Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Neuer Sachvortrag im Verfahren der Anhörungsrüge
Leitsatz (amtlich)
Eine Anhörungsrüge kann nicht auf neue, im gerügten Verfahren noch nicht bekannte Tatsachen gestützt werden. Ein neuer Sachvortrag im Rahmen der Anhörungsrüge ist daher unbeachtlich.
Tenor
I. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 6. Mai 2015, Az.: L 15 RF 9/15, wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, dem Antragsteller zugestellt am 08.05.2015, setzte der Senat die Entschädigung des Antragstellers nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 auf insgesamt 43,75 € fest. Bei der dem Antragsteller gewährten Entschädigung für Verdienstausfall (in Höhe von 20,95 €) ging der Senat von einem Stundensatz von 4,19 € aus, wobei sich der Senat bei der Ermittlung der Stundensatzhöhe auf die Angaben des Antragstellers (u.a. durchschnittlicher Tagesumsatz im November 2013: 31,55 €) stützte.
Gegen den Beschluss des Senats vom 06.05.2015 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 15.05.2015 "Widerspruch" erhoben und die vom Senat durchgeführte Ermittlung der Stundensatzhöhe beanstandet. Dazu hat er vorgetragen, dass er in der Zeit vom 21. bis 30.11.2013, also in der Zeit, in der die mündliche Verhandlung stattgefunden habe, einen Tagesumsatz in Höhe von 62,14 € erzielt habe, woraus sich ein Stundensatz von 8,24 € (bei einer Sieben-Tage-Woche) bzw. von 9,62 € (bei einer Sechs-Tage-Woche) errechne. Für einen Stundensatz von 4,19 € arbeite er nicht.
II.
Der als Anhörungsrüge auszulegende "Widerspruch" des Antragstellers ist gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG als unzulässig zu verwerfen. Unzulässig ist die Anhörungsrüge, weil der Antragsteller das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hat.
Gemäß § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG muss die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 4 a Abs. 1 Nr. 2 JVEG genannten Voraussetzungen ("wenn ... das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat") darlegen. Diesem Darlegungserfordernis des § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG wird die Anhörungsrüge des Antragstellers nicht gerecht.
Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses ist - wie bei jeder Anhörungsrüge auch nach anderen gesetzlichen Regelungen wie z.B. § 178 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG Zulässigkeitsvoraussetzung (ständige Rspr., vgl. z.B. Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: B 7a AL 38/05 B; Beschlüsse des Senats vom 24.07.2012, Az.: L 15 SF 150/12 AB RG, L 15 SF 151/12 AB RG, und vom 02.05.2014, Az.: L 15 SF 346/13). Eine Anhörungsrüge ist daher nur dann zulässig, wenn sich dem Vorbringen zweierlei entnehmen lässt, nämlich zum einen, dass das Gericht den Anspruch auf das rechtliche Gehör mit der gerügten Entscheidung neu und eigenständig verletzt hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 4 a JVEG, Rdnr. 29 - m.w.N.; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08), und zum anderen, dass die Verletzung entscheidungserheblich ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 178 a, Rdnr. 6a). Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist es allein, einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) - aber auch nur diesen - zu heilen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 4 a JVEG, Rdnr. 2 - m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 1 BvR 2553/10).
An einem solchen Vortrag fehlt es hier.
Die vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge enthält einen Vortrag zu einer Verletzung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör nicht. Vielmehr beinhaltet das Vorbringen des Antragstellers im Rahmen der Anhörungsrüge nur einen neuen Sachvortrag zu seinen Einkommensverhältnissen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, für die eine Entschädigung gewährt worden ist. Dieser neue Sachvortrag ist aber ohne Bedeutung für die Anhörungsrüge.
Eine Anhörungsrüge kann nicht auf neue, zum Zeitpunkt der mit der Anhörungsrüge angegriffenen gerichtlichen Entscheidung dem Gericht noch nicht bekannte Tatsachen gestützt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 07.04.2014, Az.: L 15 SF 53/14). Denn die Anhörungsrüge ist kein weiteres Rechtsmittel, das zu einer erneuten inhaltlichen Überprüfung oder Fortführung der inhaltlichen Überprüfung, wie sie im zugrunde liegenden Verfahren (hier: der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG) stattgefunden hat, führt (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 01.04.2008, Az.: 9 A 12/08, 9 A 12/08 (9 A 27/06)). Vielmehr ist sie nur ein Mittel, sich gegen die Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) zur Wehr zu setzen. Es handelt sich also um ein formelles Recht, das nur dann greift, wenn das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen des Beteiligten nicht in ausreichendem Maß zur K...