Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussichten. Anforderungen. Berufsausbildungsbeihilfe. Ermittlung des anzurechnenden Einkommens. Elterneinkommen -Steuerklassenwechsel. voraussichtliches Einkommen des Auszubildenden im Bewilligungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Zu den Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens.
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung des anrechnungsfähigen Elterneinkommens im Rahmen der Berufsausbildungsbeihilfe, ist auf eine jahresanteilige Berechnung der Einkommensverhältnisse unter Berücksichtigung der Einkünfte innerhalb eines Veranlagungszeitraumes abzustellen, so dass die - durch die Wahl einer Steuerklasse - individuelle Gestaltung der monatlichen Einkünfte im Berücksichtigungszeitraum ohne Relevanz ist.
2. Mit der Verlängerung des Bewilligungszeitraumes bei der Berufsausbildungsbeihilfe von 12 auf 18 Monate gem § 73 Abs 1 S 2 SGB 3 war durch den Gesetzgeber im Wesentlichen beabsichtigt, das Verwaltungsverfahren zu straffen und durch eine geringe Zahl von Verwaltungsverfahren Bürokratie abzubauen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass beabsichtigt war, Leistungsansprüche der Auszubildenden durch die Gegenüberstellung von dem voraussichtlichen durchschnittlichen Einkommen im Bewilligungszeitraum und dem Bedarf in diesem Zeitraum zu kürzen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.10.2009 aufgehoben.
II. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 1 AL 246/09 vor dem Sozialgericht Nürnberg ohne Ratenzahlung bewilligt.
III. Dem Kläger wird Frau Rechtsanwältin W., B-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG), in dem die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) im Streit steht.
Am 19.09.2008 beantragte der Kläger für seine am 01.09.2008 beginnende Ausbildung zum Metallbauer die Bewilligung von BAB.
Den Bedarf des Klägers ermittelte die Beklagte - nach dessen Angaben - mit 680,60 € (487,00 € bei auswärtiger Unterbringung; 72,00 € Zusatzbedarf für Unterkunft; 109,60 € Fahrtkosten; 12,00 € Arbeitskleidung mangels näherer Angaben pauschal).
Diesem Bedarf stellte sie das zu berücksichtigende Einkommen des Klägers aus dessen Ausbildung in Höhe von 380,73 € gegenüber. Hierbei lagen der Einkommensberechnung die zu erwartenden Einkünfte des Klägers im voraussichtlichen Bewilligungszeitraum (01.09.2008 bis 28.02.2010) von insgesamt 8.730,00 € zugrunde [12 x 450,00 € (01.09.2008 bis 31.08.2009) + 6 x 500,00 € (01.09.2009 bis 28.02.2010) zzgl. Einmalzahlungen im November 2008 (100,00 €), Juli 2009 (80,00 €) und November 2009 (150,00 €)]. Von den durchschnittlichen Einkünften von 485,00 € (= 8.730,00 € : 18) zog die Beklagte die durchschnittliche Sozialpauschale (21,5 vH) in Höhe von 104,28 € (= 8.730,00 € x 0,215 : 18) ab.
Zusätzlich rechnete die Beklagte - auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2006 - Einkommen der Mutter auf den Anspruch des Klägers in Höhe von 301,13 € an. Ausgehend von den Einkünften der Mutter des Klägers (33.052,00 €) und den Gesamteinkünften der Eltern des Klägers (62.872,00 €) errechnete die Beklagte aus der Gesamtsteuerlast (11.546,75 €) den Steueranteil der Mutter des Klägers mit 6.070,17 € (= 33.052,00 € : 62.872,00 € x 11.546,75 €). Nach Abzug der vermögenswirksamen Leistungen (Arbeitgeberanteil: 214,80 €) ermittelte die Beklagte das maßgebliche Einkommen der Mutter mit monatlich 1.642,25 € [jährlich: 19.707,03 € (= 33.052,00 € - 214,80 € - 6.070,17 € (Steuern) - 7.060,00 (Sozialpauschale: 21,5 vH aus 32.837,20 €)]. Hiervon brachte sie den Grundfreibetrag (§ 25 Abs 1 BAföG) in Höhe von 1.040,00 € in Abzug, so dass ein übersteigendes Einkommen von 602,25 € vorhanden sei, das nach § 25 Abs 4 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zur Hälfte (301,13 €) angerechnet werden müsse. Einkommen des Vaters des Klägers blieb - wegen des fehlenden Bezuges aktueller Einkünfte - unberücksichtigt.
Mit Bescheid vom 11.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2009 lehnte die Beklagte die Bewilligung der BAB ab, nachdem das zu berücksichtigende Einkommen (681,86 € = 380,73 € + 301,13 €) den Bedarf (680,60 €) übersteige.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 29.05.2009 Klage zum SG erhoben und die Bewilligung von PKH beantragt. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass seine Mutter einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 301,13 € zu erbringen habe. Das Einkommen seiner Mutter sei in unzutreffender Weise auf der Grundlage des Jahres 2008 errechnet worden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Jahr 2006, habe seine Mutter eine andere Steuerklasse gehabt. Zudem seien bei der Feststellung des maßgeblichen (elterlichen) Einkommens Werbungskosten, eine Sozialpauschale für Versicherungsbeiträge sowie weitere entsprechende Abzüge vorzunehmen. Ein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern sei ebenfalls nicht gegeben, denn aufgrund der monatlichen Belastungen stü...