Leitsatz (amtlich)
Ob für die Übernahme von Mietschulden ein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung besteht, erfordert eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Ob eine Räumungsklage vorliegt, ist nur ein Kriterium dieser Abwägung.
Eine Übernahme von Mietschulden kann gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Wohnraumkündigung unwirksam machen. Ein Dritter kann aber - abgesehen von Todesfällen, §§ 563, 564 BGB - in einen bestehenden Mietvertrag nur mit Zustimmung des Vermieters eintreten.
Die Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheitsgrenze bei den Kosten der Unterkunft für den Fall, dass kein schlüssiges Konzept vorliegt, ist ab 01.01.2009 auf § 12 Wohngeldgesetz übertragbar. Maßstab ist dann der einschlägige Tabellenwert zu § 12 WoGG plus 10 % Zuschlag. Hinzu kommen die Heizkosten, die von § 12 WoGG nicht erfasst werden.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen Ziffer I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der 1993 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer bewohnte zunächst zusammen mit seiner Mutter eine Dreizimmerwohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 256,- Euro, Betriebskosten von 43,- Euro, Kabelgebühren von 15,- Euro und Heizkosten von 76,- (zusammen 390,- Euro) Euro anfallen. Hinzu kommt ein Stellplatz für 3,- Euro. Mieterin der Wohnung ist die Mutter des Antragstellers. Sie zog im Frühjahr 2012 in eine andere Ortschaft, ohne den Vermieter zu verständigen.
Am 26.06.2012 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Darlehens für die seit März 2012 entstandenen Mietschulden. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 06.07.2012 ab. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Wohnung sei nicht erhaltenswert, weil die Miete nicht angemessen sei. Angemessen sei lediglich eine Miete von 300,- Euro. Der Vermieter habe kein Interesse, mit dem Antragsteller einen Mietvertrag abzuschließen. Dagegen wurde am 17.12.2012 Klage erhoben (Az. S 16 AS 705/12).
Mit Bescheid vom 09.07.2012 wurde dem Antragsteller Arbeitslosengeld II für die Zeit von 30.06.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von monatlich 479,33 Euro bewilligt.
Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 20.09.2012 gegenüber der Mutter des Antragstellers das Mietverhältnis zum 15.10.2012 wegen Mietrückstands in Höhe von 1121,35 Euro.
Am 01.10.2012 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen Übernahme der Mietschulden, notfalls als Darlehen. Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 14.11.2012 ab. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft, weil der Vermieter zwar eine fristlose Kündigung ausgesprochen, aber noch keine Räumungsklage erhoben habe. Hinzu komme, dass die Wohnung für den einen Alleinstehenden zu groß und zu teuer sei. Die Rechtsprechung des BSG zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) sei bezüglich des Zuschlags von 10 % nicht auf § 12 WoGG übertragbar. Außerdem seien die Mietrückstände inzwischen angestiegen und mangels Mietvertrag sei eine Rechtspflicht des Antragstellers zur Zahlung von Unterkunftskosten nicht feststellbar. Der Beschluss wurde am 16.11.2012 zugestellt.
Am 21.11.2012 wurde Räumungsklage gegen den Antragsteller und seine Mutter erhoben.
Der Antragsteller hat am Montag, den 17.12.2012, Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 14.11.2012 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ein Darlehen für die Mietschulden in Höhe von 1.897,35 Euro zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner übermittelte Vermerke zu Telefonaten mit dem Vermieter. Am 07.01.2013 teilte der Vermieter dem Antragsgegner mit, dass er unter keinen Umständen daran interessiert sei, das Mietverhältnis mit dem Antragsteller fortzusetzen, selbst wenn er auf den ganzen Schulden sitzen bleiben müsste.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Akten des Antragsgegners und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Monatsfrist ist gewahrt, weil der Beschluss des Sozialgerichts am 16.11.2012 bekannt gegeben wurde und am Montag, den 17.12.2012 Beschwerde eingelegt worden ist., § 64 Abs. 2 und 3 SGG. Der Beschwerdewert von 750,- Euro nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG wird durch die begehrten Mietschulden deutlich überschritten.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Sozialgericht den Eilantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zu...