Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Verdienstausfallentschädigung wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Entschädigung für Verdienstausfall ist nicht zu gewähren, wenn Gleitzeit genommen worden ist.

 

Orientierungssatz

Zitierung: Vergleiche BGH, 26. Januar 2012, VII ZB 60/09

 

Tenor

Die Entschädigung der Antragstellerin für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 25.11.2013 wird auf 18,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin. Insbesondere geht es um die Frage, ob eine Entschädigung für Verdienstausfall zu leisten ist, wenn Gleitzeit genommen worden ist.

In dem am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen

L 5 R 1084/10 geführten Rechtsstreit der Antragstellerin fand am 25.11.2013 eine mündliche Verhandlung statt, an der der Antragsteller nach Anordnung des persönlichen Erscheinens teilnahm. Die auf 11.15 Uhr terminierte mündliche Verhandlung dauerte von 11.28 Uhr bis 12.15 Uhr.

Mit Entschädigungsantrag vom 04.12.2013, bei Gericht eingegangen am 06.12.2013, beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung. Sie gab an, um 10.15 Uhr von zu Hause weggefahren und um 13.00 Uhr wieder daheim gewesen zu sein. Die Fahrtstrecke mit dem PKW habe insgesamt 30 km betragen. Sie beantragte eine Entschädigung für Verdienstausfall für 2,75 Stunden zu je 20,61 €. Auf dem Antrag bestätigte der Arbeitgeber der Antragstellerin, dass diese Gleitzeit/Urlaub genommen habe.

Als Entschädigung wurde der Antragstellerin mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 19.12.2013 ein Betrag von 16,25 € bewilligt. Eine Entschädigung für Verdienstausfall könne - so die Kostenbeamtin - nicht erfolgen, da der Arbeitgeber bestätigt habe, dass Urlaub/Gleitzeit genommen worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.01.2014 gewandt. Sie habe für den Tag der Gerichtsverhandlung 71/2 Überstunden geopfert und dafür solle ihr jetzt kein Verdienstausfall gezahlt werden?! Wie sonst, wenn nicht mit Gleitzeit oder Überstunden, hätte sie das Fernbleiben am Arbeitsplatz regeln sollen?

Der Senat hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.03.2014 ausführlich und unter Anführung der einschlägigen Rechtsprechung erläutert, dass eine Entschädigung für Verdienstausfall bei Gleitzeit nicht in Betracht komme. Eine Reaktion der Antragstellerin darauf ist nicht erfolgt.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte mit Schreiben vom 16.01.2014 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie sich gegen die Höhe der von der Kostenbeamtin gewährten Entschädigung wendet.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 25.11.2013 ist auf 18,- € festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht, insbesondere nicht auf Entschädigung für Verdienstausfall.

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung....

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