Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ermessensausübung bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung bei erfolgreichem Beschwerdeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Ermessensentscheidung eines Ordnungsgeldbeschlusses gegen die nicht erschienene Klagepartei, deren persönliches Erscheinen zu einem Erörterungstermin angeordnet war.

2. Zur Kostenentscheidung bei erfolgreicher Beschwerde.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.12.2007 aufgehoben.

Die Staatskasse hat der Beschwerdeführerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ihr auferlegtes Ordnungsgeld.

Im Hauptsacheverfahren zum Aktenzeichen S 15 AS 463/07 wandte sich die Beschwerdeführerin, die vom 01.04.2006 bis 31.05.2007 von der ARGE Stadt B. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch bezog, gegen eine Kürzung und Rückforderung der Leistungen. Insbesondere ging es darum, ob eine Einkommensrückerstattung für 2005 in Höhe von 291,50 EUR zur Kürzung führen kann.

Im Schreiben vom 21.10.2007 stellte sie weitere Anträge. Sie verlangte die sofortige Gewährung von Unterstützung. Das Sozialgericht Bayreuth (SG) nahm dieses Verfahren unter dem Aktenzeichen S 15 AS 1037/07 ER auf und behandelte es als Antrag auf einstweilige Anordnung. Im selben Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin Aussetzung der Vollziehung einer Rückzahlungsaufforderung über 724,81 EUR. Dieses Verfahren nahm das SG unter dem Aktenzeichen S 15 AS 1038/07 ER auf. Ferner beantragte die Beschwerdeführerin, die Grundsicherungsleistungen auch nach ihrem Umzug in den Bereich des Landkreises B. an sie fortzuzahlen. Der Rechtsstreit erhielt das Aktenzeichen S 15 AS 1042/07.

Am 23.11.2007 verfügte das SG die Ladung zum Erörterungstermin am 10.12.2007. Hierzu ordnete es das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin an. Ebenso verfügte das SG die Ladung mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin zu den drei weiteren Aktenzeichen. In der der Beschwerdeführerin am 27.11.2007 zugestellten Ladung wird das Aktenzeichen S 15 AS 463/07 ff. genannt.

Die Beschwerdeführerin machte geltend, sie benötige einen Vorschuss auf die Fahrtkosten, ansonsten könne sie den Termin nicht wahrnehmen. Das SG verfügte, der Beschwerdeführerin sofort eine Fahrkarte zu übersenden. Mit Schreiben vom 07.12.2007, eingegangen am 10.12.2007, erklärte die Beschwerdeführerin, sie habe auf ihre Anfrage wegen der Fahrkosten keine Antwort erhalten. Zum Termin am 10.12.2007 erschien die Beschwerdeführerin nicht. Das SG führte zu den vier Aktenzeichen ein gemeinsames Protokoll, ohne einen Verbindungsbeschluss erlassen zu haben. Es legte der Beschwerdeführerin ein Ordnungsgeld von 300,00 EUR auf. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerdeführerin sei ordnungsgemäß geladen worden und habe, so die Rückfrage an die Post, bereits am 07.12.2007 über die Fahrkarte verfügen können. Im selben Protokoll ist festgehalten, dass die Beklagte auf Hinweis des Gerichts erklärt habe, sie hebe den Bescheid vom 23.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2007, der Gegenstand des Verfahrens zum Aktenzeichen S 15 AS 463/07 war, auf. Ferner erklärte die Beklagte, es werde die aufschiebende Wirkung im Verfahren S 15 AS 1038/07 ER wiederhergestellt, so dass dieses Verfahren erledigt sei. Im Übrigen sah das SG noch Aufklärungsbedarf und vertagte die Verhandlung.

Aus den vom SG übersandten Akten ergibt sich, dass im Verfahren S 15 AS 1037/07 ER, ohne dass es einer weiteren Mitwirkung der Beschwerdeführerin bedurft hatte, zu einer Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 09.01.2008 gekommen war, die durch die Beschwerdeentscheidung des Bayer. Landessozialgerichts bestätigt worden war. Im Verfahren S 15 AS 1038/07 ER entschied das SG mit Beschluss vom 04.01.2008, ebenfalls ohne Mitwirkung der Beschwerdeführerin. Es wies den Antrag auf aufschiebende Wirkung zurück, nachdem die Antragsgegnerin erklärt hatte, sie setze die Vollziehung aus der angefochtenen Entscheidung aus, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Lediglich im Verfahren S 15 AS 1042/07 war keine Entscheidung ergangen.

Die Beschwerdeführerin legte gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 10.12.2007 Beschwerde ein. Sie habe den Termin nicht wahrnehmen können, weil ihr die finanziellen Mittel gefehlt hätten zum Erwerb einer Fahrkarte. Sie habe erst am 10.12.2007 die Nachricht der Post vorgefunden. Der 08.12. und 09.12.2007 sei ein Wochenende gewesen.

Das SG half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die zulässige und ordnungsgemäße Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist begründet und führt zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses des SG vom 10.12.2007.

Nach § 111 SGG i.V.m. § 141 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ...

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