Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Verfassungsmäßigkeit der Hofabgabeklausel

 

Orientierungssatz

In der Hofabgabeklausel (§ 21 ALG) als Voraussetzung eines Altersrentenanspruchs nach § 11 Abs 1 Nr 3 ALG ist kein Grundrechtsverstoß zu sehen (vgl zuletzt BSG vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R = SozR 4-5868 § 13 Nr 5, BSG vom 29.8.2012 - B 10 LW 5/12 B).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.03.2016; Aktenzeichen B 10 LW 5/15 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 8. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1944 geborene Kläger fordert die Gewährung einer Altersrente von der Beklagten ohne Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft (Hofabgabe).

Er stellte am 05.06.2012 einen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente. Ihm sei das Abgabeerfordernis bekannt; es könne aber nicht sein, dass er mit Erreichen des Rentenalters zur Abgabe "gezwungen" werde. Eine Abgabe sei ihm auch nicht möglich, weil kein Nachfolger vorhanden sei.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.11.2012 wegen der noch nicht vollzogenen Abgabe ab. Mit Bescheid vom 22.11.2012 lehnte sie einen weiteren Antrag vom 20.11.2012 unter denselben Umständen ab.

Gegen die Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, dass die Verweigerung der Rente unzumutbar sei. Er habe jahrzehntelang Beiträge gezahlt. Die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß. Er sei nach den Grundsätzen der gesetzlichen Rentenversicherung zu behandeln.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und beantragt, die ihm seit dem 01.06.2009 zustehende Altersrente zu gewähren. Er hat ergänzend darauf hingewiesen, dass er seit 1978 bis 1992 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt habe. Die Gewährung von Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung müsse die Hofabgabeklausel aushebeln. Die Forderung der Hofabgabe sei allenfalls bei vorzeitiger Gewährung von Altersgeld gerechtfertigt. Jeder Handwerksmeister erhalte Rente, wenn er die Altersgrenze erreicht habe, auch wenn er seinen Betrieb weiter führe. Als Landwirt werde er demgegenüber ungerechtfertigt benachteiligt. Er habe deshalb auch ein Petitionsverfahren beim Deutschen Bundestag beantragt.

Mit Urteil vom 08.07.2013 ist die Klage abgewiesen worden. Der Kläger erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen der Hofabgabe nach § 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) nicht. Entgegen der Annahme des Klägers hebele auch der Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung nicht die Regelungen nach dem ALG aus. Es handele sich hierbei um zwei voneinander getrennt zu betrachtende Versicherungssysteme mit jeweils eigenen maßgeblichen Vorschriften. Das SG führt unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (u.a. BSG, Urteil vom 25.10.2010, B 10 LW 1/09 R; Beschlüsse vom 29.08.2012 - B 10 LW 5/12 B, B 10 LW 7/12 B) aus, dass die Hofabgabeklausel auch nicht gegen Grundrechte verstoße. Sie sei zur Erreichung der gesetzten Ziele insbesondere zur Förderung der Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber, nicht ungeeignet geworden. Der Gesetzgeber habe insoweit einen Einschätzungsspielraum.

Gegen das am 17.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.08.2013 Berufung eingelegt und seine Auffassung weiter bekräftigt. Die Regelaltersrente werde mit überkommenen Argumenten verweigert. Die Beklagte müsse sich an der gesetzlichen Rentenversicherung messen lassen. Politische Ziele dürften nicht zum Verlust der Altersrente führen. Er wolle, dass die Beiträge bei der Beklagten von der gesetzlichen Rentenversicherung übernommen würden.

Auf den Hinweis der Gerichts, es beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen, hat der Kläger ausgeführt, dass er niemanden habe, dem er den Betrieb übergeben könne. Eine Zerschlagung seines Betriebs komme für ihn nicht in Frage. Er habe die Pflichtbeiträge nicht eingezahlt, um politische Ziele zu finanzieren. Die Hofabgabeklausel werde nach seinen Informationen voraussichtlich abgeschafft. Wegen des anhängigen Petitionsverfahrens wolle er keine schnelle Entscheidung.

Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, dass eine Reihe politischer Initiativen zur Abschaffung der Hofabgabeklausel existieren würden. Voraussichtlich komme es aber nicht zu einer Abschaffung, eine Modifizierung sei denkbar. Nach derzeitigem Gesetzesstand sei der Bezug einer Altersrente der Beklagten ohne Abgabe aber nicht möglich.

Mit Schreiben vom April 2015 hat der Kläger erneut erklärt, er werde die Diskriminierung durch die Beklagte nicht hinnehmen. Mit Bescheid vom 10.03.2009 sei ihm von der DRV Nordbayern Regelaltersrente ab 01.06.2009 in Höhe von 399,07 EUR gewährt worden. Daran müsse sich auch die Beklagte ausrichten. Die Hofabgabeklausel sei sittenwidri...

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