Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Erstattung der Kosten für eine zahnärztliche Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Kostenerstattung hinsichtlich der über das notwendige Maß hinausgehenden zahnärztlichen Behandlung gegenüber dem Jobcenter.
Orientierungssatz
Für die notwendige zahnärztliche Behandlung ist die Krankenkasse zuständig, wobei auch durch § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V unzumutbare Belastungen vermieden werden können. Es handelt sich nicht um einen laufenden Bedarf iS der Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II (vgl. LSG München, 19. Dezember 2012, L 11 AS 821/12 B ER, LSG Essen, 9. August 2012, L 6 AS 139/12 ZVW).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 27.02.2013 - S 13 AS 815/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist die Erstattung der Kosten für eine zahnärztliche Behandlung, die den von der Krankenkasse übernommenen Betrag übersteigen.
Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den vorliegend streitigen Zeitraum aufgrund des Bescheides vom 28.12.2011 (01.02.2012 bis 31.07.2012). Am 04.07.2012 beantragte er die Übernahme der Kosten für eine zahnärztliche Behandlung (Rechnung vom 31.05.2012 zahlbar bis 28.06.2012) in Höhe von 2.274,17 € (3.213,45 € abzüglich 939,28 € Erstattung durch die Krankenkasse AOK).
Mit Bescheid vom 12.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erstattung der vom Kläger zu tragenden Kosten ab. Es handele sich nicht um einen unabweisbaren, laufenden und nicht nur einmaligen Bedarf, der zudem in die Zuständigkeit der Krankenkasse falle bzw. ggf. aus dem Regelbedarf zu decken sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG Bayreuth erhoben, allein die Aufhebung des angegriffenen Bescheides sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Es habe sich um eine zwingende zahnärztliche Maßnahme gehandelt, die von der Krankenkasse nicht vollständig übernommen werde und die der Kläger nicht selbst finanzieren könne. Dieser besondere Bedarf sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu übernehmen.
Mit Beschluss vom 27.02.2013 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe nicht. Der aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG eingeführte § 21 Abs 6 SGB II betreffe nur einen laufenden Bedarf. Darum handele es sich vorliegend nicht, zumal der Bedarf auch nicht aus einer atypischen Lebenssituation erwachse. Der Bedarf sei auch nicht unabweisbar, denn die notwendige zahnärztliche Behandlung werde über die Krankenkasse gemäß § 55 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gedeckt. Auch § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) greife mangels besonderem, atypischen Bedarf nicht ein.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist nicht begründet.
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 3...