Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Sicherungsanordnung. Rechtsschutzbegehren. vorläufige Untersagung von Vollstreckungsmaßnahmen. bestandskräftiger Rückforderungsbescheid. Überprüfungsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

Das Rechtsschutzbegehren der vollständigen Untersagung von Vollstreckungsmaßnahmen aus einem bestandskräftigem Bescheid bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag nach § 44 SGB 10 lässt sich allein im Rahmen einer Sicherungsanordnung iS den § 86b Abs 2 S 1 SGG erreichen. Für eine Regelungsanordnung bleibt kein Raum, da kein streitiges Rechtsverhältnis geregelt werden soll, sondern ausschließlich die Sicherung des status quo angestrebt wird.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 15.06.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch die Antragsgegnerin (Ag) gegen die Antragstellerin (ASt).

Die 1973 geborene Antragstellerin (ASt) bezog von der Ag ab dem 01.01.2005 laufend Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -

Nachdem die Ag von einem Konto der ASt bei der I. erfahren hatte, forderte sie diese mit Schreiben vom 24.10.2006, 16.11.2006 und 15.01.2007 auf, die Jahreskontoauszüge für die Jahre 2004 und 2005 bzw. eine Befreiung des Bankgeheimnisses zu übersenden. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.

Nach einer Anhörung mit Schreiben vom 22.02.2007 nahm die Ag mit Bescheid vom 16.08.2007 die Bewilligung von SGB II Leistungen ab dem 01.01.2005 ganz zurück. Es sei davon auszugehen, dass die ASt über nicht geschütztes Vermögen verfüge und sie daher nicht leistungsberechtigt sei. Für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2006 sei Alg II in Höhe von 15.731,38 € zu Unrecht gezahlt worden, dieser Betrag sei nach § 50 SGB X zu erstatten.

Am 28.04.2009 beantragte die ASt die Überprüfung des bestandskräftigen Rückforderungsbescheides vom 16.08.2007 nach § 44 SGB X. Die ASt habe zwar ursprünglich über ein Tagesgeldkonto bei der I. verfügt. Bereits im Jahre 2004 habe sie aber alle Schritte eingeleitet, um dieses Konto auf Herrn M. K. zu übertragen. Im Bewilligungszeitraum habe die ASt über kein Guthaben auf einem Tagesgeldkonto bei der I. verfügt. Mit dem Antrag nach § 44 SGB X beantragte sie weiter, Vollstreckungsmaßnahmen bis zur Entscheidung über den Überprüfungsantrag zurückzustellen.

Am 12.05.2009 erließ das Hauptzollamt R. - Vollstreckungsstelle - eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung über das Konto der ASt bei der Sparkasse D..

Am 28.05.2009 hat die ASt im Wege einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Würzburg (SG) beantragt, der Ag bis zur Entscheidung über den Überprüfungsantrag vom 28.04.2009 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Bescheid vom 29.08.2007 zu untersagen und die Ag zu verpflichten, bereits in die Wege geleitete Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Zur Begründung sind im Wesentlichen die selben Argumente wie im Überprüfungsverfahren vorgebracht worden. Beigefügt war u.a. eine "eidesstattliche Versicherung" der ASt vom 28.05.2009, sowie eine Drittschuldnererklärung der Sparkasse D. vom 13.05.2009, wonach diese die Pfändung der künftigen Forderungen vorgemerkt habe; die von der Pfändung betroffenen Konten hätten zum Zeitpunkt des Pfändungseingangs lediglich ein Guthaben von 0,53 € ausgewiesen. Mit Schriftsatz vom 04.06.2009 hat die Ag mitgeteilt, dass im Hinblick auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Vollstreckung der Forderung ausgesetzt werde.

Mit Beschluss vom 15.06.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, es fehle am Rechtsschutzinteresse für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Es bestünde eine außerprozessuale Möglichkeit, das Recht der ASt durchzusetzen. Ihr stehe, indem sie Widerspruch gegen die Pfändungsverfügung einlege, ein einfacherer Weg zur Verfügung, Rechtsschutz zu suchen. Bei der Pfändungsverfügung handle es sich nach dem Regelungsgehalt um einen Verwaltungsakt, somit habe ein dagegen eingelegter Widerspruch nach § 86a Abs 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung.

Hiergegen hat die ASt am 29.06.2009 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass jedenfalls vor Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zulässig gewesen sei. Auch nach der Freigabe des Kontos durch die Ag habe es diese in der Hand, wieder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu erlassen. Ein von der ASt gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung eingelegter Widerspruch wäre von der Ag ohne weiteres wieder zurückgewiesen worden, da sich diese auf den bestandskräftigen Bescheid vom 16.08.2007 hätte berufen können. Im Rahmen der einstweiligen Anordnung könnten der Ag sämtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen untersagt werden, damit wäre allein ein...

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