Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Verwerfung einer unstatthaften Berufung durch Beschluss
Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Berufung mangels Erreichen der Berufungssumme nicht statthaft, kann eine Entscheidung durch Beschluss (§ 158 SGG) auch dann ergehen, wenn erstinstanzlich ein Gerichtsbescheid mit zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung erlassen wurde.
2. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ist Genüge getan, wenn ein Antrag nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGG hätte gestellt werden können.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10.12.2018 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung in Höhe von 602,21 € für eine Unterkieferprothese über den doppelten Festzuschuss hinaus streitig.
1. Der Kläger hat in der Klage vor dem Sozialgericht Augsburg die Differenz zwischen dem Heil- und Kostenplan seines Zahnarztes in Höhe von 892,19 € und der Genehmigung des doppelten Festzuschusses in Höhe von 289,98 € begehrt (Bescheid der Beklagten vom 24.10.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2018). Im Vorfeld hatte der Kläger für ein geplantes Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz Prozesskostenhilfe beantragt, die das Sozialgericht mit Beschluss vom 08.07.2017 mangels Erfolgsaussichten abgelehnt hat (Az: S 2 KR 298/17 PKH). Die dagegen erhobene Beschwerde ist mit Beschluss vom 22.08.2018 als unzulässig gemäß § 172 Abs.3 Nr. 2 SGG zurückgewiesen worden, da die Berufungssumme im Hauptsacheverfahren nicht erreicht war (Az.: L 4 KR 425/17 B PKH).
Das Sozialgericht hat die Klage nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten (Beschluss vom 08.10.2018) mit Gerichtsbescheid vom 10.12.2018 abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten entsprächen den gesetzlichen Regelungen in §§ 55, 56 SGB V. Der Gerichtsbescheid ist mit Rechtsmittelbelehrung der Unzulässigkeit der Berufung und der Möglichkeit des Antrags auf mündlichen Verhandlung bzw. Nichtzulassungsbeschwerde versehen gewesen und dem Kläger am 12.12.2018 per Postzustellungsurkunde zugestellt worden.
2. Der Kläger hat dagegen am 09.01.2019 Berufung eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er mitgeteilt, das Sozialgericht habe ihm rechtliches Gehör nicht gewährt. In der Sache hat der Kläger vorgetragen, es seien höhere Festzuschüsse durch das TSVG zu erwarten und die Festzuschussberechnung der Beklagten sei fehlerhaft.
Das Gericht hat den Kläger auf die Unzulässigkeit der Berufung und die Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hingewiesen. Mit Beschluss vom 01.02.2019 ist das Verfahren auf die Berichterstatterin übertragen worden. Mit Beschluss vom 18.02.2019 ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt worden. Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 28.03.2019 hat der Kläger um Terminsaufhebung gebeten und mitgeteilt, er sei in den nächsten Monaten gesundheitsbedingt nicht reisefähig. Das Gericht hat den Termin daraufhin aufgehoben und eine schriftliche Entscheidung angekündigt.
II.
Die Entscheidung kann durch Beschluss nach § 158 S. 2 SGG ergehen. Der Kläger hat aufgrund der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung die Möglichkeit gehabt, gemäß § 105 Abs. 2 S.2 SGG mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht zu beantragen (vgl. LSG BB, Beschluss. v. 18.06.2010 - L 10 AS 779/10; LSG NRW, Beschluss v. 23.08.2013 - L 7 AS 1062/13). Dies hat der durchaus gerichtserfahrene Kläger trotz zutreffender und vollständiger Rechtsmittelbelehrung nicht getan, sondern ausdrücklich Berufung eingelegt.
Die Voraussetzung des § 158 S. 1 SGG ist erfüllt. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10.12.2018 ist nicht statthaft.
Zum einen übersteigt der Wert der Beschwer nicht den maßgeblichen Betrag in Höhe von 750 € (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Zum anderen handelt es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen von mehr als einem Jahr nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das von dem Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhaltes an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie dem Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (BSG, Urt. v. 23.11.2006 - B 11b 9/09). Dies ist vorliegend die Differenz zwischen dem Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. S. vom 24.01.2017 in Höhe von 892,19 € und der Genehmigung des doppelten Festzuschusses in Höhe von 289,98 €. Damit liegt die Beschwer bei einer Summe von 602,21 € (so auch BayLSG - L 4 KR 425/17 B PKH).
Mangels Zulässigkeit der Berufung verbietet sich eine materiell-rechtliche Prüfung des geltend gemachten Leistungsanspruchs.
Der Gerichtsbescheid vom 10.12.2018 ist gemäß § 105 Abs. 3 SGG bestandskräftig.
Die Ko...