Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Auslagenvergütung des gesetzlichen Vertreters des Klägers. richterliche Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Betreuers. Entschädigung wie ein Zeuge. Verdienstausfall. Zeitversäumnis. Bestandteil der vergüteten Betreuertätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Betreuer, der nach Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das Gericht an einem Gerichtstermin teilnimmt, hat keinen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall gem § 22 JVEG. Die Teilnahme am Gerichtstermin ist im Rahmen seiner pauschal gemäß §§ 4, 5 VBVG vergüteten Tätigkeit erfolgt; einen Verdienstausfall hat er daher nicht erlitten.
2. Ein Betreuer, der nach Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das Gericht an einem Gerichtstermin teilnimmt, hat keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis gem § 20 JVEG. Der Annahme einer Zeitversäumnis steht entgegen, dass die Zeit für den Gerichtstermin durch die pauschal vergütete Betreuertätigkeit in Anspruch genommen worden ist.
Orientierungssatz
Ordnet der Hauptsacherichter das persönliche Erscheinen des Betreuers an, ist davon auszugehen, dass der Betreuer in seinem Aufgaben- und Pflichtenkreis als Betreuer tätig geworden ist. Der Betreuer ist dann wie ein Beteiligter und damit wie ein Zeuge zu entschädigen.
Tenor
Die Entschädigung der Antragstellerin für die Wahrnehmung des Termins beim Bayer. Landessozialgericht am 21.12.2010 wird auf 61,25 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins, zu dem ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden ist.
Die Antragstellerin arbeitet zum einen als Betreuerin, zum anderen als selbstständige Diplomsozialarbeiterin für ein Familiengericht und ein Landratsamt.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) unter dem Az. L 17 U 480/08 geführten Rechtsstreit fand am 21.12.2010 ein Erörterungstermin statt; das persönliche Erscheinen der Antragstellerin als gerichtlich bestellter Betreuerin des Klägers war angeordnet. Die mündliche Verhandlung dauerte von 13.25 Uhr bis 14.17 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 29.12.2010 beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen beim Erörterungstermin. Sie sei - so die Antragstellerin - um 9.00 Uhr von zu Hause weggefahren und um 18.00 Uhr zurückgekehrt. Benutzt habe sie den PKW (105 km) und den Zug (Bayern-Ticket 29,- €). Es seien Zehrkosten in Höhe von 8,- € angefallen. In der Zeit von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr sei ihr ein tatsächlicher Verdienstausfall von 217,15 € entstanden, da sie zwei Termine im Rahmen ihrer Tätigkeit als Diplomsozialarbeiterin abgesagt habe; am Vormittag gehe sie ihrer Betreuertätigkeit nach, die pauschal vergütet werde.
Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG setzte mit Schreiben vom 21.01.2011 die Entschädigung wie folgt fest:
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Fahrtkosten - Öffentliche Verkehrsmittel Bahn lt. Ticket |
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29,00 € |
PKW: 105 km à 0,25 € |
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26,25 € |
Aufwand/Tagegeld bei notwendiger Abwesenheit von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr |
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6,00 € |
Entschädigung für Nachteilsausgleich 8 Stunden à 3,- € |
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24,00 € |
Insgesamt |
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85,25 € |
Eine Entschädigung für Verdienstausfall könne nicht gewährt werden, da die Antragstellerin diesbezüglich nur Ansprüche nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) habe.
Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.01.2011 gewandt. Es sei - so die Antragstellerin - richtig, dass sie zum Gerichtstermin in ihrer Eigenschaft als Betreuerin geladen worden sei. Diesbezüglich stehe ihr vermutlich kein Verdienstausfall zu; sie werde pauschal unabhängig vom Zeitaufwand vergütet. Sie arbeite allerdings noch als selbstständige Diplomsozialarbeiterin für das Familiengericht und das Landratsamt. Wegen des Gerichtstermins habe sie Termine absagen müssen, für die sie unabhängig von der Betreuungstätigkeit einen Verdienstausfall erlitten habe. Dafür könne sie nicht mit 3,- € pro Stunde wie eine Hausfrau entschädigt werden.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte mit Schreiben vom 26.01.2011 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Gegenstand der gerichtlichen Festsetzung ist ein Entschädigungsanspruch der Antragstellerin; einen Entschädigungsanspruch des Klägers im Verfahren mit dem Az. L 17 U 480/08 hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Termins am 21.12.2010 ist auf 61,25 € festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.
Die Entschädigung der Antragstellerin ergibt sich aus dem JVEG.
Eine originäre Anwendung der Regelungen des JVEG auf Betreuer scheitert daran, dass das JVEG eine Entschädigung von Betreuern in dieser Eigenschaft nicht vorsieht. Eine analoge Anwendung des JVEG scheitert daran, dass für Betreuer mit dem VBVG eine abschließende Regelung für die Vergütung zur Verfügung steht (vgl. Oberlandesgericht Dres...