Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Versäumung der Beschwerdefrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. kein Wiedereinsetzungsgrund. Verwechslung. mehrere zugestellte Ordnungsgeldbeschlüsse. Nichterstellung eines Sachverständigengutachtens

 

Leitsatz (amtlich)

Verwechslung mit Verfahren eines anderen Klägers ist kein Wiedereinsetzungsgrund bei versäumter Beschwerdefrist.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 17. April 2008 wird verworfen.

II. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld.

Im Schwerbehindertenrechtsstreit (Az.: S 11 SB 236/06) begehrt der dortige Kläger, einen Grad der Behinderung um wenigstens 50 festzustellen. Er benannte die Beschwerdeführerin als Ärztin seines Vertrauens. Das Sozialgericht Augsburg (SG) holte eine Kostenvoranfrage von der Beschwerdeführerin ein. Diese bezifferte die voraussichtlichen Gutachtenskosten am 28.03.2007 mit 351,05 EUR.

Am 15.05.2007 beauftragte das SG die Beschwerdeführerin, ein Gutachten zur Höhe des Grads der Behinderung des Klägers zu erstatten. Mahnungen vom 22.08.2007 und 01.10.2007 ließ die Beschwerdeführerin unbeantwortet. Im Schreiben vom 29.10.2007 setzte das SG der Beschwerdeführerin eine Nachfrist bis 10.12.2007 unter Androhung von Ordnungsgeld für den Fall, dass bis dahin das Gutachten nicht eingehe. Die Nachfristsetzung wurde der Beschwerdeführerin mit Postzustellungsurkunde vom 05.11.2007 zugestellt. Innerhalb der gesetzten Frist ging das Gutachten nicht ein. In einem Telefongespräch erklärte die Beschwerdeführerin am 14.01.2008, sie sei bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall verletzt worden und bis Ende Oktober 2007 arbeitsunfähig gewesen. Erst ab November 2007 sei sie teilarbeitsfähig; sie werde das Gutachten im Februar erstellen.

Mit Beschluss vom 17.04.2008 verhängte das SG gegen die Beschwerdeführerin Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR. Es führte aus, durch die Fristversäumnis zur Gutachtenserstellung sei eine erhebliche Verzögerung des Rechtsstreits eingetreten. Die vorgebrachten Gründe erklärten nicht, weshalb das Gutachten nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit bis heute noch nicht erstellt worden sei. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin mit Postzustellungsurkunde vom 25.04.2008 und zwar durch Aushändigung des Schriftstücks an sie persönlich zugestellt.

Am 16.05.2008 setzte das SG der Beschwerdeführerin eine weitere Nachfrist bis 13.06.2008 unter Androhung weiteren Ordnungsgeldes für den Fall, dass das Gutachten bis dahin nicht vorliegen sollte. Das Schreiben mit der Nachfristsetzung wurde der Klägerin, wieder durch Übergabe an sie selbst, am 21.05.2008 zugestellt. In einem Schreiben mit dem Datum vom 30.06.2008 (richtig wohl 30.05.2008), das bei Gericht am 02.06.2008 einging, teilte die Beschwerdeführerin mit, sie habe den Kläger für den 15.02.2008 einbestellt gehabt, dieser sei jedoch nicht erschienen. Einen neuen Untersuchungstermin solle das SG dem Kläger für 09.06.2008 mitteilen.

Nachdem der Beschwerdeführerin weiteres Ordnungsgeld mit Beschluss vom 19.08.2008 auferlegt und dieser Beschluss mit Postzustellungsurkunde vom 22.09.2008 zugestellt worden war, erklärte sie am 20.10.2008, sie habe inzwischen die Kostenrechnung über die Ordnungsgelder erhalten und werde diese nicht bezahlen. Sie halte die Forderung für ungerecht.

Das SG legte den Vorgang dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

In einem Fax vom 27.10.2008 erklärte die Beschwerdeführerin, sie habe den Ordnungsgeldbeschluss vom 17.04.2008 erst mit der Kostenrechnung vom 20.10.2008 erhalten. In weiteren Schreiben vom 14.01. und 26.03.2009 beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil sie unverschuldet verhindert gewesen sei, rechtzeitig Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 17.04.2008 einzulegen. Die Folgen ihres Fahrradunfalls hätten zu psychischen Störungen, einer Arbeitsunfähigkeit, für die sie eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 29.05. bis 30.06.2008 vorlegte und einer Teilarbeitsunfähigkeit ab 22.10.2007 geführt. Außerdem sei ihr eine Verwechslung mit einem anderen Verfahren mit dem Az.: S 11 R 556/05 eines anderen Klägers unterlaufen. In diesem Verfahren habe sie das Gutachten am 22.02.2008 erstellt. Sie selbst habe bereits am 09.06.2008 mitgeteilt, dass sie sich gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld wende. Nachdem sie die Verwechslung bemerkt habe, habe sie am 23.09.2008 nochmals Beschwerde eingelegt. Außerdem treffe sie kein Verschulden an der Verzögerung, weil der Kläger mehrere Untersuchungstermine nicht eingehalten habe.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und auf ihre Beschwerde den Ordnungsgeldbeschluss des SG vom 17.04.2008 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist jedoch nicht fristgerecht eingereicht worden innerhalb der in § 173 Satz 1 SG...

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