Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines sachverständigen Zeugen. Maßstab für die Beurteilung des Vorliegens eines außergewöhnlich umfangreichen Befundberichts. keine Erstattung von Schreibauslagen
Leitsatz (amtlich)
1. Maßstab bei der Beurteilung, ob ein Befundbericht außergewöhnlich umfangreich ist, ist im Wesentlichen der Umfang der Ausführungen des berichtenden Arztes. Damit wird ein Einklang mit der Rechtsprechung zur Honorierung von Sachverständigen (vgl Senatsbeschluss vom 14.5.2012 - L 15 SF 276/10 B E = Breith 2012, 787) hergestellt.
2. Als außergewöhnlich umfangreich sieht der Senat einen Befundbericht grundsätzlich erst dann an, wenn er den Umfang von sechs vollen Seiten erreicht.
3. Ist der Umfang von sechs vollen Seiten nicht erreicht, ist nur dann von einem außergewöhnlich umfangreichen Befundbericht auszugehen, wenn es ohne weiteres und offenkundig auf der Hand liegt, dass der zeitliche Aufwand für die Erstellung außergewöhnlich groß gewesen ist. An die Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter sind dabei nur vergleichsweise geringe Anforderungen zu stellen.
4. Bei der Ermittlung der Seitenzahl geht der Senat wie auch bei Gutachten (vgl zB Beschluss vom 24.6.2009 - L 15 SF 119/09) von einer Standardseite mit 30 Zeilen je 60 Anschlägen pro Seite (= 1.800 Anschläge pro Seite) aus.
5. Eine Erstattung von Schreibauslagen ist bei der Entschädigung von Befundberichten nicht möglich.
Tenor
Die Entschädigung für die Abgabe des Befundberichts vom 14.02.2011 wird auf 21,90 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Entschädigung für die Abgabe eines Befundberichts nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).
In einem am Bayer. Landessozialgericht (Bayer. LSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit in einer krankenversicherungsrechtlichen Streitigkeit erstellte der Antragsteller, der ärztlicher Direktor einer Klinik für Tumorbiologie ist, am 14.02.2011 auf Anfrage des Gerichts einen Befundbericht. Der Befundbericht umfasst etwas mehr als zwei Seiten, das Schriftbild ist eher klein.
Für den Befundbericht stellte der Antragsteller am 24.03.2012 einen Betrag in Höhe von 77,40 € (Sachverständigen-Zeugenaussage mit gutachterlicher Äußerung: 75,- €; 3 Seiten Schreibgebühr: 1,50 €; Porto: 0,90 €) in Rechnung.
Mit Schreiben vom 06.04.2011 bewilligte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG 26,05 €, die sich wie folgt aufschlüsseln:
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Entschädigung für Auskunft nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs.1 JVEG |
21,00 € |
Schreibgebühren für Original für angefangene 1.000 Anschläge 0,75 EUR = 5.238 Anschläge |
4,50 € |
Porto |
0,55 € |
Insgesamt |
26,05 € |
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 14.04.2011 gewandt. Er beantrage die richterliche Festsetzung, da sich Aufwand und Entschädigung in keiner Weise decken würden. Bei seinem Bericht handle es sich um eine gutachterliche Stellungnahme, zu der er sämtliche von der Patientin mitgebrachten Unterlagen habe einbeziehen müssen.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 14.04.2011 die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Abgabe des Befundberichts vom 14.02.2011 ist auf 21,90 € festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.
Dieser Festsetzung liegen folgende Einzelpositionen zugrunde:
Die Beträge begründen sich im Einzelnen wie folgt:
1. Erstellung des Befundberichts
Der Antragsteller ist als sachverständiger Zeuge im Sinne des § 414 Zivilprozessordnung tätig geworden. Er hat eigene Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen und Zuständen bekundet, für die eine besondere Sachkunde, hier die medizinisch-ärztliche, erforderlich ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26.11.1991, Az.: 9a RV 25/90).
Für den sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelung in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG aufgeführte Leistungen erbringt.
Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Erstellung eines Berichts über einen Befund wie folgt entschädigt:
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Nr. 200 Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung: |
21,00 € |
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Nr. 201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: |
bis zu 44,00 € |
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Nr. 202 Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern: |
38,00 € |
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Nr. 203 Die Leistung der in Nr. 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: |
bis zu 75,00 € |
Der Entschädigung im hier zu entscheidenden Fall ist Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Ab...