesonderte Antragstellung. Insbesondere sei ein solcher Antrag bezüglich der Erstausstattung nicht im Antrag auf Erteilung der Zustimmung zum Umzug zu sehen, denn dabei handele es sich um voneinander unabhängige Kosten. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 10/09 R - veröffentlicht in juris) sei wegen der zwischenzeitlichen Rechtsänderung hinsichtlich des Erfordernisses eines gesonderten Antrages nicht mehr heranzuziehen. Zusätzlich hat das SG festgestellt, dass auch nach dieser Rechtsprechung ein Kostenersatzanspruch für die Selbstbeschaffung eine Eil- und Notlage voraussetze und dass der Beklagte vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren befasst gewesen sei. Eine Eil- oder Notlage habe hier aber ebenso wenig vorgelegen wie eine vorherige Befassung des Beklagten mit der Sache. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Wegen der zunächst verweigerten Zustimmung zum Umzug wäre klar gewesen, dass der Beklagte auch die damit verbundenen Bedarfe wie Erstausstattung und Renovierung verweigern würde. Er habe sich die notwendigen Materialien und Gegenstände nach Vertragsschluss daher selbst beschafft. Für die Erstausstattung habe er 882,65 EUR ausgegeben; dies sei angemessen. Erst mit Bescheid vom 22.09.2015 sei die neue Wohnungsmiete anerkannt worden. Im Rahmen eines anderweitigen Verfahrens gegen den Beklagten habe er einstweiligen Rechtsschutz beim SG begehrt und mit Schreiben...

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