Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Asylbewerberleistungsrecht. Leistungsberechtigter. Anspruchseinschränkung. Kürzung der Grundleistung nach § 3 AsylbLG. Verletzung der Mitwirkungspflicht. Wegfall des Taschengeldes
Leitsatz (amtlich)
Zur Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG (hier: vorläufiger Rechtsschutz).
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.2009 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag, dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Einschränkung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der im Jahr 1989 geborene Beschwerdeführer (Bf) ist im Besitz einer Duldung nach § 60a Abs 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Seinen Asylantrag vom 01.02.2006 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit rechtskräftigem Bescheid vom 26.04.2006 ab. Er ist untergebracht in einer Gemeinschaftsunterkunft und bezieht Leistungen nach dem AsylbLG, insbesondere von der Beschwerdegegnerin (Bg) Leistungen im Rahmen des § 3 Abs 1 AsylbLG (Geldbetrag für persönliche Bedürfnisse in Höhe von 40,90 EUR - "Taschengeld" - und Sachleistungen in Form der Bekleidungspauschale).
Auf Veranlassung des Ausländeramtes der Stadt A-Stadt wurde der Bf am 30.10.2006 bei der sudanesischen Botschaft vorgeführt. Am 07.08.2007 erfolgte eine Vorführung bei der Botschaft von Nigeria. Hierzu wird in der Mitteilung der Regierung von Oberbayern (Zentrale Rückführungsstelle) vom 27.08.2007 an das Ausländeramt ausgeführt: "Die nigerianische Botschaft konnte die nigerianische Staatsangehörigkeit ausschließen. Aufgrund des Interviews werde folgende Staatsangehörigkeit vermutet: Sudan"
Auf das Auskunftsersuchen der Bg vom 04.03.2009 teilte das Ausländeramt der Stadt A-Stadt unter dem 10.03.2009 mit, dass bei dem Bf der Tatbestand des § 1a Nr 2 AsylbLG als erfüllt anzusehen sei. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen könnten derzeit nur aus Gründen nicht vollzogen werden, die ausschließlich selbst zu vertreten seien, weil die Identität verschleiert werde und an der Passbeschaffung nicht mitgewirkt werde.
Die Bg hörte den Bf zur beabsichtigten Einschränkung von Leistungen nach dem AsylbLG an. Dieser wies darauf hin, dass er noch im Asylfolgeverfahren stehe.
Das Ausländeramt der Stadt A-Stadt teilte hierzu am 28.04.2009 mit, der Bf befinde sich nicht im Asylfolgeverfahren, sondern habe vielmehr einen Wiederaufgreifensantrag gem. § 60 Abs 2 bis 7 AufenthG gestellt, der auf die Mitwirkungsverpflichtung bei der Passbeschaffung oder auf eine Abschiebung keine hemmende Wirkung habe. Dem Bf sei am 28.04.2009 erneut eine Eröffnung ausgehändigt worden, in der insbesondere auf die Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung nach §§ 48, 49 AufenthG hingewiesen worden sei.
Das Ausländeramt berichtete weiter, die Vorführung des Bf bei der sudanesischen Botschaft habe ergeben, dass der Antragsteller eindeutig kein Sudanese sei. Er habe weder arabisch, noch eine Stammessprache gesprochen, noch Einzelheiten zum Sudan gewusst. Man habe sich mit ihm in englischer Sprache unterhalten, woraufhin man die nigerianische Staatsangehörigkeit vermutet habe. Bei der Vorführung bei der nigerianischen Botschaft habe der Bf bei den Gesprächen nicht mitgewirkt, sondern dauernd angegeben, Sudanese und noch nie in Nigeria gewesen zu sein, wonach der Botschaftsvertreter das Interview abgebrochen habe.
Mit Bescheid vom 28.04.2009 lehnte die Bg den monatlichen Geldbetrag nach § 3 Abs 1 AsylbLG zur Deckung persönlicher Bedürfnisse ("Taschengeld") in Höhe von monatlich 40,90 EUR ab dem 01.05.2009 ab und setzte den monatlichen Bekleidungsanspruch in Höhe von 25,56 EUR auf monatlich 5,11 EUR (halbjährlich 30,66 EUR) fest. Denn nach der Mitteilung des Ausländeramtes der Stadt A-Stadt vom 10.03.2009 könnten aus vom Bf zu vertretenen Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, da der Bf bei der Passbeschaffung nicht im ausreichenden Umfang mitgewirkt habe. Zudem verschleiere er seine Identität. Nur noch unabweisbare Leistungen seinen zu gewähren. Besondere Umstände, die zu einer abweichenden Regelung führen, sei nicht vorhanden.
Dagegen erhob der Bf den Widerspruch vom 27.05.2009. Eine Entscheidung hierüber erging noch nicht.
Am 07.07.2009 hat der Bf beim Sozialgericht (SG) A-Stadt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches beantragt. Die Bg sei im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Taschengeld und die Bekleidungshilfe ungekürzt auszuzahlen. Hilfsweise sei das Taschengeld auf 20,45 EUR und die Bekleidungshilfe auf 25,56 EUR festzusetzen. Mit Bescheid des BAMF vom 13.05.2009 sei der Asylfolgeantrag abgelehnt worden. Dagegen sei Klage beim Verwaltungsgericht erhoben worden. Die Kürzung widerspreche dem Sozialstaatsgebot. Ebenfalls am 07.07.2009 hat der Bf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ...