Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass. einstweilige Anordnung. Beendigung der Zulassung. 68-Jahres-Altersgrenze
Orientierungssatz
Zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Beendigung der Zulassung als Vertragszahnarzt wegen Vollendung des 68. Lebensjahres unter Beachtung verfassungs- und gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers wird in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 22.11.2007 angeordnet, dass die Zulassung des Antragstellers bis 30.01.2009 fortwirkt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsteller 1/5, der Antragsgegner 4/5.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer streitet gegen die Beendigung seiner Zulassung als Vertragszahnarzt mit dem 30.09.2007 wegen der Vollendung des 68. Lebensjahres.
Mit Beschluss vom 12.09.2007 (ausgefertigt am 07.11.2007) lehnte der Zulassungsausschuss für Zahnärzte Südbayern einen Antrag des Beschwerdeführers vom 26.04.2007 auf Verlängerung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung über den 30.09.2007 hinaus ab. Außerdem stellte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 17.10.2007 fest, dass die Zulassung des Antragstellers und Beschwerdeführers mit dem 30.09.2007 ende.
In der Begründung des Beschlusses vom 12.09.2007 führte der Zulassungsausschuss aus, der Antragsteller habe vorgetragen, die Feststellung, dass seine Zulassung infolge des Erreichens der Altersgrenze mit dem 30.09.2007 ende, bedeute nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22.11.2005 ("Mangold"), dass darin eine nicht zulässige Diskriminierung wegen des Alters liege; vor diesem Hintergrund müsse die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V unangewendet bleiben. Neben der Problematik einer unzulässigen Diskriminierung wegen des Alters habe der Antragsteller noch geltend gemacht, es lägen in seinem Falle persönliche Härten vor; sowohl seine Ehefrau als auch seine Tochter seien schwer erkrankt; beide bedürften Therapien, für die der Antragsteller privat aufkommen müsse. Von seiner Altersversorgung könne er dies nicht bestreiten. Er selbst fühle sich völlig gesund und könne seinen Beruf noch voll ausüben. Die Zulassung des Antragstellers und Beschwerdeführers habe aber - so die Begründung des Beschlusses weiter - kraft Gesetzes mit Ablauf des Quartals geendet, in dem dieser sein 68. Lebensjahr vollendet habe. Ein Ausnahmetatbestand im Sinne einer Unterversorgung gemäß § 95 Abs. 7 Satz 7 SGB V liege nicht vor; für den Planungsbereich, in welchem sich die Praxis des Antragstellers befinde, sei durch den Landesausschuss keine Unterversorgung im Sinne von § 100 Abs. 1 SGB V festgestellt worden; angesichts eines Versorgungsgrades von deutlich über 100 % sei eine solche Feststellung auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Auch das zwischenzeitlich in Kraft getretene allgemeine Gleichbehandlungsgesetz habe den Gesetzgeber nicht veranlasst, am Kern der Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V Änderungen vorzunehmen. Auch das Bayerische Landessozialgericht (19.07.2006 - L 12 KA 9/06) habe die Altersgrenze von 68 Jahren trotz des Betroffenseins von Grundrechten (Art. 12 und 14 GG) durch besonders wichtige Gründe des Gemeinwohls als gerechtfertigt angesehen. Insbesondere sei danach auch zu berücksichtigen, dass das allgemeine Diskriminierungsverbot wegen des Alters im Sinne der EU-Richtlinie 2000/78 vom 27.08.2000 nicht verletzt sei, weil dieses nur im Anwendungsbereich von Gemeinschaftsrecht, nicht aber dann, wenn wie hier eine Diskriminierung in einem System der der gesetzlichen Krankenversicherung allein auf innerstaatlicher Rechtsgrundlage erfolge, gelten könne. Die Altersgrenze des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V beruhe nicht auf europäischem Recht und könne daher nicht gemeinschaftsrechtliche Grundsätze verletzen. Die in der "Mangold"-Entscheidung des EuGH zugrunde gelegte Annahme, dass bereits das primäre Gemeinschaftsrecht und nicht erst die Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78 eine solche Altersgrenze verbieten würden, könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Mit einer solchen Interpretation würden im Übrigen auch alle europarechtlichen Umsetzungsfristen ins Leere laufen. Schließlich müsse darauf hingewiesen werden, dass auch die Richtlinie 2000/78 vom 27.08.2000 eine Differenzierung zulasse, wenn diese durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Solche Gründe lägen hier vor, wie bereits das Bundesverfassungsgericht mehrfach ausgeführt habe.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2007, eingegangen am 25.09.2007, reichte der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 12.09.2007 Widerspruch ein und beantragte, den zugrunde liegenden Beschluss des Zulassungsausschusses aufzuheben, den Antragsteller über den 30.09.2007 hinaus zuzulassen und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs festzustellen. Zur Begründung wies er erneut und unter Hinweis auf einschlägige Arztberichte auf d...