rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung. Sonderkündigungsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Für den Antragsteller, der ein Sonderkündigungsrecht geltend macht, tritt ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung keine erhebliche Verletzung von Rechten ein, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung nicht mehr beseitigt werden kann, da der Antragsteller durch die Antragsgegnerin weiterhin Versicherungsschutz erhält und an diese Krankenkasse insgesamt 18 Monate gebunden ist (§ 175 Abs. 4 S. 1 SGB V), die Beitragssatzerhöhung geringfügig ist und der Antragsteller, sollte er im Verfahren der Hauptsache obsiegen, gegen die Antragsgegnerin einen Herstellungsanspruch bzw. Anspruch auf Rückerstattung der möglicherweise zu Unrecht entrichteten Beiträge/Beitragsteile nach § 26 Abs. 2 SGB IV hat, der gemäß § 27 Abs. 1 SGB IV mit 4 % verzinst wird.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2; SGB V § 175 Abs. 4 S. 5
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 29.06.2004; Aktenzeichen S 9 KR 184/04 ER) |
Tenor
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 29. Juni 2004 wird aufgehoben und der Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller war seit August 2003 Mitglied der früheren Taunus BKK mit einem Beitragssatz von 12,8 %. Die Krankenkasse fusionierte am 01.04.2004 mit der BKK Braunschweig zur neuen Taunus BKK (Antragsgegnerin); der Beitragssatz wurde ab diesem Zeitpunkt mit 13,8 % festgelegt. Mit Schreiben vom 08.04.2004 kündigte er bei der Antragsgegnerin die Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt wegen der "Beitragserhöhung". Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 26.04. 2004 die Kündigung zum 30.06.2004 ab, durch die Fusion mit der BKK Braunschweig sei eine neue Kasse entstanden und es sei ein neuer Beitragssatz festgelegt worden, daraus ergebe sich kein Sonderkündigungsrecht. Der vom Antragsteller mit Schreiben vom 29.04.2004 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2004 zurückgewiesen. Im Falle einer Vereinigung von Krankenkassen seien die bisherigen Krankenkassen mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung geschlossen. Damit würden die jeweiligen Satzungen der geschlossenen Krankenkassen außer Kraft treten und somit auch die Beitragssätze. Die neu entstandene Taunus BKK habe in der neu beschlossenen Satzung auch einen neuen Beitragssatz festgesetzt. Gegenüber dem Beitragssatz der Vorkassen könne es daher nicht zu einer Beitragssatzerhöhung kommen.
Der Antragsteller hat hiergegen am 15.06.2004 beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben und ferner beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum 30.06.2004 auszustellen. Die Antragsgegnerin hat in der Stellungnahme vom 22.06.2004 an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten.
Das SG hat mit Beschluss vom 29.06.2004 festgestellt, dass die Kündigung der Mitgliedschaft zum 30.06.2004 rechtmäßig erklärt worden sei und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum 30.06.2004 auszustellen. Der geltend gemachte Anordnungsanspruch ergebe sich aus dem Sonderkündigungsrecht des Antragstellers im Falle einer Beitragssatzerhöhung. Sinn und Zweck des Sonderkündigungsrechts sei zunächst der Schutz des Versicherten, einer stärkeren finanziellen Belastung auf Grund einer Beitragssatzerhöhung durch einen Kassenwechsel zu entgehen, andererseits solle dieses Kündigungsrecht auch einen Anreiz für die Krankenkasse darstellen, sich um eine wirtschaftliche Leistungserbringung und Verwaltung zu bemühen und Beitragssatzerhöhungen möglichst zu vermeiden. Diese Ziele des Sonderkündigungsrechts würden umgangen, wenn eine Beitragssatzerhöhung im Zuge einer Fusion nicht zu einem Sonderkündigungsrecht führen würde. Der Antragsteller solle durch die Fusion zweier Kassen nicht schlechter gestellt werden als vorher, weshalb sich die neu entstandene Kasse die bisherigen Beitragssätze der alten Krankenkasse als Rechte der bisherigen Mitglieder anrechnen lassen müsse. Demgegenüber sei ein von Gesetzes wegen geschütztes Interesse der nach einem Zusammenschluss von Kassen entstandenen neuen Solidargemeinschaft nicht zu erkennen. Die Kündigung sei fristgemäß erfolgt, die Antragsgegnerin sei daher verpflichtet, unverzüglich eine Kündigungsbestätigung zum 30.06.2004 auszustellen. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben, da dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zuzumuten sei. Er müsse bis dahin und - soweit noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen sei - längstens bis zum Ablauf der 18-monatigen Kündigungsfrist Mitglied der Antragsgegnerin bleiben und wäre gezwungen, den erhöhten Beitragssatz zu entrichten. Bei einem Obsiegen in der Hauptsache hätte er möglicherweise nur einen Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin auf Rückerstattung der zu viel entrichteten Beiträge. Ferner ergebe sich ein Ano...