rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 23.03.2004; Aktenzeichen S 2 SB 1011/01) |
Tenor
I. Die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.03.2004 - Az: S 2 SB 1011/01 - wird abgelehnt.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe
I.
Das Sozialgericht Würzburg hat den Beklagten nach Einholung eines Gutachtens des Orthopäden Dr.S. vom 29.08.2003 mit Urteil vom 23.03.2004 verpflichtet, beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 festzustellen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und die Aufhebung des Urteils sowie die Abweisung der Klage beantragt. Er hat ferner beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil gemäß § 199 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, den Ausführungen des Sozialgerichts könne hinsichtlich der Beurteilung der Gesundheitsstörungen und der Bildung des Gesamt-GdB nicht gefolgt werden. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bringe umfangreiche Nachteilsausgleiche mit sich. Das Interesse des Beklagten, dass nicht vor endgültiger Klarstellung der Sach- und Rechtslage Leistungen erbracht werden müssten, überwiege daher das Interesse des Klägers an der Vollziehung des Urteils. Der Beklagte vertrete das öffentliche Interesse, u.a. das Interesse der Allgemeinheit an der gesetzmäßigen Verwendung der Steuergelder. Mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigeinschaft seien erhebliche Folgekosten für die öffentlichen Haushalte verbunden.
Der Kläger hat beantragt, den Antrag auf Aussetzung der Voll- streckung zurückzuweisen. Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
II.
Der Antrag des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Aussetzung der Voll- streckung aus dem angefochtenen Urteil.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung ist zulässig. Das Urteil hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Bezüglich der festzustellenden Behinderungen, des Grades der Behinderung (GdB) sowie der weiteren gesundheitlichen Merkmale ist die angemessene Klageform die Anfechtungs- und Leistungsklage, nicht dagegen die Feststellungsklage. Zwar wird im Verwaltungsverfahrensrecht bzw. im materiellen Recht häufig von "Feststellungen" gesprochen. Es stehen prozessual aber keine gerichtlichen "Feststellungen" im Sinne des § 55 SGG gegenüber. Dies gilt auch für "Feststellungen" im Schwerbehindertenrecht (Behn ZfSG/SGb 91, 456 Rdnr 80). Verweigert die Behörde die "Feststellung" einer bestimmten Behinderung, so ist diese gerichtlich zur Feststellung zu verurteilen, das Gericht stellt aber nicht selbst fest. Deshalb ergeht regelmäßig noch ein Ausführungsbescheid der Behörde (Behn aaO). Ein Urteil ist hinsichtlich der festgestellten Behinderungen, des GdB und der Nachteilsausgleiche auszuführen (Zeihe in SGb 94, 507). Es handelt sich daher in diesen Fällen nicht nur um eine Feststellung, die nicht der Vollstreckung fähig wäre (vgl. BSG SozR 1500 § 78 Nr 7 zum früheren § 78 Abs 2 SGG).
Es ist auch keine aufschiebende Wirkung der Berufung durch Gesetz gegeben. § 154 Abs 1 SGG ist hier nicht anwendbar, da er nur Anfechtungsklagen betrifft. § 154 Abs 2 SGG ist schon deshalb nicht einschlägig, weil der Beklagte kein Versicherungsträger ist und auch keine Berufung oder Beschwerde "in der Kriegsopferversorgung" vorliegt.
Der Antrag auf Aussetzung ist nicht begründet. Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (§ 199 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Anordnung stellt einen besonderen Fall der einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs 2 SGG dar (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7.Auflage, § 199 Rdnr 7 b). Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts (Meyer-Ladewig aaO Rdnr 8 und § 86 b Rdnr 16). Es findet nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage statt und das Gericht entscheidet aufgrund präsenter Beweismittel (aaO Rdnr 16). Es ist eine Interessenabwägung erforderlich. Zu berücksichtigen ist einerseits das Interesse des Klägers an einer Vollziehung, andererseits das Interesse des Beklagten daran, dass nicht vor endgültiger Klärung der Rechtslage geleistet wird. Auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs - hier der Berufung - sind zu berücksichtigen (aaO § 199 Rdnr 8). Eine derartige Abwägung hat auch im Falle der Berufung stattzufinden, so dass die Aussetzung der Vollstreckung nicht nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Die Regelung des § 154 Abs 2 SGG, wonach die aufschiebende Wirkung von Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde für bestimmte Fälle (zwingend) angeordnet ist, zwingt nicht zu der Schlussfolgerung, dass sonst im Einzelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur ausnahmsweise in Betracht kommt, nämlich wenn das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat. Ein Regel-/Ausnahmeverhältnis kann dem ...