Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Es gehört zu der von einem gewissenhaften Prozessführenden zu fordernden Sorgfalt, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Versäumung von Rechtsmittelfristen nach Möglichkeit zu vermeiden (hier: Versäumung der Klagefrist wegen Umzug).
Tenor
I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.12.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der teilweisen Aufhebung der großen Witwenrente für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2008 und die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 153,32 EUR streitig.
Wegen Anrechnung von Einkommen aus einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung hob die Beklagte mit Bescheid vom 10.07.2008 den Rentenbescheid vom 24.01.2008 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.04.2008 auf. Ab dem 01.04.2008 sei der monatliche Rentenbetrag um anzurechnendes Einkommen von 21,14 EUR zu mindern, ab dem 01.07.2008 sei ein anzurechnendes Einkommen von 71,65 EUR zu berücksichtigen. Die eingetretene Überzahlung in Höhe von 153,32 EUR werde zurückgefordert.
Nach Aufgabe der Beschäftigung und Neuberechnung der Rente zum 01.01.2009 ohne Berücksichtigung von Einkommen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2009 zurück. Den Widerspruchsbescheid gab die Beklagte am 25.02.2009 zur Post. Lt. Auslieferungsbeleg ging der Bescheid dem Kläger am 26.02.2009 tatsächlich zu.
Der Kläger hat mit Klageschrift vom 27.03.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben, die am 31.03.2009 beim SG einging. Wegen eines Wohnortwechsels habe er die Klagefrist nicht einhalten können.
Mit Urteil vom 08.12.2009 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger habe die Klagefrist versäumt. Widereinsetzungsgründe lägen nicht vor. Die Berufung gegen das Urteil hat das SG nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Die Klagefrist habe er versäumt, weil er umgezogen und der Umzug genau in die Klagefrist gefallen sei. Da er den Umzug allein habe durchführen müssen, sei er tatsächlich erst ganz zuletzt an seine verpackten Akten gelangt.
Zur Ergänzung wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber nicht begründet.
Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht, nachdem die teilweise Aufhebung der großen Witwenrente für den Zeitraum vom 01.04.2008 bis 31.12.2008 insgesamt den Wert von 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch stehen nicht laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit (§ 144 Abs 1 S 2 SGG).
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Der vorliegende Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht das SG von einer Entscheidung höherer Gerichte ab. Auch hat das SG dadurch, dass es die Klage als unzulässig abgewiesen hat, keine verfahrensrechtlichen Vorschriften verletzt. Der Kläger hat die Klagefrist von einem Monat versäumt (§ 87 Abs 1 S 1, Abs 2 SGG). Das SG hat ebenfalls zutreffend entschieden, dass dem Kläger wegen der Versäumung der Klagefrist nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Nach § 67 Abs 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einem Beteiligten zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Darstellung des Klägers ist zu entnehmen, dass er keine Vorkehrungen für die Einhaltung der Frist für die Klageerhebung getroffen hat, obwohl hierzu gerade wegen des Umzugs besonderer Anlass bestanden hätte. Es gehört jedoch zu der von einem gewissenhaften Prozessführenden zu fordernden Sorgfalt, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Versäumung von Rechtsmittelfristen nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. BSG Beschluss vom 30.12.1996 - 6 BKa 51/95). Obwohl der Kläger auf die Einhaltung der Frist durch den Widerspruchsbescheid vom 24.02.2009 hingewiesen wurde, hat er keine Vorkehrungen getroffen, die Einhaltung der Klagefrist sicherzustellen.
Nach alledem war die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Nach § 145 Abs 4 S 4 SGG wird das Urteil des SG mit der Ablehnung der Beschwerde r...