Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen nicht erschienenen Verfahrensbeteiligten
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verhängung von Ordnungsgeld wegen Nichterscheinens des Beigeladenen zum Termin.
2. Zur nachträglichen Vorlage einer Therapiebescheinigung als Entschuldigungsgrund.
3. Bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit, die im üblichen Rahmen von zwei bis drei Wochen liegt, ist es nicht erforderlich, dass für eine Nachsendung der Post oder eine Durchsicht und Benachrichtigung durch Dritte gesorgt wird.
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für die Auferlegung von Ordnungsgeld ist eine ordnungsgemäße Ladung und das unentschuldigte Nichterscheinen des Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war.
2. Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen. Erkrankt ein mit der Anordnung zum persönlichen Erscheinen geladener Beteiligter, so hat er durch ein ärztliches Attest oder Bescheinigung zu belegen, dass ein Erscheinen und die Teilnahme an der Sitzung oder zumindest an dem Untersuchungstermin nicht möglich gewesen ist.
3. Im Einzelfall ist bei nachträglicher Vorlage einer Therapiebescheinigung, die die Teilnahme an einer Entzugsbehandlung in einer geschlossenen Abteilung mit anschließender längerer stationärer Therapie belegt, das Nichterscheinen als entschuldigt anzusehen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird die Festsetzung von Ordnungsgeld gemäß Ziff. II des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 1. August 2012 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat den Beschwerdeführern die ihnen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerden richten sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht München begehrt der dortige Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 15 R 628/12) gegen den Bescheid der dortigen Antragsgegnerin vom 12. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2012. Streitig sind dabei Beiträge zur Sozialversicherung sowie Säumniszuschläge. Mit Beschluss vom 5. Juli 2012 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage vorläufig angeordnet. Ebenfalls mit Beschluss vom 5. Juli 2012 hat es u.a. die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen.
Das Sozialgericht hat einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 20. Juli 2012 bestimmt und das persönliche Erscheinen u.a. der Bf. zu 1. und des Bf. zu 2. angeordnet. Die Ladung wurde der Bf. zu 1. am 7. Juli 2012, dem Bf. zu 2. ebenfalls am 7. Juli 2012 durch Einlegung in den Briefkasten der Wohnung zugestellt. Sie war jeweils mit dem Hinweis versehen, dass gegen die Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann, falls sie ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint.
Zur Sitzung am 20. Juli 2012 sind u.a. weder der Antragsteller, allerdings sein Prozessbevollmächtigter, noch die Bf. erschienen. Die Kammer hat die Sach- und Rechtslage mit den Anwesenden erörtert. Der Vertreter des Antragstellers hat ein Teilanerkenntnis der Antragsgegnerin angenommen.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vom 5. Juni 2012 zurückgewiesen, soweit er nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis erledigt ist. Ferner hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 1. August 2012 gegen den Antragsteller wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin vom 20. Juli 2012 ein Ordnungsgeld in Höhe von 500.- EUR, gegen die Beigeladenen zu 2. und 3. in Höhe von jeweils 100.- EUR festgesetzt.
Die Bf. zu 1. hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und vorgebracht, sie sei vom 9. bis 19. Juli 2012 in stationärer Behandlung gewesen und habe sich auch unmittelbar anschließend in einer Fachklinik zur Therapie aufgehalten. Sie hat eine Bescheinigung der Fachklinik X. vom 24. August 2012 über eine stationäre Therapie vom 19. Juli 2012 bis voraussichtlich 19. Januar 2013 vorgelegt.
Gleichzeitig hat der Bf. zu 2. seine Beschwerde damit begründet; er sei weder zum Zeitpunkt des Erhaltens der Ladung am 7. Juli 2012 noch zum Zeitpunkt der Verhandlung anwesend gewesen. Er habe sich während der Sitzung bis 25. Juli 2012 urlaubsbedingt im Ausland befunden. Hierzu hat er Belege vorgelegt.
II.
Die Beschwerden beider Beschwerdeführer sind zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Dabei wenden sich nur diese als Beigeladene gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld gegen sie, so dass allein Ziff. II des Beschlusses Gegenstand der Beschwerde ist.
Voraussetzung für die Auferlegung von Ordnungsgeld ist eine ordnungsgemäße Ladung und das unentschuldigte Nichterscheinen des Beteiligten, dessen per...