Leitsatz (amtlich)
Eine Antragserweiterung kann in einem Eilverfahren nicht alleiniger Gegenstand einer Beschwerde sein. Eine derartige Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 2. März 2011 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Entziehung von zuvor bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II.
Den beiden Antragstellern (Mutter und Sohn) wurde mit Bescheid vom 26.10.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum von November 2010 bis einschließlich April 2011 vorläufig bewilligt.
Dem Antragsgegner wurde aufgrund eigener Ermittlungen (Kontoabrufverfahren § 93 AO) bekannt, dass die Antragstellerin seit mehreren Jahren über zwölf Konten bei acht verschiedenen Banken verfügte (davon fünf aktuelle Konten), die sie dem Antragsgegner nicht mitgeteilt hatte. Mit Schreiben vom 13.12.2011 wurde sie aufgefordert, hierzu Kontoauszüge vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin nicht nach. Mit Bescheid vom 10.01.2011 entzog der Antragsgegner die bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I ab 01.02.2011 in vollem Umfang. Hiergegen wurde am 03.02.2011 schriftlich Widerspruch erhoben.
Am 27.01.2011 stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den Entziehungsbescheid vom 10.01.2011. Die bewilligten Leistungen seien auszuzahlen. Mit Beschluss vom 03.03.2011 stellte das Sozialgericht Regensburg fest, dass der Widerspruch vom 03.02.2011 aufschiebende Wirkung habe. Ein Entziehungsbescheid falle nicht unter § 39 SGB II.
Am 16.03.2011 haben die Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts erhoben. Die Leistungen seien seit fünf Jahren nicht rechtens. Der verursachte Schaden sei nicht entschädigt worden (1.500,- Euro pro Person). Das Anliegen sei innerhalb vier Wochen zu berücksichtigen. Für das Beschwerdeschreiben werde pauschal 20,- Euro verlangt. Mit einem Schreiben an das Sozialgericht wurde gebeten abzuwarten, bis ein Rechtsbeistand "vorgezeigt" werde, was aber schwer möglich sei, weil das Gericht Rechtsbeistände unterdrücke.
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Es liegt keine Beschwer vor. Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid festgestellt. Damit entfaltet der Entziehungsbescheid keine Wirkung und die ursprüngliche Bewilligung kommt wieder zur Geltung, so dass die laufenden Leistungen zu gewähren sind, wie sie mit Bescheid vom 26.10.2010 bewilligt wurden. Die Antragsteller tragen auch nicht vor, dass sie die laufenden Leistungen nicht erhalten würden. Damit haben die Antragsteller alles erreicht, was sie in dem erstinstanzlichen Eilantrag begehrt haben. Deshalb bestand auch keinerlei Anlass, mit der Entscheidung länger abzuwarten, bis in nicht genannter Zeit eventuell ein Rechtsbeistand benannt wird.
Zur Frage, ob ein Entziehungsbescheid nach § 66 SGB I ein Fall der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Nr. 1 SGB II ist, wird auf den Beschluss des BayLSG vom 13.10.2009, L 16 AS 590/09 B ER und den Beschluss des BayLSG, L 7 AS 214/11 B ER, im Übrigen auf Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 39 SGB II Rn. 30, 37 sowie Hauck/Noftz, SGB II, § 39 Rn. 76 (nicht Rn. 75, die sich mit der Versagung befasst) verwiesen.
Soweit die Antragsteller nunmehr eine "Entschädigung" verlangen, handelt es sich um einen unzulässigen Antrag. Dazu gibt es keinen erstinstanzlichen Antrag und keine erstinstanzliche Entscheidung. Eine Antragserweiterung kann von vornherein nicht alleiniger Gegenstand einer Beschwerde sein (vgl. zur Berufung Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, Rn. 3 vor § 143). Es wird bereits hier angemerkt, dass für derartige Entschädigungsansprüche eine Rechtsgrundlage nicht erkennbar ist. Der Antragstellerin wird vielmehr angeraten, umfassend zu den im Entziehungsbescheid vom 10.01.2011 genannten Bankkonten Auskunft zu geben, insbesondere Kontoauszüge vorzulegen, weil sie andernfalls die Gewährung von Leistungen für die Zeit ab Mai 2011 ernsthaft gefährdet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Fundstellen