Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Sachverständigenentschädigung. Zulässigkeit der Vereinbarung einer von der gesetzlichen Vergütung erheblich abweichenden geringeren Vergütung in einem Vertrag zur Regelung der Sachverständigenentschädigung zwischen Gericht und Sachverständigen. Anwendung eines Vertrag zur Regelung der Sachverständigenentschädigung bei einem Gutachtenauftrag nach Antrag einer Prozesspartei
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Vereinbarung gem. § 14 JVEG.
2. Zu den gesetzgeberischen Motiven der Ermöglichung einer Vereinbarung zur Höhe der Vergütung.
3. Eine mit der Gerichtsbarkeit abgeschlossene Honorarvereinbarung gilt auch für Gutachten gem. § 19 SGG.
Orientierungssatz
1. Im Rahmen einer Vereinbarung eines Landessozialgerichts mit einem Sachverständigen über die Vergütung von künftig anzufertigen Sachverständigengutachten kann auch eine pauschale Vergütung je Gutachten festgesetzt werden, die erheblich unter den für vergleichbare Tätigkeiten üblichen Vergütung liegt (hier: Pauschale von 450 bis 675 Euro je medizinischem Sachverständigengutachten).
2. Durch den Hinweis eines Gerichts an einen gerichtlichen bestellten Sachverständigen über dem aus dem Vorschuss einer Prozesspartei zur Verfügung stehenden Vergütungsrahmen für ein Gutachten folgt nicht, dass in diesem Fall eine vom Gutachter mit dem Gericht geschlossene Vereinbarung über die Vergütung von Sachverständigentätigkeiten außer Kraft gesetzt wird. Vielmehr kann der Sachverständige auch in diesem Fall, ungeachtet des verfügbaren Vorschusses, nur zu den in der Vergütungsvereinbarung vereinbarten Sätzen abrechnen.
Tenor
Die Vergütung des Antragstellers für die Erstellung des Gutachtens vom 20.09.2016 wird auf 589,05 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Festsetzung der Vergütung für ein im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
Der Antragsteller ist als ärztlicher Sachverständiger tätig. Er schloss am 08.11.2015 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch die Präsidentin des Sozialgerichts (SG) Würzburg, diese vertreten durch den Richter am SG L. als weiteren aufsichtsführenden Richter eine ab dem 01.12.2015 wirksame Vereinbarung für auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaats Bayern erstattete schriftliche Gutachten ab. Für ein Gutachten nach Untersuchung sieht die Vereinbarung pauschal eine Vergütung in Höhe von 450,- € vor, bei schwierigem ursächlichem Zusammenhang von 675,- €. Die jeweiligen Pauschalsätze werden - so die Vereinbarung in Ziff. 3. - ohne Rücksicht auf den Umfang des Gutachtens oder der Verrichtungen und den im Einzelfall erforderlichen Zeitaufwand gewährt. Mit ihnen ist die gesamte ärztliche Sachverständigenleistung einschließlich der besonderen Aufwendungen für nichtärztliche Hilfskräfte abgegolten. Zusätzlich zur vorgenannten Pauschale wurde für Schreibgebühren eine Pauschale von 35,- € je Gutachten vereinbart. Gesondert zu ersetzen sind Porto- und Versandauslagen.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 19 R 867/15 geführten Berufungsverfahren in einer rentenversicherungsrechtlichen Streitsache erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 21.07.2016) unter dem Datum vom 20.09.2016 ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Im Rahmen des Gutachtensauftrags war darauf hingewiesen worden, dass für das Gutachten ein Vorschuss in Höhe von 2.800,- € vorliege. Sollten die gesamten Kosten den Vorschuss übersteigen, müsse diese dem Gericht unverzüglich mitgeteilt werden.
Mit Rechnung vom 20.09.2016 machte der Antragsteller für sein 18-seitiges Gutachten eine Vergütung in Höhe von insgesamt 2.348,18 € geltend, wobei er einen Zeitaufwand für 19 Stunden zu je 100,- € (Honorargruppe M 3), Kopierkosten von 9,- € für 18 Seiten, Schreibgebühren über 44,26 € und Porto in Höhe von 20,- €, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, ansetzte.
Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG bewilligte mit Schreiben vom 28.09.2016 lediglich einen Betrag in Höhe von 585,47 €, davon für das Gutachten 450,- €, für Schreibgebühren 35,- € und für Porto 6,99 €, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Kürzung begründete sie mit Hinweis auf die geschlossene Honorarvereinbarung; Kopierkosten - so die Kostenbeamtin - für das Gutachten seien nicht zu erstatten, da das Gutachten nur einfach angefordert worden sei.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 10.10.2016 die Abrechnung beanstandet. Er weist darauf hin, dass der Gutachtensantrag "auf Antrag der Klägerin" erfolgt sei und der Kontakt zur Klägerin über eine Internetseite zu Stande gekommen sei. Das Gericht sei also lediglich der Anforderung der Klägerin gefolgt, ein Gutachten durch ihn erstellen zu lassen. Damit sei die Vereinbarung nicht gültig. Zudem würde die Rechnung von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin übernommen. Im gerichtlichen Schreiben vom 21.07.2016 sei auf Seite 2 dar...